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Politik

Merkel: EU soll Mittelmeer-Flüchtlinge retten

16. August 2019

Angela Merkel signalisiert ihre moralische Unterstützung für Seenotretter, doch die EU ringt weiter mit sich selbst. Ohne Einigung bei der Migration bleibt die Rettung Ertrinkender weiter privaten Schiffen überlassen.

Operation "Sophia"
Die Fregatte "Augsburg" läuft zur "Mission Sophia" aus. Seenotrettung auf dem MittelmeerBild: picture-alliance/dpa/M. Assanimoghaddam

"Sicherlich wäre es gut, wir hätten auch heute wieder eine 'Mission Sophia' und staatliche Schiffe, die retten würden", soll Angela Merkel laut der Agentur Reuters bereits am Donnerstagabend gesagt haben. Am Morgen danach wollte ihr Regierungssprecher den Bericht der Nachrichtenagentur Reuters weder dementieren noch bestätigen. Steffen Seibert verwies darauf, der Empfang am Rande der Verabschiedung der früheren Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sei nicht presseöffentlich gewesen. Äußerungen auf solchen Veranstaltungen würde er nicht bestätigen.

Das Argument "Menschlichkeit"

Dass das Sterben im Mittelmeer und Europas Anteil daran die Bundeskanzlerin weiterhin beschäftigt, wurde allerdings schon bei ihrem ersten Auftritt nach dem Urlaub vor einigen Tagen sehr deutlich. Ganz öffentlich sagte Merkel bei einem Bürgerdialog in ihrem Heimatwahlkreis Stralsund: "Seenotrettung ist ein Gebot der Menschlichkeit." Wer jetzt allerdings einen neuen Vorstoß aus dem Kanzleramt erwartet, um die "Rettungsmission Sophia" wiederzubeleben, dürfte enttäuscht werden. Zwar hatte Außenminister Heiko Maas im Juli zugesichert, dass Deutschland eine Vorreiterrolle übernehmen und immer ein festes Kontingent an Geretteten übernehmen würde. Doch auch er scheitert bislang mit seinem Versuch so etwas wie eine gemeinsame europäische Stoßrichtung in der Frage der Migrationspolitik zu erzielen.

2019 sind laut Internationaler Organisation für Migration (IOM) bereits über 800 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunkenBild: Getty Images/AFP/A. Paduano

Zu Menschlichkeit hatte Merkel die Deutschen schon 2015 aufgerufen, als plötzlich hunderttausende Flüchtlinge ins Land kamen. Damals war sie für Ihren Alleingang heftig kritisiert worden. Den Imperativ der Menschlichkeit hatten wenige ihrer EU-Kollegen als übergeordnetes Argument geteilt. Doch trotz der anhaltenden Ablehnung vor allem Polens und Ungarns gegenüber einem gesamteuropäischen Ansatz zu Migration, hält Merkel weiter daran fest; sieht auch keinen Widerspruch darin, dass ihre Regierung gleichzeitig Deutschlands Asylgesetze verschärft hat.

Dublin-Abkommen reformieren

Merkel begrüßte vor einem Monat die Ankündigung der frisch gewählten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, das europäische Flüchtlings-Aufnahmesystem reformieren zu wollen. Die Kanzlerin äußerte ihre Zustimmung mit dem Hinweis: "Die Seenotrettung ist für uns nicht nur Verpflichtung, sondern sie ist ein Gebot der Humanität." Es könne nicht sein, dass bei jedem Schiff mit Flüchtlingen erneut über eine Einzellösung verhandelt werde.

Angela Merkel verabschiedet die bisherige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Doch genau das ist derzeit in die gelebte Realität im Mittelmeer. Gerade harrt das Rettungsschiff "Open Arms" mit mehr als 130 Flüchtlingen an Bord vor der italienischen Insel Lampedusa aus. Neben Deutschland haben bisher Frankreich, Rumänien, Portugal, Spanien und Luxemburg - fünf von 28 EU-Staaten - zugesagt, einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen. Es bleibt ein kleiner Club von EU-Ländern, die sich bei den mittlerweile zur Routine gewordenen ad-hoc Aufrufen melden.

Die Frage der europäischen Solidarität

Das Argument der Menschlichkeit beschafft auch im Europa von 2019 keine Mehrheiten für einen gesamteuropäischen Ansatz zu Flucht und Migration. Das Argument, dass Menschen weiter im Mittelmeer sterben, hat auch nicht das Ende der staatlichen Seenotrettung im Rahmen der "Mission Sophia" im März verhindern können. Seit 2015 hatten europäische Schiffe zehntausende Menschen vor dem Ertrinken gerettet. Es war Italiens Innenminister Matteo Salvini, der zunächst erklärte, die "Mission Sophia" richte sich "gegen die nationalen Interessen Italiens" und dann die politische Reißleine zog. Rom wehrt sich seitdem weiter vehement dagegen, der erste Anlaufpunkt für Schiffe mit Geflüchteten zu sein.

Über 130 gerettete Migranten auf der "Open Arms" warten seit zwei Wochen darauf, an Land gehen zu dürfenBild: picture-alliance/AP Photo/F. Gentico

Der deutsche Regierungssprecher Seibert betonte am Freitag, die Frage von Seenotrettung sei am Ende auch eine Frage der europäischen Solidarität. Die Bundesregierung spreche weiter mit ihren europäischen Partnern. Dass man immer wieder versucht, seine Argumente vorzubringen, immer wieder redet, das sei halt "der europäische Weg."

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