1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Dobrindt bekräftigt Wende bei Migration und Innenpolitik

16. Mai 2025

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt stellt im Bundestag ein umfassendes Programm für strengere Migration und weitreichende Befugnisse für Polizei und Nachrichtendienste vor. Der Kurs: deutlich härter als bisher.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt am Rednerpult des Bundestags
Innenminister Alexander Dobrindt am Freitag im Deutschen BundestagBild: IMAGO/Political-Moments

Der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat im Bundestag einen grundlegenden Kurswechsel in der Migrations- und Innenpolitik angekündigt. Im Zentrum seines Arbeitsprogramms für die kommenden vier Jahre stehen eine "Migrationswende", verschärfte Grenzkontrollen, mehr Abschiebungen sowie das Ende freiwilliger Aufnahmeprogramme.

"Die Bürger erwarten von uns einen Politikwechsel", sagte Dobrindt in seiner Rede. Dieser habe nun begonnen an den deutschen Grenzen. Wenige Stunden nach seinem Amtsantritt hatte er bereits die Anweisung gegeben, die Grenzkontrollen zu intensivieren. Künftig sollen Asylsuchende bereits an der Grenze zurückgewiesen werden können - ein Schritt, den frühere Regierungen mit Verweis auf europäisches Recht abgelehnt hatten.

Dobrindt und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (l.) besuchen eine Grenzkontrollstelle an der Autobahn 93Bild: Peter Kneffel/dpa/picture alliance

Dobrindt verteidigte diese Entscheidung vehement: Die Erkenntnisse der letzten zehn Jahre hätten gezeigt, dass illegale Migration "die Stabilität unseres Landes" gefährde. Vor allem Kommunen seien durch die anhaltend hohe Zahl an Schutzsuchenden "am Limit", so der Minister. Die neue Linie zielt daher auf eine Reduzierung der irregulären Migration ab - durch konsequentere Rückführungen, auch in Konfliktländer wie Afghanistan und Syrien.

Kritik an fehlenden Maßnahmen der Vorgängerregierung

Gleichzeitig kündigte Dobrindt an, die sogenannte Expresseinbürgerung abzuschaffen und den Familiennachzug für Geflüchtete mit subsidiärem Schutzstatus auszusetzen. Deutschland bleibe dennoch "ein weltoffenes Land", betonte Dobrindt. "Wir sind offen für legale Migration in unseren Arbeitsmarkt und in unserer Gesellschaft. Aber was die illegale Migration anbelangt, hat die Integrationsfähigkeit eines Landes schlichtweg eine Belastungsgrenze."

Deutschlands neue Migrationspolitik stößt auf Kritik

02:01

This browser does not support the video element.

Scharfe Kritik richtete Dobrindt insbesondere an die Grünen, die seiner Ansicht nach durch ihre Haltung in der früheren Ampel-Regierung (SPD, Grüne, FDP) die Migrationsprobleme verschärft hätten. Dobrindt warf der Partei vor, durch die Blockade notwendiger Maßnahmen zur gesellschaftlichen Spaltung beigetragen zu haben. Diese Polarisierung habe stark zugenommen, wie das gestiegene Wahlergebnis der in Teilen rechtsextremen AfD zeige.

Dobrindt: Dublin-Verfahren ist "dysfunktionales" System

Er wies zudem Vorwürfe zurück, die geplanten Zurückweisungen widersprächen europäischem Recht. Zwar schreibt die sogenannte Dublin-Verordnung vor, dass Schutzsuchende in dem EU-Staat Asyl beantragen müssen, in dem sie erstmals europäischen Boden betreten. Dobrindt jedoch beruft sich auf nationales Recht, das Zurückweisungen zulässt - auch wenn dies im Widerspruch zur bisherigen Praxis steht.

Dublin-Verordnung: Regeln für Asylverfahren in Europa

01:17

This browser does not support the video element.

"Die Gefahr für Europa geht doch nicht von denen aus, die ein erkennbar dysfunktionales Migrationssystem wieder funktionsfähig machen wollen", sagte er mit Blick auf seine Kritiker. Vielmehr drohe die Gefahr von jenen, "die das dysfunktionale System zur europäischen Idee erklären wollen".

Mehr Befugnisse für Polizei und Geheimdienste

Ein weiteres zentrales Element von Dobrindts Agenda ist die umfassende Stärkung der Sicherheitsbehörden. Der Werkzeugkasten der Polizei müsse besser gefüllt sein, forderte er. Dazu soll unter anderem die Speicherung von IP-Adressen wieder eingeführt werden - ein Instrument, das in Deutschland zuletzt 2017 ausgesetzt wurde, nachdem der Europäische Gerichtshof die damalige Regelung für europarechtswidrig erklärt hatte.

Laut Koalitionsvertrag der neuen Regierung aus von Union und SPD ist nun eine dreimonatige Speicherpflicht für IP-Adressen und Portnummern geplant - "verhältnismäßig und verfassungskonform", wie es heißt. Dobrindt betonte die Bedeutung dieses Instruments: IP-Adressen seien "oft der einzige Ermittlungsansatz", um Straftaten aufzudecken. "Wir werden diese systematische Straflosigkeit nicht zulassen, sondern systematische Entdeckungsrisikos für Schwerstkriminelle schaffen."

Zudem soll die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung ermöglicht werden - ein Verfahren, das den Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation erlaubt, bevor diese überhaupt verschlüsselt wird. Auch die Nachrichtendienste sollen mehr Befugnisse erhalten, insbesondere beim Datenaustausch und dem Einsatz künstlicher Intelligenz zur Analyse großer Datenmengen.

Dobrindt stellte klar, dass die neue Bundesregierung auch in der Innenpolitik einen anderen Kurs fahren werde als die Vorgängerregierung. Maßnahmen wie Kennzeichnungspflichten für Polizeibeamte oder spezielle Beschwerdestellen, wie sie die Ampel-Parteien geplant hatten, lehnt er ab. Sie stellten aus seiner Sicht die Polizei pauschal unter Generalverdacht.

Entschlossen gegen Extremismus

Zuletzt betonte Dobrindt, dass die Bundesregierung sich weiterhin entschlossen gegen alle Formen des Extremismus stellen werde - "egal aus welcher Richtung sie kommen", sagte Dobrindt und nannte in dieser Reihenfolge: Antisemitismus, Israelhass, Islamismus, Linksextremismus und Rechtsextremismus.

Als Beleg führte er das kürzlich ausgesprochene Verbot der Reichsbürgergruppe "Königreich Deutschland" an, das am Dienstag in Kraft trat. Dabei lobte er ausdrücklich die Vorarbeit seiner Amtsvorgängerin Nancy Faeser (SPD), die die Maßnahme noch eingeleitet hatte.

pgr/wa (rtr, kna, dpa, afp)

Redaktionsschluss: 16.30 Uhr (MESZ) - dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.