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Sicherheitspaket: Bundestag und Bundesrat nicht einig

Lisa Hänel mit Agenturen
Veröffentlicht 15. Oktober 2024Zuletzt aktualisiert 18. Oktober 2024

Die Regierungsparteien in Deutschland wollten neue Asyl- und Sicherheitsregelungen. Nun hatte der Bundestag das Sicherheitspaket angenommen. Der Bundesrat hat aber Teile davon wieder gestoppt.

Gelbes Waffenverbotsschild am Hauptbahnhof in Hamburg mit durchgestrichenen Messern  und Waffen
Unter anderem sind verschärfte Waffengesetze Teil der neuen RegelungenBild: Christian Ohde/CHROMORANGE/picture alliance

Es sei "die richtige Antwort auf die aktuellen Bedrohungen durch islamistischen Terrorismus, durch Antisemitismus, durch Rechts- und Linksextremismus.“ Das sagte Deutschlands Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Bundestag zum Auftakt der Debatte. Faeser meint das neue Sicherheitspaket. Dieses sei auch eine "starke Reaktion auf den furchtbaren Terror von Solingen". Mit 361 Ja-Stimmen wurde das Sicherheitspaket, das Verschärfungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts sowie des Waffenrechts vorsieht, im Bundestag angenommen. 290 Abgeordnete stimmten dagegen, neun enthielten sich der Stimme. 

Der Bundesrat, die Vertretung der 16 deutschen Bundesländer, hat im Anschluss aber Teile des Pakets wieder gestoppt. Er muss bei bestimmten Gesetzen seine Zustimmung geben, wenn die Regelungen auch Belange der Bundesländer betreffen.

Diesen Sommer hatte der mutmaßlich islamistische Anschlag eines Syrers in der Stadt Solingen mit drei Toten für heftige Debatten zur inneren Sicherheit in Deutschland gesorgt.

Die Bundesregierung versprach daraufhin härtere Gesetze im Kampf gegen Islamismus und Verschärfungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts sowie des Waffenrechts. Auch weil Anfang September Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen stattfanden, bei denen die als rechtsextrem eingestufte Alternative für Deutschland AfD an Wählerstimmen zulegte. Die AfD hatte Sicherheit und Asyl zum Hauptwahlkampfthema gemacht.

Bei einem mutmaßlich islamistischen Anschlag in Solingen griff ein Angreifer auf einem Stadtfest anBild: Rolf Vennenbernd/AP Pool/dpa/picture alliance

Zuvor hatte es bereits Kritik an den Plänen gegeben, weshalb die Regierungsparteien aus SPD, FDP und Grünen noch einmal nachjustierten.

Was sieht das sogenannte Sicherheitspaket vor?

Das neue Sicherheitspaket sieht eine Verschärfung beispielsweise des Waffenrechts vor. Messerverbote werden ausgeweitet, teilweise soll auf bestimmten Veranstaltungen ein absolutes Verbot gelten, mit Ausnahmen beispielsweise in der Gastronomie.

Außerdem ist vorgesehen, dass die Befugnisse von Bundespolizei und Bundeskriminalamt (BKA) erweitert werden. Sie dürfen einen biometrischen Abgleich zur Gesichtserkennung in bestimmten Fällen durchführen, allerdings nur bei der Verfolgung schwerster Straftaten.

Bundesinnenministerin Faeser (rechts) im Gespräch mit Bundesaußenministerin Baerbock bei ersten Beratungen des Pakets im BundestagBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Die meisten Diskussionen gab es im Vorfeld um Verschärfungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht. Das Paket sieht vor, die Sozialleistungen von bereits ausreisepflichtigen Geflüchteten, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, bevor sie nach Deutschland kamen, zu kürzen. Allerdings mit der Ausnahme, dass dies nur für jene Geflüchteten gelten soll, bei denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Ausreise für "rechtlich und tatsächlich möglich" hält.

Zudem werden Abschiebungen nach schweren Straftaten erleichtert. Und, wenn Asylberechtigte in ihr Heimatland ausreisen, ist dies künftig ein Grund, ihnen den Schutzstatus abzuerkennen. Aber auch hier soll es Sonderfälle geben, wie Beerdigungen eines Elternteils.

Die Unionsfraktion hätte sich weiterreichende Regelungen gewünscht. "Dieses sogenannte Sicherheitspaket ist weitgehend wirkungslos", sagte der innenpolitische Sprecher Alexander Throm während der Debatte im Bundestag.

Clara Bünger von der Linkspartei sprach von ineffektiven Scheinlösungen gegen Extremismus und Islamismus.

Welche Kritik gab es bereits zuvor?

An Kritik an den Ampel-Plänen mangelte es bereits vor der Abstimmung nicht. Aus der Opposition, von CDU und CSU, hieß es, das Paket sei durch die letzten Änderungen "durchlöchert wie ein Schweizer Käse".

Der CDU-Politiker und Innenminister Nordrhein-Westfalens Herbert Reul erklärte im Deutschlandfunk, er habe große Zweifel, dass dieses Paket am Ende Probleme löse. Er forderte mehr Spielraum für Polizei und Verfassungsschutz.

Der Richterbund sprach vorab von einem "Mini-Päckchen". Mit den nun verabredeten Messerverboten und neuen Befugnissen der Polizei werde für die innere Sicherheit nicht viel gewonnen. Etwas Entscheidendes sei außerdem unterlassen worden: die Ampel-Parteien hätten sich nicht auf eine Neuregelung zur Speicherung von IP-Adressen geeinigt, was tatsächlich einen Unterschied bei der Kriminalitätsbekämpfung gemacht hätte.

Mehr Befugnisse bei der Erfassung von Überwachungsdaten rief vorab Datenschützer auf den PlanBild: Daniel Kubirski/picture alliance

Andererseits wurde bereits vor den Verhandlungen über das Paket Grundsätzliches kritisiert. Die Arbeitsgemeinschaft Migration der SPD beanstandete, warum angesichts islamistischer Taten Regeln für alle Asylbewerber verschärft werden. "Die Maßnahmen haben mit Solingen kaum noch etwas zu tun, stellen aber eine ganze Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht und dürften einiges Chaos in den Behörden verursachen", kritisierte der Vorsitzende Aziz Bozkurt, der Staatssekretär für Soziales in der Berliner Landesregierung ist.

Die Journalistin und Migrationsexpertin Gilda Sahebi äußerte sich zudem bereits vor der Abstimmung im Bundestag auf X und sprach eine falsche Fokussierung der Vorhaben an: "Interessant, dass sich ein Gesetzentwurf „Sicherheitspaket“ nennt, das Menschen die Sozialleistungen streicht und damit die Gefahr von Vereinsamung, Kriminalität und Radikalisierung erhöht. Mit mehr Sicherheit hat das nichts zu tun. Nur mit (nicht funktionierendem) AfD-Wählerfang."

Nach der nun erfolgten Abstimmung im Bundestag mussten Teile der Vorlagen, die noch der Zustimmung bedürfen, direkt an den Bundesrat weitergeleitet werden. Verschärfungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht sowie im Waffenrecht bedurften keiner Zustimmung und passierten den Bundesrat. Geplante erweiterte Befugnisse für Sicherheitsbehörden fanden hingegen keine Zustimmung der Länderkammer, also beispielsweise die Abgleichung biometrischer Daten. Bundestag und Bundesregierung können dazu nun den Vermittlungsausschuss anrufen, um eine Einigung mit den Ländern zu finden.

Dieser Text wurde am 18.10. aktualisiert

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