1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Olympic Moments

Alexander Göbel

1968 - die Studenten gehen auf die Straße, und die Afro-Amerikaner kämpfen für mehr Bürgerrechte. Bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko sorgt eine Siegerehrung mit zwei schwarzen Athleten für einen Eklat.

Die US-Athleten Tommie Smith (Mitte) und John Carlos (rechts) protestieren während der Siegerehrung in Mexiko gegen Rassismus in den USA. (AP Photo)
Politische Demonstration nach der MedaillenvergabeBild: AP

Star Spangled Banner – die US-Hymne ist eigentlich das Zeichen der Einheit Amerikas schlechthin. Doch in der verzerrten Woodstock-Version von Jimi Hendrix wird der geheuchelte melting pot kritisch hinterfragt. Zu Recht, denn 1968 war es nicht weit her war mit Amerikas innerer Einheit. Und dass Olympia schon lange vor der Tibet-Diskussion politisch war - das zeigt die Geschichte von Thommie Smith und John Wesley Carlos. Dabei haben sie zunächst nur den Medaillenspiegel ihres Landes erhöhen wollen – Gold für Smith, Silber für Carlos im 200m Finale der Herren.


Schwarze Handschuhe und Socken

Während am Abend des 17. Oktober bei der Siegerehrung über 200 m die US-Fahne gehisst und die Hymne gespielt wird, strecken die beiden Amerikaner ihre in einen schwarzen Handschuh gehüllt Faust in den dunklen Himmel - das Symbol der „Black Power”. Den Blick zum Boden gesenkt tragen sie als Zeichen der Armut schwarze Socken. Carlos war auf die Idee mit den Handschuhen gekommen. Die beiden Medaillengewinner hatten jedoch nur ein Paar, das Smith gehörte, also mussten sie es teilen. So kam es, dass Olympiasieger Smith die rechte Faust in den Himmel streckte, Carlos die linke. Beide waren jedoch keine Anhänger der „Black Panther”, deren radikaler Führer Malcolm X den schwarzen Handschuh erst bekannt gemacht hatte. Ihr Hoffnungsträger hieß Martin Luther King, der zuvor seinen Traum mit dem Leben bezahlt hatte. Smith und Carlos wollten ein Zeichen setzen gegen Rassismus und Ungerechtigkeit- aber auch gegen den blutigen Einsatz der mexikanischen Armee gegen die Studenten, die im Zentrum der Olympiastadt gegen den autoritären Präsidenten Diaz Ordaz protestiert hatten. Beobachter schätzen die Zahl der Toten auf über 320.



Hoher Preis für stummen Protest

Das IOC reagierte empört auf die Aktion von Smith und Carlos, doch bevor das NOK der USA die beiden ausschließen konnte, verließen sie das Olympische Dorf. Carlos stellte ein Jahr später zwar noch einmal den Weltrekord über 110 yards ein, seine Karriere aber war ebenso wie die von Tommie Smith praktisch beendet. Smith wurde später Professor am Oberlin College und Trainer in Santa Monica. Carlos arbeitet in Palm Springs als Sicherheitsbeauftragter. „Ich habe damals ungezählte Morddrohungen erhalten“ sagt Tommie Smith heute, „aber das alles war es wert. Weil ich an die Menschenrechte glaubte, sah ich es als meine moralische Verpflichtung an, diesen Moment zu nutzen. In meinem Land herrschten Rassismus und Ungerechtigkeit. Und ich stand auf einer weltweiten Bühne, im Trainingsanzug der USA.”


Moral bei Olympia: Smith und Carlos als Vorbilder?

Die Welt haben Smith und Carlos damals nicht verändert, aber sie haben den Finger in die Wunde gelegt, eine Wunde, die Rassismus hieß und Ungerechtigkeit, Intoleranz und Ausbeutung. Bei Olympia begeben sich politisch engagierte Sportler allerdings auf dünnes Eis. Regel 61 der Olympischen Charta lässt keinen Zweifel: „Jede politische, religiöse oder rassistische Demonstration oder Propaganda ist an den olympischen Sportstätten untersagt.” Das galt schon damals, vor 40 Jahren, an jenem Abend in Mexico-City. Und das gilt auch in Peking – im Sommer 2008.