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PolitikAfrika

Milizanführer getötet: Kommt Mosambik jetzt zur Ruhe?

Antonio Cascais
19. Oktober 2021

Mosambiks Sicherheitskräfte haben den Anführer einer bewaffneten Miliz in der Provinz Sofala getötet. Auch wenn die Miliz dadurch geschwächt ist, bedeutet das nicht, dass der Konflikt in Zentralmosambik beigelegt ist.

Mosambik RENAMO-Militärjunta in Gorongosa | Mariano Nhongo
Milizanführer Mariano Nhongo - hier 2019 auf einem RENAMO-Stützpunkt in Zentralmosambik - ist totBild: DW/A. Sebastião

Die Nachrichten aus Mosambik drehen sich zurzeit meist um die Kämpfe gegen Islamisten in der nördlichen Region Cabo Delgado. Doch auch im Zentrum des Landes gibt es einen bewaffneten Konflikt: Eine vom Rebellenführer Mariano Nhongo angeführte Miliz wurde in der vergangenen Zeit immer wieder bezichtigt, in Zentralmosambik für Unsicherheit zu sorgen. Seit 2019 soll die Gruppe mehr als 30 Polizisten, Soldaten und Zivilisten getötet haben. Nun wurde Nhongo während eines Gefechts mit Regierungstruppen erschossen.

Tod eines Top-Staatsfeindes

Am Montag, den 11. Oktober 2021, hatte eine Spezialeinheit der mosambikanischen Streitkräfte Mariano Nhongo in einem Waldgebiet in der Provinz Sofala aufgespürt. Seine sogenannte "Renamo-Militärjunta" kämpfte mit Hunderten bewaffneten Männern gegen das Friedensabkommen an, das Renamo-Präsident Osssufo Momade und Staatspräsident Filipe Nyusi von der regierenden Frelimo-Partei 2019 unterzeichnet hatten.

Immer wieder hatte sich Nhongo in den vergangenen zwei Jahren von seinem Versteck aus zu Wort gemeldet: Er sei grundsätzlich bereit für den Frieden, würde aber erst die Waffen niederlegen, wenn die Regierung alle seine Männer - wie im Friedensvertrag vorgesehen – in die reguläre Armee aufnähme und auch die materielle Versorgung der Familien sicherstelle. Dieses Ziel der "Junta Miltar" scheint jetzt in weite Ferne gerückt zu sein.

Regierungsstellen feiern Sieg über Aufständische

Noch am selben Tag trat der oberste Polizeikommandant Mosambiks, Bernardino Rafael, in der Hauptstadt Maputo vor die Presse: Das Ableben des Milizanführers sei keineswegs eine "Hinrichtung" gewesen, ließ er wissen: Nhongos Männer hätten vielmehr patrouillierende Regierungssoldaten angegriffen. Der darauf folgende Schusswechsel habe zum Tod Nhongos und eines seiner engsten Weggefährten geführt, fügte Rafael hinzu. Die Regierungssoldaten hätten ursprünglich die Absicht  gehabt, "Nhongo festzunehmen und vor Gericht zu stellen".

Immer wieder hatte Mosambiks Regierung der "Junta Militar" von Mariano Nhongo vorgeworfen, im zentralen Teil des Landes Angriffe auf Militärkonvois und private LKWs durchgeführt und Zivilisten getötet zu haben. Selbst nachdem Präsident Filipe Nyusi und Renamo-Führer Ossufo Momade 2019 einen Friedens- und Abrüstungspakt unterzeichneten hätten die Feindseligkeiten nicht abgenommen, so die Regierung in Maputo. Nhongo habe weiterhin Gewalt geschürt und sich geweigert, die Waffen niederzulegen.

RENAMO-Chef Ossufo Momade (rechts) und Präsident Filipe Nyusi bei der Unterzeichnung des FriedensvertragsBild: DW/A. Sebastião

Noch am selben Tag reagierten auch die Vereinten Nationen auf die Ereignisse in den Wäldern von Sofala. Der Tod Nhongos sei "ein unglückliches Ende", sagte der UN-Gesandte in Mosambik, Mirko Manzoni, und lobte die Bemühungen der Regierung zur Friedenskonsolidierung. "Es wurden immer wieder Möglichkeiten eröffnet, Dialog statt Gewalt einzusetzen", stellte Manzoni fest. "Sie erwiesen sich jedoch als fruchtlos."

Angehörige des Milizanführers fürchten um Sicherheit

Das letzte Gefecht Mariano Nhongos fand im Distrikt Chiringoma statt, nahe des Verstecks, in dem sich Nhongo seit Monaten mit seiner Frau und einem minderjährigen Sohn versteckt hielt. Die Gegend gilt als Hochburg der Opposition und als schwer zugänglichen. Dennoch wurden jetzt dort seine sterblichen Überreste beigesetzt. Hunderte Bewohner des Distrikts waren gekommen, um an der Beisetzung teilzunehmen.

