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Microsoft verlässt Deutschland wegen Patentklagen

2. April 2012

Der US-Softwarekonzern Microsoft verlagert sein europäisches Logistikzentrum von Deutschland in die Niederlande. Als Grund nannte das Unternehmen die Gefahr eines nachteiligen Urteils vor einem deutschen Patentgericht.

Das Banner der Microsoft Spielkonsole Xbox auf der Consumer Electronics Show 2012 in Las Vegas. (Foto: AP)
Bild: dapd

Die europäische Distributionszentrale werde von Düren im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen in die benachbarten Niederlande ziehen, gab Microsoft am Montag bekannt. Der Umzug habe bereits begonnen.

Über das Logistikzentrum laufen Lieferungen diverser Microsoft-Produkte für ganz Europa, darunter das Computer-Betriebssystem Windows und die Spielekonsole Xbox. Vom Umzug sind rund 100 Mitarbeiter betroffen. Die sind allerdings nicht direkt bei Microsoft beschäftigt, sondern beim Logistik-Dienstleister Arvato, eine Bertelsmann-Tochter, die das Zentrum für Microsoft betreibt.

Microsoft begründete den Umzug mit einem Rechtsstreit, den das Unternehmen mit dem Handyhersteller Motorola vor dem Landgericht Mannheim führt. Dabei geht es um Patente an einem Standardverfahren zur Videokompression, genannt H.264.  Das Urteil des Gerichts wird am 17. April erwartet.

Ein Microsoft-Sprecher sagte am Montag, das Risiko einer Unterbrechung von Lieferungen sei einfach zu hoch. Das Unternehmen befürchtet, dass das Mannheimer Gericht den Vertrieb des Betriebssystems Windows oder der Spielekonsole Xbox verbieten könnte.

Verkaufsverbote durch deutsche Gerichte

Deutsche Gerichte haben bereits mehrfach Verkaufsverbote verhängt. Im Februar dieses Jahres verbot das Landgericht Mannheim der Firma Apple für einen Tag den Vertrieb einiger Modelle des iPhone und des iPad über Apples Online-Shop. Und seit dem Urteils eines Düsseldorfer Gerichts im vergangenen Sommer darf der koreanische Technologiekonzern Samsung seinen iPad-Konkurrenten Samsung Galaxy-Tab 10.1 in Deutschland nicht mehr verkaufen. Ähnliche Verfahren vor Gerichten in den Niederlanden hatten nicht zu Verkaufsverboten geführt.

In Deutschland sind eine Reihe von Patentklagen anhängig. Es laufen diverse Prozesse in Mannheim, Düsseldorf und München, in denen sich Technologiefirmen gegenseitig vorwerfen, Patente zu verletzten. Microsoft und Motorala sind in mehrere Verfahren vor deutschen Gerichten verwickelt, außerdem Apple, Samsung und HTC.

"Epizentrum der Patentsrechtsklagen"

Der Patentsrechtsexperte Florian Müller schrieb in seinem Blog, fosspatents.com, Deutschland sei "das neue Epizentrum" der Patentrechtsklagen. Das deutsche Rechtssystem erleichtere den Missbrauch von Standardpatenten, so Müller.

"Deutschland ist bekannt dafür, dass Patentinhaber hier gute Erfolgsaussichten haben", sagte Joachim Henkel, Wirtschaftsprofessor an der Technischen Hochschule München, der Nachrichtenagentur dpa.

Microsoft und Motorola halten beide zahlreiche Patente. In den Prozessen sind sie mal Kläger, mal Beklagter. Der Suchmaschinenbetreiber Google ist dabei, Motorola für 12,5 Milliarden US-Dollar zu übernehmen, auch, um sich Patente für sein mobiles Betriebssystem Android zu sichern. Die EU-Kommission und die US-Kartellwächter haben die Übernahme bereits gebilligt. Allerdings warnten sie, dass sie den Umgang mit Patenten besonders im Auge behalten werden.

bea/wl (dpa, afp, rtr)