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Politik

EU-Geld für türkische Zone in Syrien?

24. Januar 2020

Bundeskanzlerin Merkel deutet dem türkischen Präsidenten Erdogan mehr EU-Hilfe für die Aufnahme von Flüchtlingen an - auch für den Bau von Unterkünften in der umstrittenen türkischen Sicherheitszone in Nordsyrien.

Türkei Merkel mahnt bei Besuch in Istanbul Wissenschaftsfreiheit an
Bild: Reuters/U. Betkas

Bei ihrem Besuch in Istanbul hat die deutsche Kanzlerin das Engagement der Türkei bei der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen gelobt. Das Land beherberge fast vier Millionen Flüchtlinge aus Syrien, sagte Angela Merkel nach einem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. "Das, was die Türkei hier leistet, ist bemerkenswert", so Merkel. Sie könne sich sehr gut vorstellen, dass die EU mehr als die bereits vereinbarten zwei mal drei Milliarden Euro Unterstützung an Ankara leisten werde, sagte die Kanzlerin. Darüber werde in den EU-Gremien gesprochen werden.

Außerdem werde Deutschland prüfen, ob man sich am Bau winterfester Flüchtlingsunterkünfte in Nordsyrien beteiligen könne. Dies wäre das erste Mal, dass Geld für türkische Maßnahmen in Nordsyrien fließen würde. Dort hat die Türkei eine umstrittene Sicherheitszone eingerichtet. Alle Umsiedlungen in der Sicherheitszone müssten mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk geklärt werden, sagte Merkel.

Gesprächsthema Libyen-Konflikt

Die EU hatte der türkischen Regierung 2016 im Rahmen eines Flüchtlingspaktes sechs Milliarden Euro für die Versorgung syrischer Flüchtlinge in der Türkei zugesagt. Im Gegenzug verpflichtet sich die türkische Seite, alle neu auf den griechischen Inseln ankommenden Migranten zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte der EU vor Merkels Reise Verstöße gegen das Flüchtlingsabkommen vorgehalten. Die EU habe zugesagte Gelder in Milliardenhöhe noch nicht überwiesen, sagte Cavusoglu.

Kanzlerin und Präsident auf Annäherungskurs? Das deutsch-türkische Verhältnis war zuletzt nicht das besteBild: AFP/M. Kula

Weiteres Thema zwischen der Bundeskanzlerin und dem türkischen Präsidenten war die Lage in Bürgerkriegsland Libyen. Erdogan warnte, der Krieg in Libyen strahle auf die ganze Mittelmeerregion aus. Er bekräftigte, dass die Türkei keine Soldaten nach Libyen geschickt habe. Der Frage, ob auch keine türkischen Söldner in das Land geschickt worden seien, wich er aus. Die Türkei steht in dem Konflikt auf der Seite des international anerkannten libyschen Ministerpräsidenten Fajis al-Sarradsch.

Merkel betonte, es sei sehr wichtig, dass die libysche Militärkommission unter Leitung der UN so schnell wie möglich ihre Arbeit aufnehme. Die Kommission soll eine Deeskalation des Konfliktes vorbereiten. Al-Sarradsch und sein Konkurrent, General Chalifa Haftar, hatten der Einrichtung der Kommission auf der Berliner Libyen-Konferenz zugestimmt.

Treffen mit der türkischen Zivilgesellschaft

Am Nachmittag hatten Merkel und Erdogan gemeinsam den Campus der deutsch-türkischen Universität in Istanbul eröffnet. Dabei mahnte die Bundeskanzlerin mehr gesellschaftliche Freiheit gerade an Hochschulen und in der Forschung an. Sie selbst habe in der DDR erlebt, wie mangelnde Freiheit die Wissenschaft behindere. Hintergrund ist die restriktive Innenpolitik Erdogans gegenüber Medien, Wissenschaftlern und der Zivilgesellschaft.

Schnibbeln für das Foto: Merkel und Erdogan bei der Eröffnung des deutsch-türkischen Campus'Bild: AFP/B. Kilic

Vor der Campus-Eröffnung hatte sich die Kanzlerin mit einer Wirtschaftsdelegation und Vertretern der türkischen Zivilgesellschaft getroffen. Erol Önderoğlu, Vertreter von Reporter ohne Grenzen in der Türkei, sagte der Deutschen Welle, alle anwesenden Nicht-Regierungsorganisationen hätten Merkel berichtet, dass der Rechtsstaat in der Türkei immer weiter an Grundlage verlöre. "Als Reporter ohne Grenzen haben wir betont, dass Journalisten vielerlei Restriktionen unterworfen sind, etwa durch das 'Gesetz zur Beleidigung des Präsidenten' und dass wir einen großen Teil unserer Arbeitszeit in Gerichten verbringen", so Önderoğlu.

Über die in der Türkei festgehaltenen Deutschen soll es laut Merkel noch einmal separate Gespräche mit Erdogan geben. Einem Medienbericht vom Dezember zufolge befinden sich derzeit fast 60 deutsche Staatsbürger wegen unterschiedlicher Tatvorwürfe in türkischer Haft. 

cw/uh (afp, rtr)

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