Zwischen Tradition und Zukunft
7. August 2010
"Borussia Mönchengladbach" stand über Jahrzehnte für begeisternden Konterfußball. Die temporeiche und offensive Spielweise, mit der die Mannschaft in den 1970er Jahren die Bundesliga mit vorwiegend jungen Spielern dominierte, brachte der Mannschaft weltweit den Spitznamen Fohlenelf ein. "Es waren vor allen Dingen Günter Netzer, Jupp Heynckes, Bernd Rupp, Herbert Laumen, das waren die Jungfohlen und ich glaube die sind hauptsächlich daran schuld, dass dieser Name zustande kam", erinnert sich der damalige Offensivspieler und spätere Trainer Horst Köppel.
Dominanz in der Liga und in Europa
In der Statistik ist die Elf vom Niederrhein immer noch einer der erfolgreichsten Clubs im deutschen Fußball. Fünf Meistertitel, drei DFB-Pokalsiege und zwei UEFA-Pokalerfolge - das ist die Bilanz des Vereins, der mit über 42.000 Mitgliedern der sechstgrößte in Deutschland ist. Gegründet wurde der VFL am 1. August 1900, der Aufstieg in die Bundesliga gelang 1965, zusammen mit dem FC Bayern München. Das Kopf-an-Kopf-Rennen beider Vereine hielt ganz Fußball-Deutschland ein Jahrzehnt lang in Atem. Doch zu Beginn der 1980er Jahre war Schluss damit, die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten ließen die beiden deutschen Topclubs unterschiedliche Wege gehen. "Wir hatten halt den Nachteil, dass die Bayern einfach durch das Olympiastadion, was ja 1972 schon eröffnet wurde und 1974 dann zur WM gespielt wurde, wesentlich mehr Einnahmen hatten", betont Köppel: "Die Bayern haben dann immer mehr Vorsprung geholt. Wir mussten immer wieder gute Leute verkaufen, da wurde die Schere immer größer." Das habe sich mit der Zeit natürlich bemerkbar gemacht, vor allem dann in den achtziger und auch in den neunziger Jahren, resümiert der ehemalige Nationalspieler.
DFB-Pokalsieg als letzter Titel
Der Titelreigen der 1970er Jahre war Vergangenheit, der Anschluss an den einstmaligen Rivalen aus München längst verloren. Mit dem Gewinn des DFB-Pokals 1995 gab es den ersten Titel für die Borussia seit dem Uefa-Cup-Sieg 1979: Es sollte der bis heute letzte sein. Großen Anteil an diesem Erfolg hatte Mittelfeldakteur Stefan Effenberg: "Ich glaube, dass es mein Tag war, aber auch der Tag für Mönchengladbach. Die Stadt, der Verein, die haben 16 Jahre auf irgendeinen Titel gewartet und wir haben es geschafft einen Titel zu holen." Darauf könnten alle Spieler stolz sein, die dabei gewesen seien, sagt Effenberg noch heute.
Abstiegskampf und neues Stadion
Aber auch das ist längst Vergangenheit. Seither hat der Traditionsverein zweimal den bitteren Gang in die zweite Bundesliga mit anschließendem Wiederaufstieg hinter sich bringen müssen. Im Sommer 2004, zwischen den beiden Ausflügen ins Fußball-Unterhaus, zog der VfL vom alt ehrwürdigen Bökelberg in den neuen Borussia Park um. Aktuell feiert der Verein sein 110-jähriges Bestehen und hat die dritte Saison nach der erneuten Rückkehr in die deutsche Eliteliga vor sich. Trainer Michael Frontzeck, selbst ein Mönchengladbacher Urgestein, beschreibt die Situation so: "Ich glaube, dass dieser Bau des Borussia Parks bei den Leuten unglaubliche Erwartungen mit sich gebracht hat. Sie dachten, es geht schneller wieder nach oben. Aber das ist halt nicht so." Es dauere alles seine Zeit, betont der ehemalige Nationalspieler und frühere Borussen-Profi. Aber gerade diese Saison habe gezeigt, dass das Publikum auch in schlechten Phasen Geduld gehabt habe mit der Borussia. Und das habe sich letzten Endes auch gelohnt. "Wir haben unser Saisonziel erreicht und zwar klar erreicht. Wir haben eine junge Mannschaft mit Perspektive, die wir von Saison zu Saison, Stück für Stück wieder dahin führen wollen, wo sie mal war." Aber das sei natürlich ein sehr, sehr langer Weg, der nicht von heute auf morgen zu erreichen sei, betont Frontzeck.
Behutsamer Aufbau und Etablierung in der Liga
In der abgelaufenen Saison sicherte sich der VfL bereits am 32. Spieltag, ironischerweise durch ein 1:1 gegen den alten Rivalen und späteren Deutschen Meister FC Bayern München, den Klassenerhalt. Mit Trainer Frontzeck arbeitet Sportdirektor Max Eberl akribisch an Borussias Zukunft. Auch er fordert Geduld ein und baut darauf, dass die junge Mannschaft in der letzten Spielzeit einiges dazu gelernt hat: "Erfahrung bedeutet im Fußball ganz einfach Qualität und deswegen haben wir schon die Hoffnung, dann auch Spiele, die wir dieses Jahr trotz Führung noch verloren haben, vielleicht auch mal über die Runden zu bringen." In der konkreten Zielsetzung bleibt Eberl bewusst bescheiden: "Ohne jetzt Tabellenplätze oder Punkte vorzugeben denken wir, dass wir wieder eine Saison schaffen, in der wir als gestandenes, festes Mitglied in der Bundesliga spielen werden."
Autor: Calle Kops
Redaktion: Arnulf Boettcher