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Merkel forciert Aufbau im Irak

30. April 2019

Die Visite von Iraks Premier Mahdi in Berlin hat große politische Bedeutung. Im wirtschaftlichen Fokus steht aber ein erhoffter Milliardenauftrag für Siemens. Hier hat sich die Kanzlerin mächtig ins Zeug gelegt.

Deutschland Irakischer Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi in Berlin
Siemens-Chef Kaeser (r.) mit Iraks Energieminister Al-Khateeb, dahinter die Kanzlerin und Iraks Premier Mahdi (2. v. l)Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Um an diesem Megaauftrag, der ein Volumen von fast 12,5 Milliarden Euro haben soll, beteiligt zu sein, musste Siemens mit Unterstützung der deutschen Politik die USA und mit ihr den angeschlagenen Großkonzern General Electric, GE, aus dem Feld schlagen. Wie groß das Volumen des Auftrags für den Münchener DAX-Konzern wirklich ist, bleibt abzuwarten.

Zwar unterzeichneten Siemens Vorstandschef Joe Kaeser und der irakische Elektrizitätsminister Luay al-Khatteeb in Berlin eine "Umsetzungsvereinbarung" zu einer "Roadmap" für eine umfassende Wiederherstellung des Energiesektors. Auch die Aussagen von Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi, wirken nicht so, als wäre Siemens der alleinige Profiteur der der Ausschreibung: "Siemens, das im Irak bekannt ist und bereits große Projekte unternommen hat, hat große Chancen und kann auch einen großen Teil dieser Projekte erhalten", sagte er.

Siemens-Turbinen für den Irak?Bild: picture-alliance/Ulrich Baumgarten

Die jetzige Vereinbarung mit Siemens umfasst den Bau eines Gaskraftwerks mit einer Leistung von 500 Megawatt in Zubaidiya. Außerdem wurden Aufträge für die Modernisierung von 40 Gasturbinen mit Kühlsystemen sowie die Installation von dreizehn 132-Kilovolt-Umspannstationen und 34 Transformatoren erteilt. Bis Sommer des nächsten Jahres sollten die Baumaßnahmen sichtbar sein, heißt es. Mahdi sagte, die "Roadmap" bestehe aus insgesamt vier Etappen mit einem Umfang von insgesamt rund 12,5 Milliarden Euro. 

Sicher ist also dabei nichts. Ob Siemens damit den US-Rivalen GE ganz aus dem geplanten Milliardenprojekt verdrängt hat, ist unklar. Die US-Regierung hatte sich im Herbst vergangenen Jahres im Irak intensiv für den Zuschlag für GE stark gemacht. In Medienberichten war von erhöhtem Druck auf die irakische Regierung zu lesen. Adressat auf irakischer Seite war der damalige Ministerpräsident Haider al-Abadi. Eines ist auf jeden Fall klar: Für beide Konzerne wäre der Geldsegen für die Kraftwerkssparte wichtig. Zahlreiche Arbeitsplätze hängen in der personalintensiven Branche an solchen Aufträgen.

Energieversorgung am Boden

Die schlechte Stromversorgung hat im Irak schon häufiger für politische Spannungen gesorgt. In der südlichen Provinz Basra hatten Bürger im vergangenen Jahr bei Protesten gegen die mangelhafte Versorgung mit Elektrizität und sauberem Trinkwasser staatliche Gebäude in Brand gesetzt. Mit dem Bau von neuen Kraftwerken mit einer Erzeugungskapazität von elf Gigawatt ließen sich binnen vier Jahren 23 Millionen Iraker zuverlässig mit Strom versorgen.

Zerstörtes Gaswerk in BagdadBild: Getty Images/AFP/A. Al-Rubaye

Der Irak rückt für Industriestaaten immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses. Das lässt sich auch an den Zahlen messen. So schreibt die Zeitung "Die Welt", der Internationale Währungsfonds (IWF) sage für das laufende Jahr ein Wirtschaftswachstum von 6,5 Prozent für den Irak voraus. Der Bedarf an Gütern und Know-how ist riesig: Große Landesteile haben keine zuverlässige Strom- und Wasserversorgung. Zahllose Gebäude und Straßen, vor allem im Norden, liegen in Trümmern. Ein großes Feld für Konzerne, das bestellt werden will.

Milliardenunterstützung aus Berlin

Aber neben wirtschaftlichen Fragen geht es auch um die politische Neuausrichtung des Irak. Deutschland gehört seit Jahren zu den Staaten, die mit Krediten und Hilfsprojekten versuchen, die Lage im Irak zu stabilisieren. Die Bundesregierung hat bislang etwa 1,7 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. 

Daher ist Bundeskanzlerin Angela Merkel vorsichtig, was die Sicherheit des Golfstaates angeht. Merkel hält die Gefahr durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) nicht für gebannt. Der IS sei zwar großflächig besiegt, aber nicht vollständig verschwunden, sagte sie. Das Video des IS-Anführers Abu Bakr al-Bagdadi, das am Montag veröffentlicht wurde, zeige, dass diese Einschätzung richtig sei. "Wir werden uns noch eine ganze Zeit lang mit der Frage beschäftigen müssen, wie der IS abschließend besiegt werden kann", sagte die Kanzlerin.

IS immer noch aktiv

Auch Mahdi erklärte, der IS habe zwar "schmerzhafte Schläge" erhalten, sei aber nicht komplett verschwunden. Die Dschihadistenmiliz sei eine große, "breit gefächerte" Organisation und werde versuchen, weitere Anschläge wie jene in Sri Lanka zu begehen. Deshalb müsse weiter "geeint" daran gearbeitet werden, "die Reste" des IS zu besiegen. Das jüngste Video des IS-Chefs Abu Bakr al-Bagdadi belegt nach Ansicht von Mahdi die Tatsache, dass Al-Bagdadi jetzt "isoliert" an einem unwirtlichen Ort lebe, und zeige, dass der IS "gebrochen" sei.

Ziel der deutschen Hilfe ist es auch, Perspektiven für eine Rückkehr der Flüchtlinge zu schaffen. Sie hatten das Land vor allem nach dem Eroberungsfeldzug der inzwischen besiegten IS-Miliz 2014 verlassen. Merkel sprach mit Mahdi auch über die Kinder deutscher IS-Kämpfer im Irak. Sie sagte, über das Schicksal dieser Kinder müsse "von Einzelfall zu Einzelfall" gesprochen werden.

cgn/jj (dpa, epd, rtr, Die Welt)

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