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Politik

Merkel: "Ich bin noch am Nachdenken"

28. März 2021

Kanzlerin Merkel und ihre Regierung stecken im Umfragetief. Der Kampf gegen die Corona-Pandemie und vor allem die letzten Beschlüsse haben Spuren hinterlassen. In einem langen TV-Interview erläutert sie ihre Strategie.

Bundeskanzlerin Angela Merkel
Bundeskanzlerin Merkel im Interview: "Den Stein des Weisen gibt es nicht"Bild: Wolfgang Borrs/NDR/dpa/picture alliance

Die Neuinfektionszahlen steigen kräftig. Die geplanten Maßnahmen und deren teilweise Rücknahmen von Bund und Ländern sorgen für heftige Debatten. Die Bundeskanzlerin bittet im Bundestag die Bürger um Verzeihung. Es war eine turbulente Woche für Angela Merkel. Und nun - im einstündigen Fernseh-Interview - versucht sie das Vertrauen in ihre Politik in der Corona-Pandemie wieder zurück zu gewinnen. Und nimmt dabei die Ministerpräsidenten der Bundesländer in die Pflicht.

Leviten lesen für die Bundesländer

Denn die Kanzlerin ist unzufrieden mit dem Vorgehen einiger Länder. Sie fordert, einen harten Corona-Kurs einzuschlagen, um die rasch steigenden Zahlen an Neuinfektionen zu stoppen. "Wir müssen mit großer Ernsthaftigkeit geeignete Maßnahmen einsetzen", sagte Merkel in der ARD-Sendung "Anne Will". "Einige Länder tun dies, andere nicht", fügte sie hinzu. Es geht ihr dabei um die Umsetzung der vereinbarten Notbremse, die bei einem Sieben-Tage-Inzidenzwert von über 100 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner greifen soll. Aber auch um zusätzliche Maßnahmen: "Ausgangsbeschränkungen können ein ganz wirksames Mittel sein."

Merkel sprach sich gegen eine vorgezogene neue Ministerpräsidentenkonferenz aus, betonte aber, sie werde nicht zuschauen, bis es 100.000 Neuinfektionen am Tag gebe. Allen von den Ländern geplanten Lockerungen, auch sogenannten Modellprojekten, erteilte sie eine klare Absage.

Bei den Impfquoten steht Deutschland nicht besonders gut daBild: Wolfgang Borrs/NDR/dpa/picture alliance

Infektionsschutzgesetz noch einmal auf den Prüfstand

Merkel deutete auch an, dass der Bund tätig werden könnte, wenn die Länder nicht die nötigen Maßnahmen ergreifen sollten. Eine Möglichkeit sei, "das Infektionsschutzgesetz noch mal anzupacken und ganz spezifisch zu sagen, was muss in welchem Fall geschehen. […] Wir sind verpflichtet, qua Gesetz, das Infektionsgeschehen einzudämmen. Und im Augenblick ist die Eindämmung nicht da." Merkel betonte, sie denke darüber noch nach und habe sich noch nicht abschließend entschieden. Außerdem seien für alle Entscheidungen am Ende Mehrheiten im Bundestag und Bundesrat erforderlich.

Eine "Zäsur"

Merkel nannte die nächtliche Ministerpräsidentenkonferenz vom vergangenen Montag auf den Dienstag mit dem dann schnell wieder zurückgezogenen Beschluss einer Osterruhe eine "Zäsur" und betonte: "Da kann es jetzt nicht einfach so weitergehen, wir treffen uns alle vier Wochen und machen das genauso weiter" Das sähen auch viele Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten so. Sie sei auch hier mit dem Nachdenken aber noch nicht am Ende.

"Kompromiss mit Treu und Glauben"

Im Hinblick auf die Anfang März vereinbarten stufenweisen Öffnungsschritte sagte Merkel, sie seien ein Kompromiss gewesen. "Ein Kompromiss mit Treu und Glauben darauf, dass die Notbremse auch wirklich umgesetzt wird. Wenn sie das jetzt nicht wird, ist das sozusagen ein Verstoß gegen die Beschlüsse, die wir getroffen haben." Die bisherigen Beschlüsse mit den Ministerpräsidenten böten alle notwendigen Instrumente, sagte Merkel. Sie verwies auf weitere Kontaktbeschränkungen, Ausgangsbeschränkungen und die Verpflichtung der Arbeitgeber, wo immer möglich, Homeoffice anzubieten.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete an diesem Montag 9872 Corona-Neuinfektionen. Das sind 2163 mehr als am vergangenen Montag. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 134,4. Vor einer Woche lag sie bei 107,3. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.

fab/al (dpa,rtr,afp)

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