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Technik

Merkel präsentiert 5-Punkte-Plan

Kate Brady cb
15. November 2018

Endlich steht Deutschlands Digitalisierungsstrategie. Jetzt muss der Industrieriese von einst zu den heutigen Vorreitern im Bereich Künstliche Intelligenz aufschließen.

Girl´s Day Berlin Ausstellung
Bild: Getty Images/J.Mcdougall

Das Internet als Neuland. Für diese Formulierung erntete Kanzlerin Angela Merkel 2013 viel Spott. Er zeigte aber auch, wie weit Deutschland bei der Digitalisierung hinterher hinkt.

Fünf Jahre später sieht es endlich so aus, als ob Deutschland das Thema ernst nimmt. Nach einer zweitägigen Kabinettsklausur zur digitalen Strategie verkündete die Regierung, dass sie bis 2025 drei Milliarden Euro in den Bereich Künstliche Intelligenz (KI) investieren will. Mit Investments aus der Privatwirtschaft soll dieser Betrag noch einmal verdoppelt werden. 

Das Ziel: Deutschland zu einem international führenden Standort für KI zu machen, so Merkel. Drei Milliarden mag nach viel klingen, aber im Vergleich zu anderen Standorten ist es nur Kleingeld. China plant eine staatlich finanzierte 150 Milliarden Dollar große Industrie bis 2030.

Aber die angekündigten Investitionen sind ein Anfang. Bis vor kurzem zögerte die Regierung ins Thema Digitalisierung einzusteigen. Es sollte schließlich nicht so aussehen, als würde sie öffentliche Gelder zum Fenster rauswerfen, oder als ob sie dringendere Sorgen der Wähler wie Gesundheitsvorsorge, Ausbildungsfragen oder Rente ignorieren würde.

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Fünf Bereiche der Digitalisierung

Deutschlands lange erwartete Digitalisierungsstrategie, die im Detail auf einem Digital-Gipfel Anfang Dezember in Nürnberg vorgestellt werden soll, erstreckt sich auf fünf Bereiche:

Im Bereich digitale Kompetenz sollen Bürger vom Kindergarten bis in die Rente für die Digitalisierung fit gemacht werden.

Mithilfe eines Infrastrukturausbaus sollen endlich Menschen in ganz Deutschland bis 2025 Zugang zu Highspeed-Internet bekommen.

Unter dem Titel "Industrie 4.0" soll es zur einer digitalen Transformation der Arbeit kommen, zu der auch der Einsatz von AI am Arbeitsplatz gehört.

Gleichzeitig sollen Jobs und ethische Grundsätze geschützt werden.

Und fünftens will sich Deutschland vom endlosen bürokratischen Papierkrieg verabschieden – alle Behördendienste sollen online in Anspruch genommen werden können.

Investionen in die Forschung besonders wichtig

Die Strategie ist festgelegt, jetzt muss Deutschland zusehen, dass es aufholt. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) sind 55 von Deutschlands 100 größten Firmen nach Einnahmen im industriellen Sektor zu verordnen. Zum Vergleich: In den USA kommen 20 der Top 100 Firmen aus dem Bereich IT und Medien.

"Diese Strategie bedeutet eine echte Strategie für Deutschland", sagte Jörg Bienert, Präsident des Bundesverbands Künstliche Intelligenz, der DW. "Aber die Umsetzung und das Tempo, mit dem sich Deutschland jetzt um diese Strategie kümmern wird, sind entscheidend, wenn es darum geht, ob Deutschland erfolgreich zur KI-Weltklasse aufsteigen kann. Am wichtigsten wird es sein, in die Forschung zu investieren."

Das scheint der Regierung bewusst zu sein: Teil der neuen Strategie ist die Einrichtung von mehr als 100 Professuren im Bereich Digitalisierung.

"Als nächstes wird es natürlich wichtig sein, dass diese Expertise und die Forschungsergebnisse zur Anwendung kommen", so Bienert.

