Messerangriff im Zug in England: Wohl kein Terror-Anschlag
Veröffentlicht 2. November 2025Zuletzt aktualisiert 2. November 2025
Um 19.42 Uhr (Ortszeit) wurden am Samstagabend die Einsatzkräfte alarmiert. In einem Zug der London North Eastern Railway (LNER) war es zu einem blutigen Zwischenfall gekommen. Bei einer Messerattacke wurden mehrere Menschen niedergestochen und schwer verletzt.
Der Angriff ereignete sich auf der Fahrt von Doncaster im Norden Englands nach London. Der Zug wurde daraufhin in Huntingdon nahe Cambridge gestoppt, bewaffnete Polizisten waren im Einsatz. Der Rettungsdienst schickte zahlreiche Krankenwagen, Notfallteams und drei Rettungshubschrauber zum Bahnhof.
Dramatische Szenen im Zug
Zehn Menschen seien ins Krankenhaus eingeliefert worden, teilte die britische Bahnpolizei mit. Zunächst galten neun von ihnen als lebensgefährlich verletzt. Jetzt befinden sich noch zwei der Opfer in lebensbedrohlichem Zustand. Vier weitere konnten mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen werden, teilte der Chef der Bahnpolizei, John Loveless am Sonntagvormittag mit.
Passagiere schildern dramatische Szenen. Ein Zeuge sagte der Zeitung "The Times", er habe einen Mann mit einem großen Messer und "überall Blut" gesehen. Bahnreisende hätten sich in den Toiletten eingeschlossen.
Ein Passagier berichtete dem Sender BBC, er habe Leute rufen hören, "Lauft, lauft, da ist jemand, der alle ersticht!". Er habe zunächst gedacht, es handele sich um einen Halloween-Streich. Als die Passagiere jedoch an ihm vorbeistürmten, um zu fliehen, habe er bemerkt, dass seine Hand voller Blut war. Es stammte nach Angaben des Zeugen von einem Sitz, an den er sich gelehnt hatte.
Welche Tatwaffe verwendet wurde, ist noch unklar. Zwei Verdächtige wurden nach dem Vorfall festgenommen. Die Tatverdächtigen im Alter von 32 und 35 seien in Großbritannien geboren und hätten einen Migrationshintergrund, heißt es.
In der Nacht wurde die britische Anti-Terror-Polizei zu den Ermittlungen hinzugezogen, laut British Transport Police handelt es sich um einen "schwerwiegenden Vorfall". Doch die Ermittler gehen nicht von einem "terroristischen" Motiv der Tat aus. "Zu diesem Zeitpunkt deutet nichts darauf hin, dass dies ein terroristischer Vorfall ist", so Bahnpolizei-Chef Loveless.
Innenministerin warnt vor Spekulationen
Premierminister Keir Starmer sprach von einem "zutiefst beunruhigenden" Vorfall. "Meine Gedanken sind bei allen Betroffenen, und mein Dank gilt den Rettungskräften für ihren Einsatz", so Großbritanniens Regierungschef.
Innenministerin Shabana Mahmood rief die Bevölkerung dazu auf, "in dieser frühen Phase Kommentare und Spekulationen zu vermeiden". Neue Informationen zum Stand der Ermittlungen würden mitgeteilt, sobald es neue Erkenntnisse gebe.
Huntingdon liegt in der ostenglischen Grafschaft Cambridgeshire rund hundert Kilometer nördlich von London. Der Bahnhof der Kleinstadt wurde nach Angaben des Streckenbetreibers National Rail gesperrt.
Die London North Eastern Railway stellte wegen des Polizeigroßeinsatzes den Bahnverkehr auf ihrem gesamten Streckennetz ein. LNER bedient Strecken im Osten Englands und in Schottland, mit Halten unter anderem in London, Cambridge, York und Edinburgh.
Immer wieder Messergewalt in Großbritannien
Nach Regierungsangaben hat die Messergewalt in England und Wales seit 2011 stetig zugenommen. Starmer sprach in diesem Zusammenhang von einer "nationalen Krise".
Im Rahmen der Bemühungen seiner Regierung, die Messerkriminalität binnen zehn Jahren zu halbieren, wurden in England und Wales nach Angaben des Innenministeriums fast 60.000 Messer "beschlagnahmt oder abgegeben". Das Tragen eines Messers in der Öffentlichkeit kann mit bis zu vier Jahren Gefängnis bestraft werden. Die Zahl der tödlichen Messerangriffe ging nach Angaben der Regierung im vergangenen Jahr um 18 Prozent zurück.
Vor wenigen Wochen hatte ein mit einem Messer bewaffneter Angreifer vor einer Synagoge in Manchester einen Mann getötet. Dieser Angriff Anfang Oktober wurde von britischen Behörden als "terroristisch" eingestuft.
AR/pgr (dpa, afp, rtr, ap)