Merkel sieht Chancen für Brexit-Abkommen
17. Oktober 2018Trotz der festgefahrenen Brexit-Verhandlungen sieht Bundeskanzlerin Angela Merkel weiter die Möglichkeit, dass ein "gutes Abkommen" mit Großbritannien über seinen Austritt aus der Europäischen Union noch vereinbart werden kann. "Die Chance, rechtzeitig ein gutes und tragfähiges Abkommen hinzubekommen, ist nach wie vor da", sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung zum Brexit vor dem Bundestag in Berlin.
Beide Seiten hätten sich aufeinander zubewegt, 90 Prozent der Dinge seien geregelt, betonte die Kanzlerin. Leider sei aber nach wie vor kein Durchbruch in der zentralen Frage der Grenze zwischen Irland und Nordirland gelungen. Hier liege die Tücke "sehr im Detail".
"Deutschland auch auf harten Brexit vorbereitet"
Selbstverständlich gehöre es zur Arbeit der Bundesregierung, sich auf alle Szenarien vorzubereiten, versicherte Merkel, auch auf einen sogenannten harten Brexit ohne Abkommen. Die künftigen Beziehungen zu Großbritannien müssten in allen Fällen auf eine neue Grundlage gestellt werden. Kanzlerin betonte: "Ich wünsche mir, dass Großbritannien auch nach seinem Austritt ein enger und vertrauensvoller Partner Europas bleibt."
Am Abend beginnt ein EU-Gipfel in Brüssel mit Gesprächen über den Stand der Brexit-Verhandlungen. Die britische Regierungschefin Theresa May wird den 27 anderen Staats- und Regierungschefs erläutern, wie sie sich eine Lösung der noch offenen Fragen beim Austritt aus der EU vorstellt. Die Verhandlungen über den für März 2019 geplanten Brexit waren am vergangenen Sonntag in eine Sackgasse geraten. Knackpunkt ist immer noch die Frage, wie Schlagbäume und Kontrollen an der künftigen EU-Außengrenze zwischen der Republik Irland und dem britischen Nordirland vermieden werden können.
Indirekte Ermahnung Italiens
In ihrer Regierungserklärung ging Kanzlerin Merkel auch auf die Haushaltspolitik innerhalb der Euro-Staaten ein und betonte die Bedeutung stabiler Haushalte innerhalb dieser Gemeinschaft. Ohne auf den umstrittenen Haushaltsentwurf der italienische Regierung direkt einzugehen, sagte Merkel im Bundestag, nationale Politik könne wegen der engen Verflechtung immer auch Auswirkungen auf die anderen Euro-Mitgliedsstaaten haben.
Es gehe darum, die Währungsunion krisenfester zu machen, sagte Merkel. "In bewegten Zeiten wie diesen können wir froh sein, eine gemeinsame Währung in Europa zu haben, den Euro." Am Ende müsse bei den Reformen immer das Gesamtpaket stimmen, nur dann könne Deutschland zustimmen. Der Etatentwurf der italienischen Regierung hatte wegen höherer Schulden Kritik in der EU und Nervosität an den Finanzmärkten ausgelöst.
(K)eine Europa-Debatte ohne Flüchtlingsfrage
Über die Verteilung von Flüchtlingen in Europa wolle man auf dem EU-Gipfel am Abend allerdings nicht sprechen, teilte die Bundeskanzlerin mit. Eine faire Verteilung von Migranten bleibe zwar ein "ungelöstes Thema", man dürfe dazu aber keine falschen Erwartungen schüren.
Diskutiert werden sollten hingegen Fragen über den Schutz der EU-Außengrenzen, den Kampf gegen Schleuser und über Rückführungen von Asylbewerbern. Die EU wolle zudem die Zusammenarbeit mit Staaten außerhalb Europas vertiefen. Auch bei diesen Fragen seien die Vorstellungen der Mitgliedstaaten noch sehr unterschiedlich, sagte Merkel.
cw/sti (afp, dpa, epd)