1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KriminalitätMexiko

Mexiko: Tausende erinnern an die 43 verschwundenen Studenten

27. September 2024

Trauer und Wut: Zehn Jahre nach dem Verschwinden der jungen Männer im Bundestaat Guerrero ziehen Hinterbliebene zum Regierungssitz. Sie prangern Vertuschung an.

Demonstranten tragen ein Plakat mit einer rot aufgemalten "43", daneben steht: "AYOTZINAPA - NI SE PERDONA NI SE OLVIDA"
"Weder verzeihen noch vergessen": Angehörige der 43 Vermissten und solidarische Demonstranten ziehen am Donnerstag durch die mexikanische HauptstadtBild: Vaclav Lang/ZUMAPRESS/picture alliance

Zehn Jahre nach dem Verschwinden von 43 Studenten in Mexiko haben Angehörige und solidarische Demonstranten eine Aufklärung des Falles gefordert. Nach Behördenangaben zogen mindestens 10.000 Menschen zum Nationalpalast, dem Sitz der Regierung am Zócalo-Platz in Mexiko-Stadt. Viele von ihnen skandierten: "Lebendig wurden sie uns genommen, lebendig wollen wir sie wiederhaben!"

Macht des Staates: Sicherheitskräfte in der Nähe des Nationalpalasts, dem Sitz der RegierungBild: Afredo Estrella/AFP/Getty Images

Eine Demonstrantin sagte der Nachrichtenagentur AFP, sie fühle "Traurigkeit, Schmerz und Wut". Die Frau, deren Bruder unter den Vermissten ist, war zusammen mit ihrer Mutter aus dem Bundesstaat Guerrero angereist, um an der Kundgebung teilzunehmen. "Weil ich nichts weiß, ist die Wunde noch offen", sagte die 33-Jährige.

Hinterbliebene: Präsident will nicht, dass alles ans Licht kommt

Dem scheidenden Staatsoberhaupt Andrés Manuel López Obrador werfen die Hinterbliebenen vor, er habe zu wenig getan, um das Verbrechen aufzuklären; vor allem habe er kein Interesse daran, dass eine mögliche Verwicklung der Streitkräfte ans Licht komme. Nur wenn die Armee mit den zivilen Ermittlungsbehörden kooperiere, könne in Erfahrung gebracht werden, was tatsächlich geschah, so die Väter und Mütter der Verschleppten.

Aufbegehren gegen die Ohnmacht: Demonstranten entzünden ein Feuer am Schutzzaun, den die Behörden vor dem Nationalpalast errichten ließenBild: Franyeli Garcia/AFP/Getty Images

López Obrador, der zum Ende des Monats von seiner Parteifreundin Claudia Sheinbaum im Amt abgelöst wird, sagte auf einer Pressekonferenz, er habe alles in seiner Macht Stehende getan. Von Vertuschung könne keine Rede sein. Zugleich versprach er, seine Nachfolgerin werde die Ermittlungen weiter vorantreiben. Sheinbaum eröffnete inzwischen einen Dialog mit den Angehörigen.

UN-Menschenrechtskommissariat kritisiert Ermittlungen

Das mexikanische Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte begrüßte dies als "ersten Schritt" in Richtung einer effizienteren strafrechtlichen Verfolgung. Zugleich kritisierte das Nebenorgan der UN-Generalversammlung das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen als unbefriedigend. Weitere Schritte seien notwendig, um den Fall vollständig aufzuklären, die Beteiligten zur Rechenschaft zu ziehen und das Vertrauen zwischen den Familien der Vermissten und der Regierung wiederherzustellen.

Wut und Gewalt: Im März rammten Demonstranten bei einem Protest gegen die schleppenden Ermittlungen eine Seitentür des Regierungssitzes Bild: Valentina Alpide/AFP/Getty Images

Die Studenten waren in der Nacht vom 26. auf den 27. September 2014 verschwunden. Sie wollten ursprünglich mit einem Bus in die Hauptstadt fahren, um wenig später an einer Kundgebung teilzunehmen. Zum weiteren Ablauf gibt es verschiedene Theorien.

Von korrupten Polizisten festgenommen

Noch während der Amtszeit des früheren Präsidenten Enrique Peña Nieto, der bis 2018 im Amt war, hatte die Staatsanwaltschaft erklärt, die Angehörigen eines Lehrerseminars seien in der südlichen Stadt Iguala von korrupten Polizisten festgenommen und an das Drogenkartell Guerreros Unidos übergeben worden - im Glauben, es handele sich um eine rivalisierende Bande. Die Verbrecher hätten die Studenten dann umgebracht.

Eine Wahrheitskommission kam zu dem Schluss, es handele sich um ein "Staatsverbrechen", an dem nicht nur die organisierte Kriminalität, sondern auch offizielle Stellen beteiligt gewesen seien. Der seinerzeit verantwortliche Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam wurde wegen mutmaßlicher Rechtsbeugung festgenommen und angeklagt.

Kränze ohne Begräbnis: Im September 2019, fünf Jahre nach dem Verschwinden der jungen Männer, erinnerten Angehörige in Iguala an die dort VerschlepptenBild: Francisco Robles/AFP/Getty Images

2022 wurden alle 43 Studenten für tot erklärt. Die Eltern sagen jedoch, ohne den Fund der sterblichen Überreste könne man das nicht akzeptieren. Bislang wurden lediglich verbrannte Knochenfragmente von dreien der jungen Männer identifiziert; daher wird befürchtet, dass auch alle übrigen getötet wurden.

jj/se (dpa, afp, epd)