Merz: Iran muss jetzt mit Israel und USA verhandeln
22. Juni 2025
Nach dem US-Angriff auf Atomanlagen im Iran in der Nacht ist in Berlin das Sicherheitskabinett der Bundesregierung zusammen gekommen, um über die neue Lage zu beraten. Der Sprecher von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Stefan Kornelius, sagte danach: "Die Bundesregierung geht davon aus, dass große Teile des iranischen Nuklearprogramms durch die Luftschläge beeinträchtigt wurden. Eine genaue Schadensanalyse wird später möglich sein." Merz werde sich über den Tag mit seinen wichtigsten Ministern und ausländischen Partnern weiterhin eng abstimmen, so Kornelius weiter. Merz forderte den Iran auf, nun über eine friedliche Lösung des Konflikts mit Israel und den USA zu verhandeln.
Gemischte Reaktionen in den Parteien
Die ersten Reaktionen von Politikern der Regierungsparteien CDU, CSU und SPD fallen derweil gemischt aus. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der konservativen Regierungspartei CDU, Jürgen Hardt, sagte dem "Tagesspiegel" aus Berlin: "Nach der Weigerung des Iran, auf das Verhandlungsangebot der Europäer einzugehen, war die Konsequenz eines US-amerikanischen Schlags gegen die Atomanlagen absehbar." Damit werde das Atomprogramm mindestens um Jahre zurückgeworfen, zum Wohle Israels und der ganzen freien Welt, auch Deutschlands, so Hardt weiter. Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritannien hatten am Freitag in Genf mit ihrem Kollegen aus dem Iran einen weiteren Versuch unternommen, um zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts zu kommen, am Ende ohne Erfolg.
Enttäuscht zeigte sich der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich, früherer Chef der Fraktion im Bundestag. Er sagte ebenfalls dem "Tagesspiegel": "Der Versuch, die internationale Ordnung durch Zusammenarbeit, Kontrolle und Verträge zu stärken, wird um Jahrzehnte zurückgeworfen." Mützenich hatte zuletzt Schlagzeilen gemacht als einer der Ideengeber für das "SPD-Manifest". Die rund 100 Unterzeichner beklagen die zunehmende globale Militarisierung und fordern neue diplomatische Lösungen für Kriege und Konflikte.
Weitere Deutsche verlassen die Region von Jordanien aus
Unterdessen hat die Bundesregierung auch am Samstag deutsche Staatsbürger mit einer Chartermaschine aus Israels Nachbarstaat Jordanien ausgeflogen. Aus Jordanien deshalb, weil der Luftraum über Israel seit Beginn des Krieges mit dem Iran vor gut einer Woche gesperrt ist. Wie das Auswärtige Amt in Berlin mitteilte, konnten dieses Mal 123 Deutsche mit dem Sonderflug das Land verlassen. Die beschwerliche und gefährliche Fahrt nach Jordanien über den Landweg mussten die Menschen dabei selbst organisieren. In den Tagen zuvor waren bereits insgesamt 345 Menschen auf diese Art nach Deutschland gelangt. Die Chartermaschinen landeten in Frankfurt am Main.
Erstmals Bundeswehr-Flüge aus Israel nach Deutschland
Erstmals seit Beginn des Konfliktes erhielt die Bundeswehr aber auch die Erlaubnis, deutsche Staatsbürger mit zwei Maschinen direkt aus Israel abzuholen. Wie es in Kreisen der Bundesregierung hieß, waren dafür schwierige Verhandlungen mit den Israelis nötig. Offiziell hieß es dazu: "Die Flüge wurden kurzfristig in enger Abstimmung mit den israelischen Behörden durchgeführt und richteten sich vor allem an Familien mit Kindern und andere vulnerable Personen." In der Nacht auf Samstag landeten schließlich die beiden Maschinen mit insgesamt 64 Personen an Bord auf dem Flughafen Köln/Bonn. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bedankte sich danach bei den Soldaten: "Auf unsere Bundeswehr ist Verlass. Nach nur kurzer Vorwarnzeit waren unsere Crews der Luftwaffe vor Ort. Sie haben hochprofessionell ihren Auftrag in der Krisenregion ausgeführt."
5300 Deutsche in Israel und Iran auf der "Elefand"- Liste
Die ausgeflogenen Menschen hatten sich zuvor in die Krisenvorsorgeliste "Elefand" eingetragen. Der Name ist eine Abkürzung der Bezeichnung: "Elektronische Erfassung von Deutschen im Ausland". Mit der Liste haben die Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Israel einen Überblick, welche Deutschen sich überhaupt in Israel aufhalten. Nicht alle von ihnen, hieß es aus Regierungskreisen, seien aber bereits zur Ausreise entschlossen oder wollten Israel verlassen. Vielen dient die Liste nur als Sicherheit und Kontaktmöglichkeit. Rund 4300 Menschen stehen derzeit in Israel auf dieser Liste, die es auch für den Iran gibt. Dort registrierten die deutschen Behörden rund 1000 Menschen.
Keine Chartermaschinen aus dem Iran nach Deutschland
Noch vor dem Beginn der US-Angriffe auf die iranischen Atomanlagen hatte die Bundesregierung das Personal der deutschen Botschaft in Teheran abgezogen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien ins Ausland verlegt worden, die Botschaft arbeite aber mobil weiter. Das Auswärtige Amt erklärte, mit diesem Schritt folge Deutschland internationalen Partnern, die ähnliche Maßnahmen ergriffen hatten. Am Freitag etwa hatten Großbritannien und die Schweiz ihre Vertretungen im Iran geschlossen.
Anders als aus Israel bietet Deutschland für die im Iran lebenden Landsleute keine Heimflüge an. Zur Begründung hieß es, die Grenzübergänge zur Türkei und nach Armenien seien geöffnet, auch wenn die Reise durch das Land schwierig und gefährlich sei. Das gilt sicher jetzt, nach dem Eintritt der USA in den Krieg, umso mehr. Sowohl für Israel, als auch für den Iran hatte die deutsche Regierung zuvor die Idee verworfen, Konvois etwa mit Bussen zu organisieren. "Dies würde zusätzlich lange Fahrten - und mitunter Wartezeiten bedeuten und damit angesichts der andauernden Luftangriffe eine erhebliches Wegerisiko schaffen", hieß es von Seiten der Bundesregierung.