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Politik

Merkel zollt Tafel-Mitarbeitern Respekt

28. Februar 2018

Nach ihrer Kritik an dem Beschluss der Essener Tafel, nur noch Lebensmittel an Deutsche auszugeben, musste sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kritische Worte anhören. Nun bemühte sie sich um Ausgleich.

Essener Tafel
Kunden der Essener Tafel holen mit ihren Trolleys an der Ausgabestelle Essenspakete abBild: picture alliance/dpa/R. Weihrauch

Die Essener Tafel hat wie geplant mit der Ausgabe neuer Berechtigungen für Lebensmittelpakete begonnen. Dabei wurden am Mittwochmorgen mehrere Bewerber ohne deutschen Pass weggeschickt, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa berichtet. Mehrere Dutzend Menschen hätten für neue Karten angestanden. Wer keine Berechtigung bekam, wurde gebeten, in sechs Wochen wiederzukommen. Die Ausgabe lief demnach friedlich ab, es gab keine lautstarken Proteste.

Der vorübergehende Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel gilt seit dem 10. Januar. Die Essener Tafel vergibt einmal in der Woche mittwochs neue Kundenkarten, die in der Regel für ein Jahr gültig sind. Der Vereinsvorsitzende Jörg Sartor geht davon aus, dass wie üblich rund 50 neue Berechtigungen vergeben werden können.

Der Vorsitzende der Essener Tafel, Jörg SartorBild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch

Aufnahmestopp bestätigt

Der bundesweite Dachverband der Tafeln hatte am Dienstag nach einer Krisensitzung mitgeteilt, dass die Essener Tafel trotz der teilweise massiven Kritik vorerst an ihrem Aufnahmestopp für Ausländer als Neukunden festhalte. Die Stadt Essen und der Vereinsvorstand kündigten die Gründung eines Runden Tisches an. Dieser soll binnen zwei Wochen zusammenkommen, um Lösungsansätze zu erarbeiten. Im Fokus der Tafel stünden auch weiterhin Alleinerziehende, Senioren und Familien mit minderjährigen Kindern, hieß es. In der Nacht zum Sonntag waren das Tafel-Gebäude und Autos mit Nazi-Beschimpfungen beschmiert worden.

Der Essener Vereinsvorstand hatte den vorübergehenden Aufnahmestopp damit begründet, dass der Anteil der Migranten unter den 6000 Menschen, die regelmäßig Lebensmittel erhalten, auf 75 Prozent gestiegen sei. Ältere Menschen und Alleinerziehende würden auf diese Weise schleichend verdrängt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel rudert zurück Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich zuvor noch kritisch über die Tafel geäußert hatte und dabei selbst in die Kritik geraten war, ließ nun über ihren Sprecher Steffen Seibert versöhnliche Töne anschlagen. Sie begrüße den Beschluss, dass an einem Runden Tisch über das weitere Vorgehen beraten werden soll. Außerdem hoffe die Kanzlerin, dass gute Lösungen gefunden würden, die nicht bestimmte Gruppen ausschlössen, so Seibert. Alles andere seien Fragen der Organisation, mit dem die Tafeln umgehen müssten. Die Politik könne Hilfe anbieten. Es sei aber klar, dass allein die Verantwortlichen vor Ort die Entscheidungen träfen. .
 
Scharfe Kritik der Linken

Der Beschluss der Essener Tafel sorgt dennoch weiter für Kritik. "Ich halte diese Entscheidung für falsch", sagte Linken-Parteichefin Katja Kipping. Nicht der Pass, sondern die Bedürftigkeit müsse den Ausschlag für die Aufnahme geben. Um Konflikte zwischen Ausländern und alten oder alleinstehenden Menschen zu vermeiden, schlug Kipping die Ausbildung von "Tafellotsen" vor, die Migranten bei Verständigungsproblemen unterstützen könnten. Der aktuelle Andrang bei Tafeln im ganzen Land sei ein "großes Alarmsignal" für die Politik. "Wir brauchen für dieses Land einen Sozialpakt, der sicherstellt, dass alle garantiert vor Armut geschützt sind, unabhängig davon, was sie für einen Pass haben."

Dagegen stellte sich der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer, hinter den Essener Beschluss. Jede Tafel stehe vor der Problematik, dass sie nur eine gewisse Menge an Lebensmitteln zur Verteilung habe, sagte Mayer. "Dabei müssen wir entschieden dem Eindruck entgegenwirken, dass wegen der Migrations- und Flüchtlingskrise und den enormen Mitteln, die der Staat für Flüchtlinge und Migranten aufwendet, hilfsbedürftige Deutsche schlechter gestellt werden und kürzer treten müssen."

Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach hält die Entscheidung der Tafel zwar nicht für unproblematisch, schließlich sei die Bedürftigkeit für die Ausgabe der Lebensmittelspenden entscheidend. Die aktuelle Kritik sei aber überzogen, da die Entscheidung nur vorübergehend sei und es nur um Neuaufnahmen gehe.

kle/stu (dpa, afp, kna, epd)

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