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Özil: "Rassismus in der Mitte der Gesellschaft"

17. Oktober 2019

Mesut Özil verteidigt erneut sein umstrittenes Foto mit Recep Tayyip Erdogan und geht in die Offensive: Der Profi des FC Arsenal aus London sieht nach dem Anschlag in Halle ein großes Rassismus-Problem in Deutschland.

Deutschland, Berlin: DFB-Praesentation des neuen adidas-Trikots mit Mesut Özil
Ein Bild aus früheren Tagen: Mesut Özil vor seinem Rücktritt aus der NationalelfBild: picture-alliance/T. Eisenhuth

Lange war es still um Mesut Özil. Nun wählte er knapp 15 Monate nach seinem Rücktritt aus der Nationalmannschaft das Portal "The Athletic" als Bühne für seine Gedanken zum Fußball, der Nationalmannschaft und seinem Heimatland Deutschland. Die jüngsten Eindrücke des Anschlags von Halle machen Özil nachdenklich: "Es gibt große Probleme in Deutschland - schaut, was in der vergangenen Woche in Halle passiert ist. Eine weitere antisemitische Attacke. Unglücklicherweise ist Rassismus nicht mehr länger ein Thema der Rechten. Es hat sich in die Mitte der Gesellschaft verlagert.", sagte der 31 Jahre alte Fußball-Weltmeister von 2014 im Interview mit "The Athletic", das am Donnerstag erschien.

Özil nimmt Bezug auf den Anschlag eines bewaffneten Mannes am vergangenen Mittwoch in Halle. Aus antisemitischen und rechtsextremen Motiven hatte der Mann versucht, in eine mit mehr als 50 Gläubigen besetzte Synagoge zu gelangen. Als das scheiterte, erschoss er vor der Synagoge eine 40 Jahre alte Frau und kurz darauf einen 20 Jahre alten Mann in einem nahe gelegenen Dönerladen. Auf seiner Flucht verletzte der Schütze auch ein Ehepaar schwer.

"Ich wurde rassistisch beschimpft"

Neben der deutschen Gesellschaft kritisierte Özil einmal mehr auch den DFB. Er habe sich "schutzlos und nicht respektiert" gefühlt, beschrieb er seine Gefühlswelt nach dem umstrittenen Foto mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan vor der WM 2018. "Es fühlte sich so an, dass wenn ich mich dafür entschuldige und zugebe, dass es ein Fehler war, alles gut wäre", sagte er. "Das würde ich nie tun." Und Özil ging noch weiter: "Rassismus war immer da, aber diese Situation wurde von diesen Menschen als Entschuldigung dafür genutzt, ihn auszuleben. Jeder kann seine eigene Meinung haben. Aber das im Anschluss hat ihren Rassismus sichtbar für jeden offenbart."

Er fühlt sich offenbar alleingelassen von denen, die früher noch zu ihm standen: "Ich wurde rassistisch beschimpft, sogar von Politikern und Prominenten. Niemand von der Nationalmannschaft hat sich hingestellt und gesagt: 'Stop! Das ist unser Spieler, ihr könnt ihn nicht so beleidigen.' Alle haben geschwiegen und ließen es passieren.“ Zudem hätten sich einige Geschäftspartner von ihm abgewandt und Wohltätigkeitsorganisationen ihn als Botschafter fallengelassen.

"Respektieren, was ich für Deutschland getan habe"

Das Foto mit Erdogan verteidigte er erneut: "Er ist aktuell der Präsident der Türkei und ich würde dieser Person immer Respekt zollen, wer auch immer es ist. Auch wenn ich in Deutschland geboren und aufgewachsen bin, die Türkei ist Teil meiner Identität. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel in London sein würde und würde mich treffen und sprechen wollen, würde ich das natürlich genauso machen. Es geht darum, Respekt gegenüber dem höchsten Amt eines Landes zu zeigen."

Trauzeuge Erdogan (2. v.r.) gratuliert Mesut Özil (2. v. l.) und seiner Frau zur HochzeitBild: picture-alliance/dpa/Presidential Press Service

Özil hatte Erdogan zu seiner Hochzeit im Juni am Bosporus eingeladen. Nicht nur als Gast, sondern sogar als Trauzeuge. Auch diese Geste wurden in Deutschland als symbolischer Akt gedeutet. Für den Bundestrainer Joachim Löw und Nationalmannschafts-Direktor Oliver Bierhoff war er hingegen bei einem Besuch in London nicht erreichbar. Mit Blick auf die Öffentlichkeit in Deutschland stellte Özil klar, dass die Menschen ihn nicht lieben müssen. Aber: "Sie sollten respektieren, was ich für Deutschland getan habe. Meine Generation hat den deutschen Fußball verändert. Es ist seitdem schöner anzuschauen." Das Kapitel Nationalmannschaft ist für ihn aber definitiv vorbei, betonte Özil dessen Worte in Fußball-Deutschland Nachhall haben dürften.

 

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