1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mexiko: Fehlstart in die Privatisierung

Andreas Knobloch 16. Juli 2015

Nur ein Bruchteil der ausgeschriebenen Öl- und Gasfelder im Golf von Mexiko findet Abnehmer. Nicht zuletzt schwierige Rahmenbedingungen sorgen für einen Stotterstart der umstrittenen Energiereform.

Erdölförderung in Mexiko
Bild: AFP/Getty Imag/O. Torres

Mit einer herben Enttäuschung endete der für Mexiko geschichtsträchtige 15. Juli 2015. Am diesem Tag wurden die ersten Förderlizenzen für vierzehn Öl- und Gasfelder im südlichen Golf von Mexiko versteigert. Mit dieser ersten Vergaberunde endete das 77 Jahre bestehende staatliche Monopol im mexikanischen Energiesektor.

Doch Beteiligung und Ausbeute blieben weit hinter den Erwartungen der Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto zurück. Gerade einmal zwei Förderlizenzen wurden vergeben. Im Vorfeld hatte das Energieministerium die Vergabe von mindestens fünf Feldern als Marke genannt, um von einem erfolgreichen Start in die Privatisierung der mexikanischen Erdöl- und Erdgasförderung zu sprechen.

"Wir sind weit hinter dem erwarteten Ziel zurückgeblieben", sagte Juan Carlos Zepeda, Präsident der Nationalen Kommission für fossile Brennstoffe. "Aber es ist zu früh, daraus Schlüsse zu ziehen." Die großen mexikanischen Tageszeitungen "Reforma" und "El Universal" gaben sich weniger zurückhaltend und sprachen unisono von einem "Fiasko".

Mexikanisches Unternehmen erhält Zuschlag

Bei der live im mexikanischen Fernsehen sowie im Internet übertragenen Vergaberunde wurden insgesamt sieben Offerten abgegeben, die aber mehrheitlich unter den von der mexikanischen Regierung festgelegten Mindestgeboten lagen.

Die erste Vergaberunde der Förderlizenzen: "Weit hinter dem erwarteten Ziel zurückgeblieben"Bild: Getty Images/AFP/M. Calls

Den Zuschlag für die beiden vergebenen Öl- und Gasfelder vor der Küste der Bundesstaaten Veracruz und Tabasco erhielt das erst im vergangenen Jahr gegründete mexikanische Unternehmen Sierra Oil & Gas, in einen Fall zusammen mit dem US-amerikanischen Unternehmen Talos Energy, im anderen zusammen mit der britischen Premier Oil. Erst im März hatte die Regierung in Mexiko-Stadt die Teilnahmebedingungen für mexikanische Unternehmen vereinfacht - wohl auch in Anbetracht der absehbar schleppenden Beteiligung internationaler Konzerne.

Die Verträge mit Sierra Oil & Gas und Partnern sollen am 21. August unterschrieben werden. Danach kann das Konsortium mit Operationen auf mexikanischem Territorium beginnen. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Regierung 56 beziehungsweise 69 Prozent des operativen Gewinns erhält.

Bedenken von links gegen die Energiereform

Die im Sommer 2014 beschlossene Energiereform von Präsident Peña Nieto, die die mexikanischen Öl- und Gasvorkommen für privates Kapital öffnet, ist in Mexiko politisch hoch umstritten. Für nicht wenige geht es dabei um den Heiligen Gral nationaler Unabhängigkeit.

In harschen Worten spricht der Grandseigneur der mexikanischen Linken, Cuauhtémoc Cárdenas, in einem Meinungsartikel in der Tageszeitung "La Jornada" von "Unterwerfung" unter die Interessen ausländischer Konzerne. Die Reform bedeute nicht weniger als "den Verlust der Kontrolle über unsere natürlichen Ressourcen und den Verlust von Einnahmen, die helfen würden, sich um die sozialen Bedürfnisse sowie die institutionelle Schwäche des Staates selbst zu kümmern", so der 81-Jährige Cárdenas.

Es war sein Vater gewesen, der damalige mexikanische Präsident Lázaro Cárdenas, der 1938 alle ausländischen Energiekonzerne in Mexiko enteignet und Erdöl und Erdgas verstaatlicht hatte. Bis zu der von Peña Nieto angestoßenen Reform hatte sich keine nationale Regierung getraut, dieses in der Verfassung verankerte Paradigma mexikanischer Energiepolitik anzurühren.

Schwierige Rahmenbedingungen und fehlendes Vertrauen

Vielen Beobachtern galt die erste Vergaberunde als Fingerzeig, ob die Privatisierungsstrategie der Regierung aufgeht. Demnach sind die Aussichten alles andere als rosig. Von den von der Regierung veranschlagten und erhofften Investitionen in Höhe von rund 18 Milliarden US-Dollar für die vierzehn ausgeschriebenen Öl- und Gasfelder fließen nun gerade einmal 2,6 Milliarden.

Ölförderung durch den Staatskonzern PemexBild: picture-alliance/Zuma Press

Die in der ersten Runde ausgeschriebenen Fördergebiete gehörten allerdings auch nicht zu den attraktivsten. Kritiker bemängelten, dass nicht alle geologischen Informationen bereitgestellt worden wären. Hinzu kamen Unklarheiten über Steuerkonditionen.

Vier weitere Ausschreibungsrunden stehen noch an; die nächste am 30. September. Insgesamt sollen 169 Öl- und Gasfelder versteigert werden. Ein weitaus größeres Interesse wird für die Vergabe der Lizenzen für Tiefwasserbohrungen im Golf von Mexiko erwartet, die im Dezember versteigert werden sollen.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind derzeit jedoch alles andere als vorteilhaft: Der weltweite Ölpreisverfall, der Einbruch des Mexikanischen Pesos gegenüber dem US-Dollar und das trotz zahlreicher Strukturreformen schleppende Wirtschaftswachstum haben dazu beigetragen, dass selbst in wohlwollenden Kreisen die Begeisterung für Peña Nietos Schlüsselreform abgeflaut ist.

Ausländische Ölkonzerne haben zudem in der Vergangenheit wiederholt ihre Besorgnis über den hohen Grad an Korruption in Mexiko geäußert. Die spektakuläre Flucht von Drogenboss Joaquin "el Chapo" Guzmán dürfte das Vertrauen in die staatlichen Institutionen und ihre Fahigkeiten zur Korruptionsbekämpfung erneut schwer erschüttert haben.