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Politik

China will Herr der Lüfte werden

14. Februar 2018

Moskau will aufrüsten, Peking rüstet auf. In der Luft und auf See will China den USA auf Augenhöhe begegnen. Die Welt wird dabei kein sicherer Ort, sagt IISS-Experte Bastian Giegerich im DW-Gespräch.

China Kampfflugzeug J-20
Der Tarnkappen-Kampfjet Chengdu J-20Bild: Reuters/China Daily

DW: Herr Giegerich, imIISS-Bericht zum militärischen Gleichgewicht in der Welt schauen Sie in diesem Jahr besonders auf China. Peking rüstet seine Luftwaffe gewaltig auf. Verliert Washington seine militärische Überlegenheit in der Luft?

Bastian Giegerich: China ist noch nicht auf Augenhöhe mit den USA. Aber die Chinesen holen in einigen Bereichen sehr schnell auf oder überholen sogar. In diesem Jahr etwa stellt Peking eine Rakete in Dienst, die von einem Kampfflugzeug aus sehr weit entfernte Ziele in der Luft treffen kann. Und 2020 wird die Chengdu J-20, eine Maschine mit Tarnkappeneigenschaften, einsatzbereit sein. Die Tage, in denen die USA und ihre westlichen Verbündeten in der Luft fast frei agieren konnten, sind vorüber.

Auf dem Wasser scheint es ähnlich auszusehen?

Ja. China hat in den letzten vier Jahren etwa so viel Tonnage an Schiffen und U-Booten gebaut, wie die britische Marine insgesamt besitzt - und damit mehr, als die französische Marine auf und unter Wasser bewegen kann.

Welches Ziel verfolgt China damit?

China will in der Lage sein, seine militärische Kraft über weite Entfernungen einsetzen zu können. Da geht Peking sehr systematisch vor und macht große Fortschritte. Man schließt eine Lücke nach der anderen. Letztes Jahr wurden neue Zerstörer in Dienst gestellt. Jetzt baut man den ersten selbst entwickelten Flugzeugträger. Ganz wichtig ist auch, dass man am Horn von Afrika in Dschibuti einen Marinestützpunkt eingerichtet hat. All das hilft China, seine Macht auf dem Seeweg auszuweiten.

Ganz anders Ihre Analyse, was Russland angeht: Moskau hat Probleme bei der Modernisierung seiner Streitkräfte?

Bastian Giegerich ist Verteidigungsexperte am Londoner Militärinstitut IISSBild: James Clements

Russland hat ambitionierte Ziele. Aber wirtschaftliche Schwierigkeiten setzen dem militärischen Modernisierungsprogramm Grenzen. Nach Einschnitten in den letzten zwei Jahren versucht Moskau nun, seine Verteidigungsausgaben zu stabilisieren. Aber im Gegensatz zu China setzt Russland seine Streitkräfte in Konflikten ein, in Syrien, in der Ukraine. Dabei konnte Moskau viel Erfahrungen sammeln mit neu entwickelten Technologien, das ist ein strategischer Vorteil. Insofern fordern sowohl China als auch Russland die westliche, die US-amerikanische Militärdominanz heraus.

Eine Antwort Trumps auf diese Herausforderung ist es, die Europäer zu mehr Rüstungsausgaben zu drängen. Ist das der Grund, warum die Militärausgaben zur Zeit nirgends so schnell wachsen wie in Europa?

Es wäre falsch, hier von einem Trump-Effekt zu sprechen. Der Druck aus Washington spielt bestimmt eine Rolle, aber schon seit 2014, vor seinem Amtsantritt, steigen die Verteidigungsausgaben in Europa. Ich denke, man ist sich in Europa einfach bewusst geworden, dass die Welt ein gefährlicher Ort ist. Ausgelöst vor allem durch die aggressivere russische Außenpolitik und den Konflikt in der Ukraine. Aber trotzdem gaben die Europäer inflationsbereinigt 2017 nicht mehr aus als 2010. Sie sind also noch weit entfernt von ihren eigenen Ansprüchen.

Wenn man in Ihrem Bericht von "der Möglichkeit eines Konflikts zwischen den Großmächten" liest und davon, dass sie ihr Atomwaffenarsenal modernisieren, dann wird einem Angst und bange. Sind wir zurück am Beginn der 1980er Jahre?

Nicht ganz. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Konflikts ist wohl höher als zu jedem anderen Zeitpunkt in den letzten 20 Jahren. Zum Teil, weil China und Russland die Dominanz der USA herausfordern. Aber das heißt noch lange nicht, dass es dazu kommen muss. Bei der Modernisierung der nuklearen Arsenale geht es China und Russland vor allem darum, mögliche Abwehrsysteme zu überwinden. Sie entwickeln deshalb Hyperschallgeschwindigkeits-Gleitfluggeräte.

Können Sie erklären, was das ist?

Extrem schnelle Trägersysteme für Raketen. Sie sind zu schnell für Abwehrraketen und ihre Flugbahn ist viel schwieriger vorherzusagen.

Machen solche neuen Technologien die Welt Ihrer Meinung nach sicherer?

Tja, es gibt immer einen Kreislauf von Aktion und Reaktion. Wenn Technologien wie diese die Verteidigung gegen einen Nuklearschlag erschweren, dann wird die Welt damit erst einmal ein etwas gefährlicher Ort. Aber es geht ja immer auch um Innovationen bei den Abwehrtechnologien, nicht nur bei denen zum Angriff. Wenn so etwas einsatzbereit ist, wird sich zeigen, ob dadurch die Balance der Mächte aus dem Gleichgewicht gerät.

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