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Politik

Merkel nennt Kauder-Abwahl eine "Niederlage"

Fabian von der Mark
25. September 2018

Mit diesem machtpolitischen Erdbeben hatte in Berlin niemand gerechnet: Der Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel, Volker Kauder, muss den Fraktionsvorsitz von CDU und CSU an den Außenseiter Ralph Brinkhaus abgeben.

Unionsfraktion im Bundestag, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
Bild: picture-alliance/dpa/B.von Jutrczenka

Angela Merkel redet nicht drum herum, als sie nach der Sitzung vor die Kameras geht. Sie nennt das Wahlergebnis für Volker Kauder eine "Niederlage" und fügt an, dass es "nichts zu beschönigen" gebe. Der Mann, der ihr seit 13 Jahren in der Bundestagsfraktion die Mehrheiten organisiert, ist abgewählt. Eine "Stunde der Demokratie", sagt Merkel dazu.

Merkels Machtbasis bröckelt

Tatsächlich hatte vor der Wahl kaum jemand mit diesem Ergebnis gerechnet. Zwar gibt es schon länger Kritiker von Angela Merkel in der Fraktion von CDU und CSU, aber dass sich eine Mehrheit gegen ihren Kandidaten stellen würde, schien ausgeschlossen. Merkel selbst hatte in der Sitzung noch einmal "von ganzem Herzen" für Kauder geworben.

Merkel und Kauder haben jahrelang eng zusammengearbeitetBild: picture-alliance/dpa/M.Kappeler

Anschließend sagt die Kanzlerin, sie habe sich für ihn eingesetzt, weil sie "sehr, sehr gut" mit ihm zusammengearbeitet habe. Das ist noch zurückhaltend formuliert. Tatsächlich war der baden-württembergische CDU-Abgeordnete Kauder für Merkel eine sichere Bank. Seine jahrelang unumstrittene Stellung in der Fraktion und seine Loyalität gegenüber der Kanzlerin waren wichtige Pfeiler von Merkels Machtbasis.

Kauders Nachfolger ist nicht nur deutlich jünger, sondern auch weit weniger bekannt. Der Westfale Ralph Brinkhaus gilt als exzellenter Haushaltspolitiker – in der Öffentlichkeit wurde er aber bisher kaum wahrgenommen: "Ralph wer?" hatten viele Medien ihre Brinkhaus-Artikel vorab überschrieben. Jetzt wird der Steuerberater einer der wichtigsten Politiker Deutschlands.

"Ralph wer?"

Dabei hatte Brinkhaus vor der Wahl nicht wie ein Mann gewirkt, der bis zuletzt um Anhänger wirbt. Ziemlich entspannt stand er im hinteren Bereich des Fraktionssaals, unterhielt sich länger mit den gleichen zwei, drei Abgeordneten. Auch im Vorfeld hatte Brinkhaus nicht offen für Unterstützer geworben, war weder der Kandidat einer bestimmten Strömung noch eines Landesverbandes in der Fraktion.

Der neugewählte Ralph Brinkhaus freut sich "riesig"Bild: picture-alliance/dpa/K.Nietfeld

Nach der Wahl steht der 50-jährige mit gefalteten Händen vor dem Fraktionssaal und und sagt: "Ich freue mich riesig". Mehr Emotionen gibt es nicht, stattdessen verspricht Brinkhaus, sich an die Arbeit zumachen, "anspruchsvolle Projekte" anzugehen. Als guter Gewinner lobt er noch seinen Vorgänger Kauder, um dann anzukündigen, das man nun "gemeinsam nach vorne" schauen werde.

Volker Kauder: Ernüchterung nach der FranktionswahlBild: picture-alliance/M.Schreiber

Volker Kauder hat da schon viel Applaus im Fraktionssaal hinter sich. Schweigend hatte er das Ergebnis zur Kenntnis genommen. Nur 112 Stimmen für ihn, 125 Stimmen für Ralph Brinkhaus. Er gratuliert Brinkhaus. Die Abgeordneten stehen auf, klatschen für Kauder. Die Wahlniederlage des 69-jährigen ist eine Zeitenwende bei den Konservativen.

Die Fraktion will unabhängiger sein

Und es ist eine Wende, die auch für Angela Merkel einen Einschnitt bedeutet. Auch sie gratuliert Brinkhaus, bietet ihm "gute Zusammenarbeit" an, wie sie später sagt. Spricht man mit Unions-Abgeordneten, so rechnen viele mit einer "unabhängigeren Fraktionsarbeit". Mit Brinkhaus erwarten sie mehr eigenes Profil - weniger Erfüllungsgehilfen der Regierung wollen die Bundestagsabgeordneten sein.

Die anderen Parteien sehen in der Abwahl Kauders eine enorme Schwächung der Kanzlerin. Thomas Oppermann, jahrelang das sozialdemokratische Gegenstück von Kauder und jetzt Bundestagsvizepräsident, schreibt bei Twitter nur: "Das ist ein Aufstand gegen Merkel."

So sieht es erwartungsgemäß auch die Opposition. Während AfD-Fraktionsorsitzende Alice Weidel sagt, dass in ihrer Partei nun "die Korken knallen", spricht der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff vom "Autoritätsverlust" Merkels. Für die Linken ist die Abwahl Kauders ein Zeichen, dass das "System Merkel zu Ende geht". Für Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter zeigt das Ergebnis, dass bei den Konservativen zuletzt die "Konflikte zugedeckt" wurden.

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