"Ihr wolltet Nhongos Tod. Jetzt habt ihr dieses Ziel erreicht. Und jetzt solltet ihr uns in Frieden lassen und unsere Sicherheit garantieren", sagte die Witwe, Amélia Marcelino, und fügte hinzu: "Wir sind keine Soldaten, wir sind normale, unbewaffnete Menschen aus dem Volk."

Fünf ihrer Söhne seien seit über einem Jahr verschwunden, beklagte die Witwe zudem. Nhongos jüngster Sohn, Carlitos Mariano, vermutet, dass mosambikanische Sicherheitskräfte seine Brüder entführt hätten und immer noch als Geiseln festhalten: "Wir hatten nur einen Wunsch: dass sie an der Beerdigung unseres Vaters teilnehmen können. Aber meine Brüder bleiben verschwunden und die Regierung hüllt sich in Schweigen", sagte der Junge einigen Journalisten, die bei der Beerdigung anwesend waren.

Beobachter: Der Konflikt ist nicht gelöst

Kann der seit Jahrzehnten andauernde Konflikt zwischen den wichtigsten politischen Parteien, die sich bis 1992 in einem Bürgerkrieg gegenüberstanden, nach dem Tod Nhongos, doch noch friedlich beigelegt werden?

"Zweifel sind angebracht", sagt der mosambikanische Politologe, Dércio Alfazema, im DW-Interview: Der Tod des Führers der Militärjunta ebne zwar den Weg für die Umsetzung des Friedensprozesses und die Miliz sei jetzt geschwächt. Die Gruppe dürfe allerdings nicht unterschätzt werden, da niemand ihre "reale militärische Schlagkraft" einschätzen könne, betont Alfazema. Alfazema ist auch Analyst beim "Institut für eine Mehrparteiendemokratie" (IMD) in Maputo. Die Regierung müsse jetzt große Anstrengungen unternehmen, um zu verhindern, dass andere Guerillakämpfer in die Fußstapfen von Mariano Nhongo treten. Deeskalation sei jetzt das Gebot der Stunde, so Alfazema weiter: "Man sollte die übrig gebliebenen Kämpfer der Militärjunta jetzt nicht weiter verfolgen, um sie zu töten." Es sei vielmehr notwendig, sie in einen "ehrlich gemeinten Friedensprozesses" einzubinden.

Kämpfer des bewaffneten Arms der mosambikanischen RENAMO-Partei. Die Partei erkennt die Miliz nicht an.Bild: Roberto Paquete/DW

Auch der  mosambikanische Analyst Wilker Dias bezweifelt, dass der Tod von Mariano Nhongo das endgültige Ende der "Renamo-Militärjunta" bedeutet. "Wir sehen gerade das Ende eines Anführers, aber nicht das Ende einer Bewegung", erläutert der Analyst im DW-Interview. Wilker Dias weiter: "Keiner weiß, wohin die Gefolgsleute von Nhongo jetzt gehen: Marschieren sie nach Norden oder nach Süden? Aber eines scheint wahrscheinlich: Es werden womöglich andere Hierarchien innerhalb der Bewegung entstehen." Es sei deshalb nicht ausgeschlossen, dass die Gruppe ihre Angriffe mittelfristig fortsetzen werde.

Ein seit Jahrzehnten währender Konflikt

"Es handelt sich um einen alten Konflikt, der leider die Geschichte Mosambiks seit der Unabhängigkeit des Landes, prägt", erläutert der mosambikanische Politologe Dércio Alfazema. Die beiden größten politischen Parteien seien aus den zwei Lagern hervorgegangen, die sich als Feinde in einem langen, blutigen Bürgerkrieg gegenüber gestanden hatten. Das wirke heute noch nach und sei sehr tragisch.

Die Rebellengruppe "Nationaler Widerstand Mosambiks" Renamo führte zwischen 1975 und 1992 einen Bürgerkrieg gegen den nach der Unabhängigkeit von der marxististischen "Bewegung für die Befreiung Mosambiks" Frelimo geführten Einparteienstaat und durfte danach, im Rahmen eines Friedensabkommens, bei Wahlen als politische Kraft auftreten. Die Renamo-Gruppe behielt indes, auch nach dem Ende des Bürgerkriegs, einen bewaffneten Flügel. Ihre Truppen waren ab 2013 immer wieder - vor allem in ihren Hochburgen im Zentrum des Landes - mit Regierungssoldaten zusammengestoßen.

Mitarbeit: Amós Zacarias

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