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Politik

"Tote auf den letzten Metern verhindern"

4. Februar 2021

In einem ihrer seltenen TV-Interviews gewährt die Kanzlerin persönliche Einblicke - und mahnt zur Vorsicht. Inzwischen gibt es mehr als 60.000 Corona-Tote.

Deutschland | Bundeskanzlerin Merkel im Interview bei ntv und RTL
Angela Merkel ist zuversichtlich, dass Deutschland beim Impfen "aufholen" wird Bild: Sandra Steins/REUTERS

"Das ist auch für mich eine schwierige Zeit, unsere Entscheidungen müssen klar durchdacht sein und ich drehe die Dinge in meinem Kopf immer wieder um, bevor ich eine Entscheidung treffe", sagte Kanzlerin Angela Merkel in einem Interview der deutschen Sender RTL und ntv.  "Ich wache nachts manchmal auf und denke über alles nach." Die Pandemie sei ein so überwölbendes Thema, dass sie schlecht abschalten könne. "Das ist schon sehr dominant", erklärte Merkel im Gespräch mit Frauke Ludowig und Nikolaus Blome. 

Die erfahrene Führungspersönlichkeit, die es normalerweise vermeidet, über ihre persönlichen Gefühle zu sprechen, sagte, die Corona-Pandemie, die so viele Menschen, darunter Familien, Künstler und Kleinunternehmer, getroffen hat, habe ihre Spuren hinterlassen. Sie kenne sehr dramatische Schicksale.

Die Kanzlerin stellt sich den Fragen von Frauke Ludowig und Nikolaus BlomeBild: Sandra Steins/REUTERS

"Immer wieder muss ich harte Entscheidungen treffen. Auch ich würde gerne etwas Gutes verkünden", erklärte sie weiter. "Aber wir dürfen keine falschen Hoffnungen machen, deshalb versuche ich immer, realistisch zu bleiben."

Müssen ganz, ganz vorsichtig sein 

Die Kanzlerin warnte davor, angesichts der Hoffnung auf Impferfolge die nötige Vorsicht in der Corona-Pandemie zu verlieren. "Wir müssen jetzt ganz, ganz vorsichtig noch sein, damit auf den letzten Metern nicht so viele Menschen noch sterben", sagte die 66-Jährige weiter mit Blick auf Pflege- und Altenheime. 

In einem Impfzentrum in Brandenburg bekommt eine Frau das Vakzin des US-Herstellers Moderna Bild: imago images/Jochen Eckel

Zugleich wies sie Vorwürfe zurück, dass Menschen sterben würden, weil nicht schneller geimpft werde. "Wenn vom ersten Tag an der Impfstoff dagewesen wäre, wären vielleicht weniger Menschen gestorben", sagte sie. Aber so könne man dies nicht aufrechnen. Es sei im Gegenteil erstaunlich, wie schnell der Impfstoff entwickelt worden sei. Sie hätte im Sommer 2020 noch nicht damit gerechnet, dass bereits zu Weihnachten Impfstoffe vorhanden sein würden.

Knapp eine Woche vor dem nächsten Corona-Krisengipfel von Bund und Ländern lehnte Merkel es ab, über weitere Lockerungsschritte zu spekulieren. Der derzeitige harte Lockdown gilt bis zum 14. Februar. Deutschland sei auf einem "sehr guten Weg", befand sie. Doch es wäre das Beste, die Fallzahlen so weit zu drücken, "dass wir wirklich Spielraum zum Öffnen haben". Die Kanzlerin erinnerte in dem Zusammenhang nochmals an die Gefahren durch neue Virus-Varianten. Spätestens Anfang nächster Woche sollen nach ihren Worten Zahlen über die Ausbreitung dieser hochansteckenden Varianten in Deutschland vorliegen.

Merkel freut sich auf ihren nächsten Friseurbesuch

Gleichzeitig gestand die Kanzlerin, dass auch sie sich freue, "wenn Friseure mal wieder aufmachen können". Auf die Frage, wie sie selbst ihre Haare frisiert, obwohl die Friseursalons in Deutschland seit November geschlossen sind, sagte Merkel, sie lasse sich von einer Assistentin helfen, "wobei sie natürlich alle Hygienevorschriften beachtet". "Und ja, man muss mit der Tatsache leben, dass man langsam grau wird", fügte Merkel hinzu.

Mehr als 60.000 Corona-Tote

Das Robert-Koch-Institut meldete inzwischen 12.908 Neuansteckungen und 855 Todesfälle innerhalb von 24 Stunden. Damit stieg die Gesamtzahl der Menschen, die an oder mit dem Virus starben, auf 60.597. Die Sieben-Tage-Inzidenz, die angibt, wie viele Personen je 100.000 Einwohner sich in einer Woche infizieren, sank leicht auf 79,9. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, diesen Wert unter 50 zu drücken.

se/wa (rtr, afp, dpa, rtl)

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