Merkel spricht von "Chemiewaffenmassaker"
7. April 2017Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien als "Chemiewaffenmassaker an unschuldigen Menschen" bezeichnet. Chemiewaffen seien international geächtet und wer sie einsetze, "begeht ein Kriegsverbrechen", sagte Merkel in Berlin. Den US-Angriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt nannte sie angesichts der Dimension der Kriegsverbrechen und angesichts des Leids der Menschen in Syrien "nachvollziehbar".
Merkel und Hollande reagieren gemeinsam
Bereits zuvor hatte Merkel in einer gemeinsamen Erklärung mit dem französischen Präsidenten François Hollande dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad die "alleinige Verantwortung für diese Entwicklung" gegeben. "Sein wiederholter Einsatz von chemischen Waffen und seine Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung verlangten eine Sanktionierung, wie Frankreich und Deutschland sie bereits im Sommer 2013 nach dem Massaker von Ghuta gefordert hatten", hieß es.
Diese Erklärung musste zunächst zwischen Berlin und Paris abgestimmt werden - Merkel und Hollande telefonierten miteinander. In ihrem Mitteilung wird aber auch darauf hingewiesen, dass Deutschland und Frankreich die internationale Staatengemeinschaft dazu aufrufe, sich geschlossen für einen politischen Übergang in Syrien einzusetzen.
Damaskus kritisiert "politische Blindheit"
Syriens Präsident Assad reagierte harsch. Er verurteilte den Raketenangriff als "töricht und unverantwortlich". Die Bombardierung sei mit Kurzsichtigkeit sowie politischer und militärischer Blindheit für die Realität erfolgt, erklärte das Präsidentschaftsbüros in einer Stellungnahme.
Und Russland? Moskau ist der engste Verbündete von Assad, den Angriff auf die syrische Basis hätte man auch als Angriff auf russische Interessen werten können. Präsident Wladimir Putin nannte das US-Vorgehen eine Aggression gegen eine souveräne Nation. Die Luftangriffe verletzten internationales Recht und seien ein ernsthaftes Hindernis für die Bildung einer internationalen Koalition im Kampf gegen Terrorismus.
Netanjahu reagierte als einer der Ersten
In den frühen Morgenstunden war der israelische Regierungschef einer der Ersten, der auf die Ereignisse reagierte. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lobte den US-Angriff. Präsident Donald Trump habe eine "starke und klare Botschaft" ausgesendet, dass der Gebrauch und die Verbreitung von Chemiewaffen nicht toleriert werde, erklärte das Büro Netanjahus. Israel unterstütze die Entscheidung Trumps "voll" und hoffe, dass die Botschaft "nicht nur in Damaskus, sondern auch in Teheran, Pjöngjang und anderswo" gehört werde.
Auch Saudi-Arabien stellte sich auf die Seite Washingtons. Das Außenministerium habe den USA die volle Unterstützung zugesichert, teilt die Regierung in Riad mit. Es sei eine "mutige Entscheidung" Trumps. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan fordert weitere Schritte zum Schutz der syrischen Bevölkerung. Der Ruf der Türkei nach Sicherheitszonen in Syrien sei angemessen, die Zeit dafür sei reif, hieß es.
Der Iran verurteilte hingegen das Geschehene scharf, wie die Nachrichtenagentur Insa unter Berufung auf einen Sprecher des Außenministeriums in Teheran meldete. Solche Angriffe würden Terroristen in Syrien stärken und die Lage in dem Bürgerkriegsland und der Region schwieriger machen.
In der Nacht informiert
Trump unterstützen oder ihn kritisieren? Das war keine leicht zu beantwortende Frage an diesem Morgen. Die britische Regierung legte sich früh fest. Es sei eine angemessene Antwort auf den "barbarischen Chemiewaffenangriff" der syrischen Regierung, sagt ein Sprecher von Premierministerin Theresa May. Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault sprach von einer Warnung an ein "kriminelles Regime". In einem Interview des französischen Info Radio ließ Ayrault auch durchblicken, dass er in der Nacht unmittelbar von seinem US-Kollegen Rex Tillerson informiert worden sei.
Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen erhielt in der Nacht eine Info von ihrem Amtskollegen in Washington. Im Laufe des Tages rechnete die CDU-Politikerin nicht mit weiteren Luftangriffen der USA. Sie gehe davon aus, dass es sich bei dem Angriff um eine "einmalige Aktion" gehandelt habe, sagte sie dem Sender SWR. Das sei von US-Präsident Donald Trump zu hören gewesen.
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel bezeichnete den US-Luftangriff als "nachvollziehbar".
ml/wo/stu (rtr, dpa, afp, red)