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Verschreckt AMLO die Wirtschaft?

Nicolas Martin
3. Juli 2018

Ein Linksnationalist wird Mexikos neuer Präsident. López Obrador versucht, Unternehmer und Wirtschaft mit versöhnlichen Worten zu beruhigen. Doch seine Aussagen sind widersprüchlich.

Mexiko Andres Manuel Lopez Obrador mit Unterstützern  in Mexico City
Bild: Getty Images/AFP/P. Pardo

Er hat gekämpft, er hat es geschafft: Nach seinem gescheiterten Versuch im Jahr 2012 ist Andrés Manuel López Obrador - kurz AMLO - nun in Mexikos höchstes Amt gewählt worden. Knapp 53 Prozent der Wähler entschieden sich für seine linksnationalen Wahlversprechen. Doch wie seine Politik aussehen mag, darüber gibt es Zweifel.

Nach seinem Wahlsieg sprach Obrador vor vielen Tausenden auf dem Hauptplatz in Mexiko Stadt: Er wolle die Renten verdoppeln, ein Recht auf Arbeit einführen und mehr Stipendien auf den Weg bringen. Wenig später kündigte der 64-jährige AMLO an, auf Haushaltsdisziplin zu achten und den Gürtel enger schnallen zu wollen. Anfangen will er bei sich selbst: So verzichtet er zukünftig auf eine Präsidentenmaschine für Reisen und will auch bei den Staatsgehältern den Rotstift ansetzen. Die mexikanische Börse reagierte mit Unruhe. Auch der Peso verlor zunächst an Wert, hat sich aber wieder gefangen.

Neuer Protektionismus?

Obrador hat die Wahl vor allem gewonnen, weil der der weitverbreiteten Korruption den Kampf angesagt hat. Außerdem solle der aktuelle wirtschaftspolitische Kurs des Landes überdacht werden. Mexiko ist über etliche Freihandelsabkommen im internationalen Welthandel verwoben. Internationale Autobauer - darunter deutsche - produzieren in Mexiko und verschiffen ihre Ware meist zollfrei in andere Länder -  vor allem in die USA.

Große Symbolkraft - die Liberalisierung von Mexikos Ölindustrie war vielen ein Dorn im AugeBild: Getty Images/AFP/A. Estrella

Von den möglichen Reformen ist vor allem die potenzielle Rückverstaatlichung der Ölindustrie der größte Aufreger. Für Birgit Lamm von der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung in Mexiko City ist es durchaus denkbar, dass er diesen Schritt geht, "um seinen gewerkschaftlichen Anhängern einen politischen Gefallen zu tun". Tatsächlich liegt im Ölsektor viel Symbolkraft. So war der staatliche PEMEX-Mineralölkonzern 75 Jahre ein Zeichen der Stärke und Unabhängigkeit Mexikos. Die Verstaatlichung im Jahr 2013 war gerade für viele Linke ein Tabubruch.

NAFTA-Verhandlungen in der Dauerschleife?

Es sei auch nicht auszuschießen, dass Obrador im Zusammenhang mit der Erneuerung des NAFTA-Abkommens "gezielte Maßnahmen gegen die USA" ergreift, sagt Birgit Lamm auf Anfrage der DW weiter. Das Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada vor rund 24 Jahren war für Mexiko Grundlage eines langen aber auch umstrittenen Aufschwungs. Mexiko ist heute nach Brasilien die zweitgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas. 

Donald Trump hat einseitig Strafzölle auf kanadisches und mexikanisches Aluminium erhoben und will NAFTA neu verhandeln. Doch die Beratungen stocken. Wegen der anstehenden Wahlen formulierte der mexikanische Verhandlungsführer Ildefonso Guajardo die Prämisse: "Wir müssen vor dem 1. Juli zu einem Ergebnis kommen". Das hat nicht geklappt. 

