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Politik

Merkel warnt vor Corona-Mutationen

11. Februar 2021

Im Bundestag hat Kanzlerin Angela Merkel die weitere Verlängerung des Corona-Lockdowns begründet. Dagegen wirft die AfD der Regierung Rechtsbruch vor. Und die FDP sieht das Parlament nicht genug miteinbezogen.

Deutschland Coronavirus Angela Merkel Bundestag
Angela Merkel sieht Deutschland in der Krise auf einem guten Weg Bild: Hannibal Hanschke/REUTERS

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Verlängerung des Lockdowns bis zum 7. März in der Corona-Pandemie verteidigt. Es seien zwar in der Bundesrepublik nie erlebte gravierende Einschränkungen der Freiheit, allerdings würden sie gemäß den Regeln der Demokratie beschlossen, sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung im Bundestag. 

"Sehr reale Gefahr"

Merkel zeigte sich insgesamt zufrieden mit der Entwicklung bei den Infektionszahlen. "Die Trendumkehr ist da", sagte die Kanzlerin. Gleichzeitig verwies sie auf die Gefahr, die von Virusmutationen ausgehe. In Deutschland gibt es derzeit eine britische, eine südafrikanische und eine brasilianische Variante. Diese Mutationen seien deutlich aggressiver und leichter übertragbar als die bisherigen Formen. Experten seien sich sicher, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die Mutanten das Originalvirus verdrängt hätten. Dies sei eine "sehr reale Gefahr", so Merkel.

Auch wegen der Mutationen hätten sich Bund und Länder entschieden, Lockerungen der derzeitigen Maßnahmen nicht an einem bestimmen Datum vorzunehmen, sondern sich dabei an den Inzidenzzahlen zu orientieren. "Das Virus richtet sich nicht nach Daten."

Inzidenz liegt jetzt bei 64

Merkel verwies darauf, dass die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz auf 64,2 (Vortag: 68,0) weiter zurückgegangen ist. Der Wert gibt an, wie viele von 100.000 Einwohnern innerhalb einer Woche rechnerisch neu positiv getestet werden. Für Anfang März erwartet die Bundesregierung laut Merkel eine Inzidenz von 50. Dann könne man über weitere Öffnungsschritte sprechen.

Kontakte reduzieren, Homeoffice 

Ein weiteres Mal betonte die Kanzlerin die Wichtigkeit, persönliche Kontakte nach wie vor auf ein Minimum zu reduzieren. Auf private Reisen sollte - auch zu Angehörigen - weiter verzichtet werden. Merkel appellierte nochmals an die Arbeitgeber, wo immer es möglich sei, Homeoffice zu gewähren.

Sie sprach zudem von großen Versäumnissen im Umgang mit der Pandemie im vergangenen Herbst. Im Sommer 2020 sei wieder ein halbwegs normales Leben in Deutschland möglich gewesen. "Dann waren wir nicht vorsichtig genug und nicht schnell genug." Die Politik habe es versäumt, mit Ansteigen der Infektionszahlen das öffentliche Leben frühzeitig und konsequent herunterzufahren. Dass die Zahlen derart explodiert seien, sei "eine Folge zögerlichen Vorgehens" gewesen.

Weit mehr als 60.000 Tote

In dem Zusammenhang erinnerte die Kanzlerin auch an diejenigen, die mit oder an dem Coronavirus gestorben sind. "Diese Verstorbenen, es sind jetzt weit mehr als 60.000 Menschen, das sind unsere Mütter, Väter, Kinder, Verwandte, Freunde, die wir nicht bewahren konnten." Merkel betonte: "Die Trauer um sie und mit ihren Hinterbliebenen steht immer im Raum, wenn wir Entscheidungen in dieser Pandemie treffen. Das sind wir ihnen schuldig."

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel spricht von unermesslichen Kollateralschäden Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Als erste Rednerin der Opposition kritisierte die AfD-Co-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel die Regierungspolitik scharf. Eine "Kungelrunde" habe erneut massive Eingriffe im Leben der Menschen beschlossen. Sie warf der Regierung vor, verfassungswidrig zu agieren und sprach von unermesslichen Kollateralschäden. Weidel fragte die Koalition, ob sie die Bundesrepublik auf den Stand eines Entwicklungslandes bringen wolle. Die Bürger fühlten sich für dumm verkauft, erklärte die AfD-Fraktionschefin weiter.

Rolf Mützenich: Nachwirkungen der Pandemie werden bleiben Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sieht die neuen Beschlüsse von Bund und Ländern zwar als eine Last, aber die Verlängerung des Lockdowns sei "angemessen, notwendig und gut begründet". Allerdings seien Perspektiven dafür nötig, wann Lockerungen möglich seien, sagte er vor den Abgeordneten. Dies müsse anhand "nachvollziehbarer Kriterien" geschehen. Mützenich verwies darauf, absolute Wahrheiten gebe es in dieser existenziellen Krise nicht.

Bundestag wird nicht ausreichend miteinbezogen

FDP-Chef Christian Lindner sprach "angesichts der großen Erschöpfung in der Gesellschaft" von enttäuschenden Beschlüssen. "Viele Menschen haben sich mehr erwartet als einen frischen Haarschnitt", sagte er im Bundestag im Hinblick auf die Öffnung der Friseursalons am 1. März. Lindner warf der Regierung abermals vor, das Parlament nur unzureichend an den Entscheidungen zu beteiligen. Über die Pläne der Regierung sei in den Medien schon am Dienstag berichtet worden.  

Auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte, dass der Bundestag erneut erst nach den Beschlüssen informiert werde. Er warf der Regierung zudem vor, nicht genug Impfstoff beschafft zu haben.

Grüne fordern klare Perspektive

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt verlangte eine klarere Perspektive für das weitere Vorgehen in der Pandemie. Zudem seien Kinder und Jugendliche in den Blick zu nehmen. Sie warnte davor, Schüler über Monate ohne schulische Betreuung zu Hause sitzen zu lassen.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ist mit der Strategie der Regierung unzufrieden Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Die Grünen-Politikerin kritisierte auch das Vorgehen der Regierung bei den Wirtschaftshilfen für Gewerbetreibende. "Diese Wirtschaftshilfen sind ein riesiges Versagen der Bundesregierung", sagte sie. "Geben Sie sich einen Ruck und helfen Sie den Menschen wirklich."

se/haz (phoenix, dpa, rtr, afp)

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