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Politik

Merkel fordert Freilassung von Deniz Yücel

1. März 2017

Die Kanzlerin hat sich nun persönlich in den Fall des inhaftierten deutsch-türkischen Reporters eingeschaltet und Pressefreiheit angemahnt. Yücel wurde derweil in ein Massengefängnis außerhalb von Istanbul verlegt.

CDU-Aschermittwoch - Merkel (picture alliance / Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/dpa)
Merkel in Demmin: "Unabhängiger Journalismus muss existieren können" Bild: picture-alliance/dpa/dpa-Zentralbild/S. Sauer

Der in der Türkei inhaftierte "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel ist in das Gefängnis in Silivri westlich von Istanbul verlegt worden. "Dort dürfte er seine weitere Untersuchungshaft verbringen", berichtete die "Welt". Nach 13 Tagen in Polizeigewahrsam in Istanbul war am Montagabend Untersuchungshaft gegen den deutsch-türkischen Journalisten verhängt worden. Zunächst war er ins Istanbuler Gefängnis Metris gebracht worden. Am Mittwoch wurde er in die rund 80 Kilometer entfernte Haftanstalt Silivri gebracht. Kurz vorher hatte er seinem Anwalt eine handschriftliche Nachricht an die "Welt" mitgegeben, in der er sich nach Angaben der Zeitung für die Unterstützung in Deutschland bedankt. "Glaubt mir: Es tut gut, verdammt gut." 

Der regierungskritische Journalist Can Dündar beschreibt den Gefängniskomplex von Silivri als ein Internierungslager, um Erdogan-Gegner zusammenzufassen. Dündar, der inzwischen in Deutschland lebt, saß vergangenes Jahr unter anderem wegen Terrorvorwürfen rund drei Monate in Silivri in Untersuchungshaft. Zwischen 10.000 und 13.000 Insassen sitzen in der Haftanstalt. Es gibt sowohl Mehrpersonen- als auch Einzelzellen.

In dem Gefängniskomplex Silivri sind zahlreiche Regierungskritiker inhaftiertBild: Getty Images/AFP/Y. A. Akgul

Der Bau wurde unter der islamisch-konservativen AKP-Regierung begonnen und 2008 eröffnet. Regierungsnahe Medien preisen das Gefängnis als "modern". Tatsächlich sitzen viele Regierungskritiker in Silivri ein: So sind auch zehn Mitarbeiter der Zeitung "Cumhuriyet", die Ende vergangenen Jahres verhaftet wurden, in Silivri. Außerdem der bekannte Investigativjournalist Ahmet Sik, der ehemalige Chefredakteur der inzwischen geschlossenen Zeitung "Taraf" Ahmet Altan, dessen Bruder - der Wirtschaftsprofessor Mehmet Altan - sowie die Abgeordnete der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Meral Danis Bestas.

Merkel mahnt Türkei: Journalisten müssen Arbeit machen können

Derweil forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Freilassung Yücels und mahnte die Achtung der Pressefreiheit an: "Unabhängiger Journalismus muss existieren können, Journalisten müssen ihre Arbeit machen können", sagte Merkel beim Politischen Aschermittwoch der CDU Mecklenburg-Vorpommern in Demmin. "Die Tatsache, dass es freie, unabhängige Medien in unserer Demokratie gibt, ist ein Teil dieser Demokratie und darf niemals infrage gestellt werden, auch wenn es unbequem ist." Die Bundesregierung werde alles in ihrer Macht stehende tun, um auf eine Freilassung Yücels hinzuwirken. Dieser habe nichts anderes getan, als seiner journalistischen Arbeit nachzugehen.

Hatte sich aus freien Stücken den Behörden gestellt: Deniz YücelBild: picture-alliance/Eventpress

Regierungssprecher Steffen Seibert hatte zuvor in Berlin darauf hingewiesen, dass Yücel sich aus freien Stücken den Behörden gestellt habe. Deshalb sei es unverhältnismäßig, ihn in U-Haft zu nehmen. Die Bundesregierung erwarte eine faire und rechtsstaatliche Behandlung und dringe darauf, dass deutsche Konsularbeamte die Möglichkeit bekommen, den Journalisten umfassend zu betreuen, erläuterte Seibert.

Sechs Deutsche in türkischer Haft

Dies gelte auch für andere in der Türkei inhaftierte deutsche Staatsbürger, die "unter Vorwürfen, die oft unklar sind, in der Türkei in Haft gehalten werden". Dabei handele es sich um sechs Menschen, von denen vier auch über einen türkischen Pass verfügten, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer. Ihnen allen würden Straftaten vorgeworfen, die in irgendeinem Zusammenhang mit dem Putschversuch vom vergangenen Juli und dem anschließenden Vorgehen der türkischen Behörden stünden. Zudem habe die Türkei gegen "ungefähr ein gutes Dutzend" Deutsche Ausreisesperren verhängt.

Schwere belastete Beziehungen

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, der Fall Yücel belaste das Verhältnis zur Türkei, das schon vorher durch Einschränkungen demokratischer Freiheiten beeinträchtigt gewesen sei. "Wir wollen diese Belastung nicht. Sie schadet beiden Seiten." Eine Aufkündigung des Flüchtlingsabkommen mit der Türkei würde aber niemandem nützen.

Auch der scheidende Bundespräsident Joachim Gauck hat sich in den Fall nunmehr eingeschaltet. Bei einem Treffen mit Korrespondenten ausländischer Medien in Berlin sagte er: "Was derzeit in der Türkei passiert, weckt erhebliche Zweifel, ob die Türkei ein Rechtsstaat bleiben will. Das sollte sie aber tun, wenn sie eine lebendige Demokratie sein will." Die Inhaftierung Yücels kritisierte Gauck als "Attacke auf die Pressefreiheit".

Bekir Bozdag:Türkischer Justizminister will Wahlkampf in Deutschland machenBild: picture-alliance/dpa/E.Sansar

Trotz der Spannungen will der türkische Justizminister Bekir Bozdag bei einem Wahlkampftermin für Präsident Recep Tayyip Erdogan in Deutschland auftreten. Der Abgeordnete Mustafa Yeneroglu von der Regierungspartei AKP sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Veranstaltung mit Bozdag sei für Donnerstagabend im baden-württembergischen Gaggenau geplant. Das türkische Generalkonsulat in Karlsruhe bestätigte die Auftrittspläne.

Nach Angaben der AKP handelt es sich um einen Wahlkampfauftritt, bei dem der Minister um Zustimmung für ein Präsidialsystem beim bevorstehenden Referendum werben will. In Deutschland gibt es Kritik an Wahlkampfauftritten türkischer Regierungsmitglieder, die für das von Staatschef Erdogan angestrebte Präsidialsystem werben. Das Referendum in der Türkei ist für den 16. April geplant. Rund 1,4 Millionen Türken in Deutschland sind wahlberechtigt.

Bundesjustizminister Heiko Maas mahnte hinsichtlich des Auftritts Bozdags an: "Türkische Politiker, die in Deutschland auftreten, sollten wissen, welch hohes Gut für uns die Presse- und Meinungsfreiheit ist. Und: Wer bei uns die Meinungsfreiheit für sich reklamiert, sollte auch selbst Rechtsstaat und Pressefreiheit gewährleisten."

cgn/uh (afp, dpa, epd)

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