Mexiko und die USA verbindet eine 1300 Kilometer lange Grenze. Während die Waren noch hin und her fließen, versuchen die USA mit Grenzzäunen der Einwanderung aus Mexiko entgegenzuwirken. Bild: Getty Images/AFP/J. Watson

Doch AMLO ließ bereits kurz nach seiner Wahl verlauten, dass er an NAFTA festhalten wolle. Johannes Hauser, Geschäftsführer der deutsch-mexikanischen Industrie- und Handelskammer (Camexa), glaubt nicht, dass es einen "Neustart" der Verhandlungen geben werde. "Führende Mitglieder aus dem Wirtschaftsteam des künftigen mexikanischen Präsidenten haben versichert, dass sie die Verhandlungsstrategie der derzeitigen mexikanischen Regierung unterstützen", so Hauser auf Anfrage der DW.

Für Birgit Lamm von der Naumann-Stiftung ist derweil klar, "dass AMLO durch das gute Wahlergebnis eine stärkere Verhandlungsposition haben wird als die scheidenden Regierung." Wie konstruktiv die weiteren Verhandlungen über die Freihandelszone laufen werden, ist noch nicht ausgemacht. Trump und AMLO geben sich allergrößte Mühe, die freundschaftlichen Beziehungen zu betonen.

Deutsche Unternehmen mit gemischten Gefühlen

Für Unternehmen aus Deutschland ist Mexiko der wichtigste Markt in Lateinamerika. Der bilaterale Handel beider Länder hat sich laut Camexa seit 2010 verdoppelt und betrug 2017 mehr als 20 Milliarden Euro. Für die insgesamt 1900 deutschen Unternehmen in Mexiko sei ein gutes Klima mit den USA wichtig. Vor allem für die Automobilindustrie hätten Eingriffe in die eng abgestimmten Wertschöpfungsketten Nachteile, so Hauser von Camexa.

Er verweist allerdings auf die grundsätzlich positive Stimmung. So wollen laut einer Camexa-Umfrage zwei Drittel der im Land ansässigen Unternehmen weiter investieren. Birgit Lamm bekommt diesbezüglich auch andere Signale. In informellen Kreisen sei sehr wohl zu hören, "dass man zunächst einmal abwarten will, wie sich der wirtschaftspolitische Kurs entwickelt und sich mit größeren und langfristigen Investitionen zurückhält."

Arrangement mit den mexikanischen Unternehmen

AMLO hat sich derweil wohl bereits mit der heimischen Wirtschaft verständigt. Sein neuer Wirtschaftsminister soll der Geschäftsmann Alfonso Romo Garza werden. Der hatte ihn auch schon während der Wahl beraten und dauerhaft gepredigt: "Wir sind keine Radikalen". Dafür spricht auch sein Lebenslauf: Roma besitzt eine Gesellschaft, die Investmentfonds verwaltet, investiert in Biotechnologie und gilt als sehr wohlhabend. "Wir wollen, dass Mexiko weiter wächst, dabei aber die Armen an die Hand nehmen", sagte Romo im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Der Unternehmer Alfonso Romo Garza wird neuer WirtschaftsministerBild: picture-alliance/ZUMAPRESS.com/Agencia EL UNIVERSAL

Auch während seiner Zeit als Bürgermeister von Mexiko Stadt vom 2000 bis 2005 hatte sich AMLO mit den Unternehmern arrangiert, weshalb viele Beobachter davon ausgehen, dass er keine wirtschaftsfeindliche Politik fahren wird. Dennoch ist weiterhin fraglich, wie er am Ende die Quadratur des Kreises hinbekommen möchte: Förderprogramme für die Armen, ohne das Haushaltsdefizit des Landes zu vergrößern.

Laut seinen eigenen Schätzungen kostet die Vetternwirtschaft den Staat rund 25 Milliarden Euro. Mit seinem Kampf gegen Korruption will er dieses Geld dafür nutzen. Doch Obrador ist nicht der erste mexikanische Präsident, der am Kampf gegen die korrupten Eliten und Drogenringe des Landes gescheitert ist. Weitere Klarheit bei Kritikern und Befürwortern könnte AMLO Amtsantritt am 1. Dezember bringen. Bis dahin will er daran arbeiten, wie sich seine Wahlversprechen umsetzen lassen.

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