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Politik

Merkel: Gespräche könnten ausgesetzt werden

5. September 2017

Die EU wird im Oktober nach Worten von Bundeskanzlerin Merkel darüber beraten, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beenden oder auszusetzen. Wegen des Themas schäumen die türkischen Medien.

Angela Merkels Hand während ihrer Rede im Bundestag
Angela Merkels Hand während ihrer Rede im BundestagBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Gespräche über ein Ende der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei angekündigt. Die EU-Mitglieder würden beim nächsten regulären Gipfel im Oktober darüber beraten - "eingeschlossen auch die Frage, dass wir die Verhandlungen suspendieren oder beenden", sagte Merkel im Bundestag. Die CDU-Vorsitzende will damit eine Ankündigung umsetzen, die sie am Sonntag im TV-Duell mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gemacht hatte. 

Eine solche Frage müsste die EU im Konsens entscheiden. Merkel betonte, es handele sich um einen "Vorgang, der natürlich entschieden, aber auch wohl bedacht durchgeführt werden sollte". Die Beziehungen zur Türkei hätten strategische Bedeutung. Merkel warnte die EU davor, sich über die Frage eines Abbruchs der Beitrittsverhandlungen vor den Augen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu zerstreiten: "Das würde Europas Position dramatisch schwächen."

Angela Merkel (stehend) mahnte während ihrer Rede auch zur UmsichtBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn verwies im Deutschlandfunk darauf, dass für die Aussetzung der Gespräche nur eine Zweidrittelmehrheit in der EU gebraucht werde. Für einen Abbruch sei Einstimmigkeit der 28 EU-Staaten erforderlich.

Merkel wiederholte, dass CDU und CSU einen türkischen EU-Beitritt immer abgelehnt hätten. Sie habe nach ihrem Amtsantritt 2005 aber an der Entscheidung der EU und ihres Vorgängers Gerhard Schröder (SPD) festgehalten, die die Verhandlungen eröffnet hätten. 

Die Kanzlerin warnte, mit einem unbesonnenen Vorgehen jetzt auch die Türken vor den Kopf zu stoßen, die in der Türkei nicht mit dem Kurs von Erdogan einverstanden seien. Dasselbe gelte für die türkischstämmigen Deutschen und türkischen Bürger, die in Deutschland lebten: "Denn sie sind Teil unseres Landes."

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in AnkaraBild: Reuters/U. Bektas

Merkel kritisierte erneut die Verhaftung mehrerer Deutscher unter dem Vorwurf des Terrorverdachts, darunter der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel, der seit mehr als 200 Tagen in Haft sitzt. 

Die Kanzlerin hatte sich im TV-Duell mit ihrem SPD-Herausforderer Martin Schulz am Sonntagabend klar gegen einen EU-Beitritt der Türkei ausgesprochen und angekündigt, sie werde mit ihren EU-Kollegen über einen möglichen Abbruch der Beitrittsgespräche sprechen. Zuvor hatte Schulz in der Sendung überraschend den Abbruch der Verhandlungen gefordert und damit eine langjährige SPD-Position verändert. 

Die regierungsnahe türkische Zeitung "Aksam" erhob deshalb nun Nazivorwürfe gegen Deutschland. Das Blatt erschien am Dienstag mit Hakenkreuz auf der Titelseite und der Schlagzeile: "Hitlers Überbleibsel". Auf ein Foto Merkels war oberhalb ihrer Oberlippe in kleinen schwarzen Buchstaben ihr Name gedruckt, was den Anschein eines Hitler-Bartes erweckte. Darunter fand sich ein kleineres Bild, das Schulz und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte. 

Die regierungsnahe Zeitung "Daily Sabah", die auf Englisch erscheint und sich an Ausländer in der Türkei richtet, kommentierte: "Die Samen des Hasses, die Frau Merkel und Herr Schulz heute pflanzen, werden Deutschland in naher Zukunft in eine weitere gesellschaftliche und politische Krise hineinziehen." Das Blatt beschrieb Deutschland als "den Geburtsort der gegenwärtigen Welle des Populismus in der Welt, die Hochburg der Neonazis und einen Weltführer bei Hassverbrechen". 

Nazivorwürfe Ankaras an die Adresse Deutschlands hatten im Frühjahr für eine Krise mit der Türkei gesorgt. Nach der jüngsten Kritik von Merkel und Schulz an der Türkei verglichen türkische Regierungsvertreter Deutschland nicht direkt mit dem Dritten Reich. Außenminister Mevlüt Cavusoglu bemängelte aber, Europa kehre "zu den Werten von vor dem Zweiten Weltkrieg zurück". Cavusoglu zählte dazu unter anderem "Faschismus".

Stu/pg (afp, dpa)

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