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Politik

Militärregime in Myanmar lässt Häftlinge frei

30. Juni 2021

Unter den 2300 Personen sind auch einige Demonstranten gegen den Militärputsch vom Februar sowie Journalisten. Laut Menschenrechtlern sind ebensoviele Demonstrierende noch hinter Gittern.

Myanmar | Freilassung Gefangene Demonstranten
Ein Bus voller Ex-Häftlinge verlässt das Insein-Gefängnis in YangonBild: AP Photo/picture alliance

Landesweit seien 2296 Menschen freigekommen, teilte das Militärregime mit, das seit dem Putsch vom 1. Februar die Macht in Myanmar innehat. Zuvor hatte der stellvertretende Informationsminister der myanmarischen Militär-Regierung, Generalmajor Zaw Min Tun, gesagt, es handele sich um "jene, die an den Protesten teilgenommen, sich aber nicht an der Gewalt beteiligt, Verbrechen begangen oder Aufstände angeführt haben".

Auch mehrere Journalisten, die wegen ihrer Berichterstattung über die Kundgebungen festgesetzt wurden, kamen frei. Allerdings blieben andere Medienschaffende in Haft. Die Nachrichtenagentur AFP nannte etwa den US-Journalisten Danny Fenster. Die Journalistin Kay Zon Nway von der Online-Plattform Myanmar Now war unter den Freigelassen. Sie erklärte, sie habe "viele Dinge" im Gefängnis erlebt, über die sie jedoch erst später sprechen werde.

Zweifelhafter Anschein von geringeren Repressionen

Allein aus dem Insein-Gefängnis in Yangon, das als Haftanstalt für politische Gefangene berüchtigt ist, wurden rund 700 Personen freigelassen. Das Staatsfernsehen berichtete über Freilassungen auch in der Hauptstadt Naypyitaw sowie Mandalay. Lokalen Medien zufolge gab es auch in abgelegeneren Orten Freilassungen, so etwa in der im Westen des Landes gelegenen Stadt Hakha, die als eine Hochburg der Militärgegner gilt.

Weiter in Haft: der US-Journalist Danny FensterBild: Fenster Family/AFP

Mit Stichtag Dienstag, also vor der Befreiungsaktion, saßen laut der Menschenrechtsorganisation AAPP, die sich für politische Gefangene einsetzt, insgesamt 5224 Personen im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen den Putsch in myanmarischen Gefängnissen. In einer AAPP-Stellungnahme zu den Freilassungen hieß es: "Die heutigen Ereignisse sollen den Anschein erwecken, es gebe eine Lockerung der Repression durch die Junta. Das ist nicht der Fall. Tatsächlich plant die Junta, noch mehr Zivilisten zu verhaften und zu foltern. Die Menschen, die in den Gefängnissen bleiben, werden härter gefoltert als die Freigelassenen."

In den offiziellen Erklärungen im Staatsfernsehen hieß es, die meisten oder sogar alle Freigelassenen hätten wegen ihrer Rolle bei den Protesten eingesessen. Hervorgehoben wurde der Strafrechtsparagraph 505(a), der bis zu drei Jahre Haft vorsieht für die Verbreitung von Kommentaren, die die öffentliche Ordnung stören oder Angst oder Falschnachrichten schüren.

Ein Ex-Gefangener im Bus in die FreiheitBild: AP Photo/picture alliance

Der Myanmar-Experte des Thinktanks International Crisis Group, Richard Horsey, sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Während die Freilassungen von den jeweiligen Personen und zusammengeführten Familien begrüßt werden, werden sie nichts dazu beitragen, den Widerstand der Bevölkerung gegen das Militärregime zu schwächen."

Junta will nicht Junta genannt werden

Zeitgleich zu den Freilassungen gab das vom Militär kontrollierte Informationsministerium über sein Propagandablatt "Global New Light of Myanmar" bekannt, man wolle rechtliche Schritte gegen ausländische Medienhäuser einleiten, die die Führung als Junta und ihre Machtergreifung im Februar als Putsch bezeichnen. "Mehrere ausländische Nachrichtenagenturen wurden verwarnt, die Regierung nicht mehr weiter als Militärrat/Militärjunta/Junta zu bezeichnen und keine Falschnachrichten zu zitieren und aufzubauschen", hieß es in der Stellungnahme. Das Militärregime bezeichnet sich selbst als "Staatsverwaltungsrat".

Warum gerade jetzt?

Offiziell gab es keine Begründung für den Zeitpunkt der Aktion. Am 18. Juni hatte die UN-Generalversammlung eine Resolution verabschiedet, in der ein Waffenembargo gegen Myanmar gefordert wird und die den Militärputsch verurteilt. Unklar ist ebenfalls, ob ein neuerlicher Anstieg der Corona-Infektionen eine Rolle gespielt haben könnte: Zuletzt wurden 1312 neue Fälle innerhalb eines Tages gemeldet. Das Portal "Our World In Data" gibt die Sieben-Tage-Inzidenz für das Land mit 17 an, wobei das Gesundheitssystem seit dem Putsch kaum noch funktioniert und sehr wenig getestet wird.

Ikone der Protestbewegung: Aung San Suu Kyi, die von der Junta vor Gericht gestellt wurdeBild: AFP

Seitdem das Militär die Macht übernommen hat, gehen Einsatzkräfte immer wieder brutal gegen Anhänger der Demokratiebewegung vor. Dabei wurden bislang mindestens 880 Zivilisten getötet. Inzwischen sind die von der Armee als Grund für die Machtübernahme angeführten Vorwürfe der Wahlmanipulation mehrfach widerlegt. Die frühere de-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi steht seitdem unter Hausarrest und steht wegen einer Reihe von Anklagepunkten vor Gericht. Erst seit Prozessbeginn Mitte Juni ist ihr der persönliche Kontakt zu ihrer Anwältin gestattet.

ehl/kle (ap, rtr, dpa, afp, kna)

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