1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Merkel für sichere Herkunftsstaaten im Maghreb

16. September 2017

Die Bundeskanzlerin bekräftigte: Bei ihrer Wiederwahl wolle sie versuchen, Marokko, Tunesien und Algerien als sichere Herkunftsländer einstufen zu lassen. Bei möglichen Koalitionspartnern dürfte das weniger gut ankommen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel
Bild: picture-alliance/dpa/S. Sauer

Die Union will Marokko, Tunesien und Algerien zu sicheren Herkunftsstaaten machen - das steht bereits in ihrem Wahlprogramm für die anstehende Bundestagswahl. Bei einem Interview mit der "Passauer Neuen Presse" unterstrich Bundeskanzlerin Angela Merkel diese Position. Rückführungen in den Maghreb könnten dadurch "sehr erleichtert" werden, sagte sie.

Mit anderen Ländern seien bereits viele Verbesserungen erreicht worden. "Auch die Gespräche mit nordafrikanischen Staaten sind entscheidend vorangekommen, ein gutes Beispiel dafür ist Tunesien." Merkel räumte aber ein, es gebe noch viel zu tun. 

Schwarz-Grün wird schwierig

Bereits im vergangenen Jahr hatte die schwarz-rote Regierungskoalition versucht, die Maghreb-Staaten als "sicher" einstufen zu lassen. Eine entsprechende Gesetzesvorlage scheiterte jedoch an der Zustimmung der Bundesländer - insbesondere derer, die von den Grünen mitregiert werden. So fordern die Grünen nun auch in ihrem Wahlprogramm, keine weiteren Länder als sicher einstufen zu lassen. Mit Blick auf mögliche Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl am 24. September könnte das bedeuten: Jamaika wird schwierig. Das Bündnis aus Union, FDP und Grünen wird als mögliche Alternative zu einer großen Koalition gehandelt. 

Als "sicher" gelten Herkunftsstaaten dann, wenn die allgemeine politische Lage stabil genug ist, sodass die dort lebenden Menschen keine staatlichen Verfolgungen zu befürchten haben. Während der vergangenen Legislaturperiode entschied der Bundestag etwa, die sechs Balkanstaaten als "sicher" einzustufen. Darüber hinaus gehören auch Ghana und der Senegal zu der Liste der sicheren Herkunftsstaaten.

Auch Nordafrikaner machen sich auf den Weg nach Europa. In ihren Heimatländern sehen sie oft keine ZukunftsperspektivenBild: picture-alliance/dpa

Umstrittenes Konzept

Mit der zusätzlichen Einstufung von Marokko, Tunesien und Algerien könnten Asylanträgen von Menschen aus diesen Staaten schneller bearbeitet werden - und im Zweifel als unbegründet abgelehnt werden. Das Konzept ist umstritten. Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl kritisieren etwa, die Regelung werde vor allem dazu genutzt, Flüchtlingszahlen aus gewissen Ländern zu begrenzen. 

Das Thema Asylpolitik griff Merkel auch in einem Interview mit der Funke Mediengruppe auf. Da sprach sich die Kanzlerin für gemeinsame europäische Standards bei Asylverfahren und den Leistungen für Asylbewerber aus. "Wir brauchen mehr einheitliche Regelungen in Europa, um überall effiziente Verfahren zu haben, aber auch bei den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber einschließlich ihrer Leistungsansprüche", erklärte die Kanzlerin. Wie eine solche Vereinheitlichung konkret aussehen könnte, müsse juristisch sorgfältig geprüft werden.

Wahlkampfthema Türkei

Zur Türkei-Politik äußerte sich Merkel in der "Passauer Neuen Presse". Sie wolle den wirtschaftlichen Druck auf die Türkei erhöhen, um eine Freilassung der dort inhaftierten Deutschen zu erreichen. "Wir werden unsere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Türkei weiter zurückfahren müssen und Projekte auf den Prüfstand stellen", sagte die Kanzlerin. Es sei empörend, dass eine Reihe
von deutschen Staatsbürgern in der Türkei in Haft sitze. "Wir betreuen die Inhaftierten konsularisch so gut wir können, auch das wird von der Türkei aber leider in einigen Fällen sehr erschwert."

Außenminister Sigmar Gabriel bekräftigt, er sehe derzeit keine Grundlage für weitere EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Gabriel sagte im Südwestrundfunk: "Wir können nicht mit einem Land Beitrittsverhandlungen führen, das Menschenrechte missachtet, das Pressefreiheit missachtet, das Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union ohne sichtbaren Anlass ins Gefängnis steckt." Man müsse über neue Formen der Zusammenarbeit sprechen - aber erst, wenn die Türkei sich ändere.

nin/ml (dpa, kna, afp)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen