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KonflikteGabun

Militärs in Gabun stürzen Regierung und Präsident Bongo

Veröffentlicht 30. August 2023Zuletzt aktualisiert 30. August 2023

Wenige Tage nach den umstrittenen Wahlen in Gabun haben Soldaten nach eigenen Angaben die Regierung von Präsident Ali Bongo Ondimba abgesetzt. Dieser rief in einem Video zum Protest auf.

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Glücksmomente nach dem Putsch Bild: Desirey Minkoh/Afrikimages/IMAGO

Eine Gruppe hochrangiger Militärs verkündete in einer im Fernsehsender "Gabon 24" verbreiteten Ansprache das "Ende des derzeitigen Regimes, um "den Frieden zu verteidigen". Die Präsidenten- und Parlamentswahlen in Gabun vom vergangenen Wochenende seien nicht glaubwürdig gewesen und die Ergebnisse würden annulliert. Die staatlichen Institutionen seien aufgelöst, darunter die Regierung, der Senat, die Nationalversammlung und das Verfassungsgericht.

Die Putschisten ernannten General Brice Oligui Nguema zum Übergangspräsidenten. Oligui sei "einstimmig zum Präsidenten des Komitees für den Übergang und die Wiederherstellung von Institutionen, zum Übergangspräsidenten" ernannt worden, sagte ein Offizier in Anwesenheit Dutzender hochrangiger Militärs in einer ebenfalls auf "Gabon 24" verlesenen Erklärung.

Wie lange die Übergangszeit der Armee an der Macht dauern soll, gaben die Putschisten nicht bekannt. Oligui ist der Chef der Republikanischen Garde.

Feierstimmung in der Hauptstadt LibrevilleBild: AFP/Getty Images

Gabuns Grenzen bleiben bis auf weiteres geschlossen. Augenzeugen berichten von Schüssen in der Hauptstadt Libreville. In verschiedenen Vierteln der Hauptstadt versammelten sich demnach hunderte Menschen, die hupend durch die Straßen fuhren und "Gabun ist befreit!" und "Bongo raus!" riefen. 

Die Militärs begründeten den Schritt mit der "unverantwortlichen, unvorhersehbaren Regierungsführung" unter Staatschef Ali Bongo Ondimba, die zu einem "kontinuierlichen Verfall des sozialen Zusammenhalts" geführt habe, der das Land "ins Chaos" zu stürzen drohe. Sie gaben an, für das "Komitee für den Übergang und die Wiederherstellung der Institutionen" zu sprechen. 

Putsch in Gabun: Menschen feiern in Libreville

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Unter den Männern, die sich als "Komitee für den Übergang und die Wiederherstellung der Institutionen" präsentierten, befanden sich Mitglieder der Republikanischen Garde, einer Eliteeinheit des Präsidenten, sowie Soldaten der regulären Armee und Polizisten.

Ali Bongo Ondimba steht nach Angaben der Militärs im Kreise seiner Familie und Ärzte unter Hausarrest. Einer seiner Söhne sei wegen "Hochverrats" festgenommen worden, teilten die Anführer des Putschs im Staatsfernsehen mit. In der Gegend um Bongos Amtssitz war es am Mittwochmorgen laut Augenzeugenberichten ruhig.

Präsident Bongo bittet um Unterstützung

Ali Bongo wandte sich derweil von seinem Hausarrest aus mit einem Appell an die Öffentlichkeit. Er rief das gabunische Volk dazu auf, "Lärm zu machen"  in Bezug auf "die Leute hier, die mich und meine Familie festgenommen haben". In einem kurzen Internet-Video erklärte er, dass er unrechtmäßig in seiner Residenz festgehalten werde.

Der geschasste Präsident Ali Bongo meldete sich aus dem Hausarrest zu WortBild: TP advisers on behalf of the President's Office/AP Photo/picture alliance

In dem Video ist er auf einem Sessel zu sehen. "Mein Sohn ist irgendwo, meine Frau ist an einem anderen Ort und ich bin in der Residenz und nichts passiert, ich weiß nicht, was los ist." "Ich rufe Sie dazu auf, Krach zu schlagen", wiederholt Bongo drei Mal. 

Erst das offizielle Wahlergebnis - dann der Putsch

Zuvor hatte die Wahlkommission Ali Bongo zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt. Bongo habe bei der Abstimmung, die am Samstag stattfand, 64,27 Prozent der Stimmen erhalten. Bongos größter Herausforderer, Albert Ondo Ossa, erhielt demnach 30,77 Prozent der Stimmen. Bongos Familie regiert das zentralafrikanische Land seit 56 Jahren. Ali Bongo Ondimba übernahm das Amt 2009 von seinem Vater Omar Bongo, der von 1967 bis zu seinem Tod regiert hatte. Erstmals wurden gleichzeitig der Präsident, das Parlament und auf kommunaler Ebene gewählt.

