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Politik

Merkel redet offenbar Klartext mit Netanjahu

21. März 2018

Spät gratuliert Israels Premier Netanjahu der Bundeskanzlerin zur Wiederwahl. Merkel soll dabei auch über den Atom-Vertrag mit dem Iran gesprochen haben. Und vor einem neuen Krieg im Nahen Osten gewarnt haben.

Deutschland Berlin PK Bundeskanzlerin Merkel mit Premierminister Benjamin Netanjahu
Bild: Reuters/F. Bensch

Es ist wie immer, wenn man die Sprecherin der Bundeskanzlerin offiziell fragt, wie denn das Gespräch Angela Merkels mit diesem oder jenem ausländischen Regierungschef verlaufen ist: "Über solche Gespräche geben wir grundsätzlich keine Auskunft", sagte denn auch Ulrike Demmer, die deutsche Regierungssprecherin, am Mittwoch in Berlin. Aber dass Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu der Kanzlerin am Dienstag per Telefon zur Wiederwahl gratuliert hat, das hatten zuvor schon israelische Medien berichtet. Dass dabei von Seiten Merkels die drohende Aufkündigung des Atom-Deals mit dem Iran zur Sprache kam, wurde dann auch in Berlin berichtet.

"Wollen Sie das wirklich?"

Dass das Telefonat erst sechs Tage nach der Wiederwahl Merkels im Deutschen Bundestag zustande kam, werten manche in Berlin als Zeichen, wie schlecht es um das Verhältnis der beiden Politiker zueinander steht. Schon im Januar, beim Weltwirtschaftsforum in Davos in der Schweiz, soll Merkel klare Worte gegenüber Netanjahu gefunden haben: Wenn sich die USA wirklich, wie es sich andeutet, vom Atom-Vertrag mit dem Iran zurückziehen würden, dann könne das einen neuen Krieg in Nahen Osten heraufbeschwören. "Wollen Sie das wirklich?" soll Merkel Netanjahu offen gefragt haben, berichten israelische Medien. Dann stünden die Europäer, also Deutschland, Großbritannien und Frankreich gemeinsam mit Russland und China gegen Israel und die USA. "Dann wird uns niemand mehr trauen, auch bei anderen Themen nicht", soll Merkel zu Netanjahu gesagt haben. Sprecherin Demmer fügte am Mittwoch immerhin hinzu, die Regierung sei nach wie vor von dem Atomabkommen überzeugt, da es "das Risiko eines nuklearen Wettrüstens in der Region begrenzt."

Ein Gegner des Atom-Abkommens: US-Präsident Donald TrumpBild: picture-alliance/AP Photo/A. Harnik

Netanjahu: Ohne die USA ist der Vertrag sinnlos

Der Vertrag mit dem Iran wurde 2015 in Wien von den USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland ausgehandelt. Darin verpflichtete sich Teheran, für mindestens ein Jahrzehnt wesentliche Teile seines Atomprogramms drastisch zu beschränken, um keine Atomwaffen bauen zu können. Im Gegenzug wurden die Sanktionen gegen Teheran aufgehoben und eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen in Aussicht gestellt.  Aber schon seit Längerem hatte sich in den USA angedeutet, dass Präsident Donald Trump wenig von dem Abkommen hält und schon bald eigene, neue Sanktionen gehen den Iran aussprechen will. Dabei hat er Israel an seiner Seite. Netanjahu wurde in israelischen Medien jetzt so zitiert: "Dieser Vertrag soll entweder komplett umgesetzt oder ganz aufgegeben werden." Mit anderen Worten: Ohne die USA macht er keinen Sinn. 

Hoffnung auf Diplomatie

Merkel aber scheint entschlossen, jetzt alle Kanäle zu nutzen, um Netanjahu umzustimmen. Sogar die Regierungskonsultationen wollen Israel und Deutschland wieder aufnehmen. Sie waren im vergangenen Jahr abgesagt worden. Auch, weil Merkel sich über den fortschreitenden Siedlungsbau der Israelis in den besetzen Gebieten geärgert hatte. Und deutsche Außenpolitiker hoffen, den Vertag doch noch am Leben halten zu können, notfalls auch ohne die Amerikaner. So sagte Frithjof Schmidt, Außenexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, der DW:  "Wenn der Iran sich entschließt, im Atomabkommen zu bleiben, auch wenn die USA austreten, hat die Diplomatie noch eine Chance. Ich vermute, dass der Iran abgestuft reagiert und das Abkommen im Kern erhalten will." Tatsächlich hatte der Iran lange Zeit signalisiert, das Abkommen auch ohne die Zustimmung der Amerikaner am Leben halten  zu wollen, aber zuletzt war diese Zuversicht offenbar geschwunden.

Geheime Gespräche in Berlin

Die Europäer nutzen offenbar derzeit jede Gelegenheit, um vor allem auf die USA einzuwirken, den Atom-Vertrag doch noch retten. In der vergangenen Woche soll es dazu in Berlin geheime Gespräche von deutschen, französischen, britischen und italienischen Spitzenbeamten mit USA-Vertretern gegeben haben. Ob es dabei ein Ergebnis gab, ist nicht bekannt.