Migration und Sicherheit in Afrika
13. Februar 2009Im letzten Jahr hat sich eine erste Internationale Konferenz zu Migration und Sicherheit mit Afrika und der "Festung Europa" beschäftigt. Diesmal liegt der Fokus auf Afrika selbst. Allein in Afrika südlich der Sahara leben derzeit mehr als 16 Millionen Migrantinnen und Migranten - ganz normale Erwerbstätige, Saisonarbeiter und Flüchtlinge.
Migration ist ein inner-afrikanisches Problem
Noch immer ist in der öffentlichen Meinung die Vorstellung weit verbreitet, dass der Großteil der afrikanischen Migrantinnen und Migranten nach Europa bzw. die entwickelten Staaten des Nordens geht. Dies sei jedoch nicht der Fall, betont Clara Fischer, Projektleiterin am Bonner Konversionszentrum BICC. "Nur 1,5 Prozent aller Menschen aus Afrika südlich der Sahara lebt etwa in Staaten der Europäischen Union. Über zwei Drittel aller Migrantinnen und Migranten aus Ländern südlich der Sahara wandern jedoch innerhalb der Region aus."
Sudan, Kongo, Somalia: "Unfreiwillige" Migration
Etwa ein Fünftel der weltweiten Flüchtlingsbevölkerung und etwa die Hälfte der weltweit 25 Millionen intern Vertriebenen lebt in Afrika. Weltweit die meisten so genannten IDPs (Internally displaced persons) gibt es im Sudan. Sechs Millionen Menschen sind vor den Krisen in Darfur und im Südsudan geflohen. Auch die Demokratische Republik Kongo ist nach wie vor Schauplatz von Flüchtlingsdramen - vor allem im Osten des Landes fliehen derzeit fast 400.000 Menschen vor der Gewalt marodierender Rebellengruppen, fast anderthalb Millionen sind Binnenflüchtlinge. In Uganda hat der Kampf der Lord's Resistance Army (LRA) zu ähnlich erschreckenden Zahlen geführt, ein ähnliches Bild zeigt sich nach mehr als zehn Jahren Bürgerkrieg in Somalia.
Die Rolle der Aufnahmeländer
Tansania, Tschad und Uganda zählen zu den zehn größten Aufnahmeländern von Flüchtlingen weltweit. Kamerun, Sudan und Kenia gehören zu den Ländern Afrikas, die 2007 die höchste Zahl neuer Flüchtlinge beherbergt haben. Sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene setzen sich afrikanische Organisationen wie ECOWAS (Economic Community Of West African States) und die AU (Afrikanische Union) mit den Herausforderungen auseinander. So will die AU im April 2009 einen Sondergipfel zu Flüchtlingen, Rückkehrern und IDPs durchführen.
Clara Fischer vom Bonner Konversionszentrum BICC ist es wichtig, die Unterschiede der Migration genau zu definieren: "Als unfreiwillige Migrantinnen und Migranten gelten heute nicht nur Flüchtlinge und aufgrund von Konflikten Binnenvertriebene (IDPs), sondern zunehmend auch Menschen, die durch Umweltkatastrophen, Umweltzerstörung und Entwicklungsprojekte vertrieben wurden."
Migration hat Auswirkungen auf die Sicherheit
"Unfreiwillige Migration hat nicht nur tiefgreifende humanitäre und soziale Konsequenzen für die betroffenen Menschen, sondern wirkt sich auch auf die gesellschaftlichen Prozesse in den Herkunfts-, Transit- und Aufnahmeländern aus", so Clara Fischer. Flucht und Vertreibung, vor allem infolge von bewaffneten Konflikten, hätten tiefgreifende Folgen für Entwicklung, Stabilität und Sicherheit der betroffenen Staaten und stellten besondere Handlungsanforderungen an die Politik auf allen Ebenen und das internationale humanitäre Regime.
Umweltschäden und Ressourcenknappheit
Afrika ist ein Kontinent der Landwirtschaft, das Leben vion Millionen Menschen hängt unmittelbar von Umweltbedingungen ab. Wenn die Böden austrocknen, die Wüstenbildung immer weiter voranschreitet, das Trinkwasser verseucht ist, werden diese Menschen zur Auswanderung gezwungen. "Das Gewicht von Umweltfaktoren könnte künftig in Folge von Klimawandel, Bevölkerungswachstum und Entwicklung zunehmen. Auch große Entwicklungsprojekte wie Staudämme oder andere Infrastrukturmaßnahmen können zu Umweltveränderungen führen, die die Umsiedlung von Bevölkerungsgruppen notwendig macht", warnt Projektleiterin Clara Fischer von BICC.
Migration in Afrika wird immer weiblicher
In Afrika machen Frauen knapp 47 Prozent der grenzüberschreitenden Migration aus, Tendenz steigend. Beim BICC sieht man Gründe hierfür in der Armut in vielen Ländern. Anderseits veranlasse auch ein verbesserter Zugang zu Bildung Frauen in Afrika dazu, ihre Chancen in der Migration zu suchen. Frauen und Kinder seien auch besonders betroffen von Vertreibung und Flucht: "Menschenrechtsverletzungen wie Vergewaltigungen und Missbrauch, Überfälle und Angriffe durch Angehörige einer oder mehrerer Konfliktparteien, Zwangesrekrutierung durch bewaffnete Gruppen oder Menschenhandel sowie die Gefahr, die von Landminen ausgeht, bedrohen generell die Sicherheit und Integrität von Flüchtlingen und IDPs", betont Clara Fischer. "Aber es sind vor allem Frauen und Mädchen, die zu Opfern sexueller Gewalt werden, die für sie häufig oft selbst zur Fluchtursache wird. Innerhalb der Flüchtlinge gehören Kinder, die ihre Eltern verloren haben oder von ihnen getrennt wurden, Witwen und ältere Menschen zu der schutzlosesten und gefährdetsten Gruppe."