Die Putschisten hatten ihre Machtübernahme im Fernsehsender "Gabon 24" erklärtBild: Gabon 24/AFP

Internationale Beobachter waren bei der Wahl nicht zugelassen. Anfragen ausländischer Journalisten auf Akkreditierung wurden systematisch abgelehnt. Die Wahlen waren überschattet von Betrugsvorwürfen und Unregelmäßigkeiten. Wahllokale öffneten nach Berichten der Opposition zu spät oder gar nicht, zudem fehlten die Stimmzettel mit dem Namen von Bongo-Herausforderer Ondo Ossa in vielen Büros.

Der gabunische Exil-Journalist Jocksy Ondo Louemba bezeichnete die Wahl in Gabun vom vergangenen Samstag im Gespräch mit der DW als ungerecht, absurd und eine Farce. Er betonte, die Armee habe geputscht, um nicht schon wieder Proteste, wie nach der Präsidentschaftswahl von 2016, gewaltsam unterdrücken zu müssen.

Die Tatsache, dass die Erklärung der Putschisten im Hof des Präsidentenpalastes verlesen wurde, ist für Louemba ein Zeichen der tiefen Unzufriedenheit, die bis in die Leibgarde des Präsidenten hineinreicht. Louemba sprach mit der DW, kurz nachdem hochrangige Militärs das Ende des Regimes Bongo verkündet hatten.

EU besorgt über weiteren Militärputsch in Afrika

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte sich am Rande eines EU-Verteidigungsministertreffens im spanischen Toledo besorgt über die Berichte aus Gabun. Wenn sich die Informationen bestätigen sollten, handele es sich um einen weiteren Militärputsch, der die Instabilität in der Region noch einmal erhöhen werde, sagte er. Erst vor knapp einem Monat hatte die Präsidentengarde im Niger den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum abgesetzt. Zuvor hatte in der Sahelzone auch in Mali und Burkina Faso das Militär die Macht übernommen.

Frankreichs Regierung verurteilte die Ereignisse. Premierministerin Élisabeth Borne sagte in Paris, man verfolge die Situation mit größter Aufmerksamkeit. 

Militärpatrouille in der Hauptstadt LibrevilleBild: AA/picture alliance

"Zutiefst besorgt" wegen des Staatsstreichs zeigte sich auch die Regierung in Moskau. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte in Moskau, Russland "verfolgt genau, was dort passiert".

Afrikanische Union verlangt Rückkehr zur Demokratie

Der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, Moussa Faki, erklärte in einer Pressemitteilung, die Organisation verfolge die Ereignisse mit großer Besorgnis. Der Putsch stelle einen eklatanten Verstoß gegen die rechtlichen und politischen Grundsätze der Afrikanischen Union (AU) dar.

Faki rief die gabunischen Sicherheitskräfte dazu auf, sich an ihre "republikanische Berufung" zu halten und die Sicherheit des Präsidenten Ali Bongo, seiner Familie sowie seiner Beamten zu gewährleisten. Der Chef der AU-Kommission betonte, dass er alle politischen, zivilen und militärischen Akteure in dem Land dazu ermutige, den friedlichen politischen Weg zu gehen und rasch zur demokratischen und verfassungsmäßigen Ordnung zurückzukehren. 

Dem Bongo-Clan wird seit langem Korruption vorgeworfen. Er gilt Berichten zufolge als eine der reichsten Familien der Welt, besitzt eine private Flugzeugflotte, etliche Luxusautos und soll gemäß der Nichtregierungsorganisation Transparency International Dutzende Residenzen in Frankreich im Wert von vielen Millionen Euro besitzen. Die Bevölkerung des OPEC-Mitgliedsstaats, etwa 2,3 Millionen Menschen, lebt trotz Gabuns Öl-Reichtums in Armut. Nach Angaben der Weltbank lebt ein Drittel der Gabuner unterhalb der Armutsgrenze von 5,50 Dollar (5,06 Euro) pro Tag.

"Die Demokratie wird seit Jahren untergraben"

Leonard Mbulle-Nziege, politischer Ökonom und Doktorand an der Universität von Kapstadt, erläuterte in einem Interview der Deutschen Welle: "Seit seinem Amtsantritt ist Präsident Ali Bongo mit der Unzufriedenheit im Land konfrontiert, was zum Teil auf den wirtschaftlichen Abschwung zurückzuführen ist, der dort herrschte."

Gabun gehöre zwar zu den Ländern mit mittlerem Einkommen, so Mbulle-Nziege, "hat aber eine Armutsquote von 33 Prozent und eine Arbeitslosenquote von 20 Prozent". Die Menschen seien verärgert darüber, dass der Ölreichtum Gabuns nicht unter der Bevölkerung verteilt worden sei.

qu/se/uh/AR (rtr, afp, dpa, ap, epd, dw)

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