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Gesellschaft

Merkel will Tafel für alle

27. Februar 2018

Wird die Essener Tafel den vorübergehenden Aufnahmestopp von Migranten beenden? Der Vorstand des Trägervereins berät darüber. Kanzlerin Merkel hält mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg.

Deutschland Essensausgabe in Berlin
Bild: picture-alliance/dpa/A. Riedl

Bundeskanzlerin Angela Merkel hält nichts von der Entscheidung der Essener Tafel, bis auf weiteres nur noch deutsche Staatsbürger neu in ihre Kartei mit bedürftigen Menschen aufzunehmen. "Da sollte man nicht solche Kategorisierungen vornehmen. Das ist nicht gut", sagte die Kanzlerin in einem RTL-Interview. Aber die Entscheidung der Ehrenamtlichen in Essen zeige auch "den Druck, den es gibt", und wie viele Bedürftige auf Lebensmittelspenden angewiesen seien.

Seit dem 10. Januar vergibt die Essener Tafel neue Berechtigungen zum Empfang von Lebensmitteln vorübergehend nur noch an Bürger mit deutschem Ausweis. Begründet wird dies mit einem bis zu 75 Prozent hohen Anteil an Ausländern, weshalb sich etwa viele ältere Menschen nicht mehr wohlfühlten und das Hilfsangebot nicht mehr wahrnähmen.

Vor der Lebensmittelausgabe der Essener Tafel bildet sich eine Schlange Bild: DW/C. Bleiker

An dem Vorgehen der Tafel hatte es massive Kritik gegeben. Der Vorsitzende des Bundesverbands der Tafeln, Jochen Brühl, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Für Tafeln zählt die Bedürftigkeit, nicht die Herkunft."

"Auch unsere Mitarbeiter haben sich nicht mehr wohlgefühlt"

An diesem Dienstag trifft sich der Vereinsvorstand der Essener Tafel zu einer Krisensitzung. Es wird davon ausgegangen, dass der Vorstand über alternative Regulierungsmöglichkeiten bei der Essensausgabe berät.

Der Vorsitzende der Essener Tafel, Sator, ist wütend und denkt über Rücktritt nach Bild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch

Der Vorsitzende der Tafel, Jörg Sator, verteidigte in der "Bild"-Zeitung nochmals das Vorgehen und erklärte, viele Migranten würden sich anders benehmen. "Die Anstellmentalität ist häufig nicht so da, die Erwartungshaltung ist höher. Es ist so, dass viele meinen, wir wären verpflichtet, Lebensmittel auszugeben, wir wären eine staatliche Einrichtung. Sind wir aber nicht", betonte er. "Es ist ja nicht so, dass sich nur unsere Kunden nicht mehr wohlgefühlt haben, sondern auch unsere Mitarbeiter", ergänzte Sator.

In der Nacht zum Sonntag wurden mehrere Tafel-Wagen mit Parolen wie "Nazis" und "Fuck Nazis" besprüht. Der Staatsschutz ermittelt. Die Schriftzüge würden nicht entfernt, so Sartor. "Die LKW sollen durch die Stadt fahren, das sollen alle sehen." Und er fügte hinzu: "Es ist eine Schweinerei, unsere Freiwilligen so zu diffamieren."

Fahrzeuge der Essener Tafel wurden mit dem Wort "Nazis" beschmiert Bild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch

Unter dem Motto "Lebensmittel retten. Menschen helfen" sammeln Tafel-Organisationen bundesweit Lebensmittel ein, die im Wirtschaftskreislauf nicht mehr verwendet werden können, und verteilen sie an Bedürftige. Mit rund 60.000 Ehrenamtlichen, 934 Tafeln und etwa 2.100 Ausgabestellen gelten die deutschen Tafeln als eine der größten sozialen Bewegungen der Zeit. Die erste Tafel wurde vor 25 Jahren in Berlin gegründet.

se/haz (dpa, kna, bild)

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