"Made in Germany" weiterhin als Qualitätsmerkmal

Deutschland stand einst für weltberühmte Produkte und namenhafte Technikfirmen. Im Ausland galt der Slogan von Autoproduzent Audi, "Vorsprung durch Technik", praktisch für ganz Deutschland. Aber seit Software wichtiger als Hardware geworden ist, hinkt die Bundesrepublik hinterher.

Jetzt, sagt Merkel, soll "Made in Germany" auch für Qualität in der künstlichen Intelligenz stehen. Sie betonte aber auch, dass Menschen im Zentrum von Deutschlands Verständnis von Digitalisierung stehen müssen. Auch mit der Digitalisierung müssten weiterhin die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft gelten, sagte die Kanzlerin.

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Eines der größten Hindernisse für die Digitalisierungsstrategie der Bundesregierung könnte die Skepsis in der Bevölkerung sein. Viele Deutsche stehen künstlicher Intelligenz, gerade wenn es um persönliche Daten geht, kritisch gegenüber. Datenschutz geht über alles, das kann man auch daran sehen, dass das weltweit erste Datenschutzgesetz 1970 im mitteldeutschen Bundesland Hessen verabschiedet wurde.

Die Angst, dass persönliche Daten missbraucht werden, geht zurück auf die Überwachung durch die Nazi Geheimpolizei Gestapo und auf die Stasi (Staatssicherheit), die in der ehemaligen DDR Buch über ihre Bürger führte.

Misstrauen bei den Bürgern abbauen

Seit einigen Monaten hängen an vielen Bushaltestellen Werbeplakate von Facebook, die die Menschen darauf hinweisen, wie sie ihre Privatsphäre-Einstellungen in dem sozialen Netzwerk anpassen können. Die Kampagne soll der Kritik entgegen wirken, Facebook gehe zu unvorsichtig mit den Daten seiner Nutzer um.

"Viele Deutsche haben falsche Vorstellungen von KI. Sie stellen sich darunter nur Sachen vor, die sie aus Science Fiction Filmen kennen", sagte Bienert der DW.

Lena-Sophie Müller, Geschäftsführerin des Netzwerks für digitale Gesellschaft D21, hält es für sinnvoll, direkt mit besorgten Bürgern über ethische Fragen der KI zu diskutieren. Solche Fragen aus den Bereichen Gesundheit, Arbeit und Mobilität zu klären, "wird es den Leuten leichter machen, die Vorteile zu sehen" und "unbegründete Ängste beiseite zu schaffen."

Fortschritt für alle

Sorgen über Jobverluste sind allerdings alles andere als unbegründet. Rund 1,3 Millionen Jobs werden bis 2025 durch künstliche Intelligenz ersetzt werden, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil auf der zweitägigen Kabinettsklausur. Heil fügte aber auch hinzu, dass etwa 2,1 Millionen neue Jobs entstehen werden.

Damit niemand vom Fortschritt zurückgelassen wird, so wie es nach der Wiedervereinigung vielen Arbeitern aus der DDR ging, kündigte Merkel Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Zuge der Digitalisierung an.

Von Technologie fasziniert: Merkel mit Roboter Asimo in TokioBild: Reuters/I. Kato

Es scheint, als würde die Kanzlerin sich endlich der digitalen Zukunft zuwenden, etwas, das ihre Regierung in den vergangenen 13 Jahren versäumt hat. Die lange Verspätung ist erstaunlich, schließlich ist Merkel als studierte Physikerin keine Feindin von Forschung und Technologie.

Als Akademikerin an der damaligen Karl-Marx-Universität, heute die Uni Leipzig, war Merkel eine der wenigen Glücklichen, die in den Westen reisen durften, um sich technologische Entwicklungen anzuschauen. Damals, 1986, waren es Computer. Auch heute, wenn sie auf Messen Virtual Reality Brillen ausprobiert oder sich in Japan mit Robotern unterhält, wirkt Merkel fasziniert. Diese Neugier muss jetzt auch im Rest Deutschlands geweckt werden.

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