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Millionen für Melodien

Aliki Reichenberger19. August 2004

Die ehemaligen Konkurrenten MTV und VIVA gehören künftig zur gleichen Dachgesellschaft. Die insgesamt vier Kanäle der beiden Sender sollen nun neu gestaltet und auf verschiedene Zielgruppen ausgerichtet werden.

Viacom übernimmt VIVA

Der amerikanische Medienriese Viacom, drittgrößter US-Konzern in dieser Branche, übernimmt die Mehrheit am Kölner Musiksender und TV-Produzenten VIVA Media AG. In einem ersten Schritt hat Viacom bereits 75,8 Prozent der Anteile von VIVA erworben. Der Präsident von MTV Networks International, Bill Rhoedy, kündigte jedoch weitere Übernahmeabsichten an. "Wir wollen 100 Prozent besitzen und haben deshalb ein Übernahmeangebot gemacht", sagte Rhoedy am Donnerstag (24.6.) auf einer Pressekonferenz in Frankfurt. Für alle weiteren, im Streubesitz befindlichen Aktien der VIVA Media AG bietet Viacom einen Stückpreis von 12,65 Euro. Demnach stieg die VIVA-Aktie am Donnerstag um 5,42 Prozent.

Schauspielerin Heike Makatsch begann ihre Karriere bei VIVABild: AP

VIVA hatte seinen Sendebetrieb am 1. Dezember 1993 aufgenommen; erst vor einigen Monaten wurde das zehnjährige Bestehen mit einer großen Jubiläumsparty gefeiert. Nur wenige Jahre nach der Gründung wurde der Kölner Sender Marktführer in Deutschland und verdrängte seinen großen, internationalen Konkurrenten MTV auf den zweiten Platz. Das Prinzip des Senders, zu 40 Prozent Musik deutscher Gruppen zu spielen, ermöglichte Bands wie den "Fantastischen 4" oder "Guano Apes" ihren großen Erfolg. Auch einige der heutigen Fernsehstars sind bei VIVA groß geworden. Zur ersten Generation von VIVA-Moderatoren gehören zum Beispiel Stefan Raab und Heike Makatsch. Noch immer ist der Sender ein Sprungbrett für junge Moderatoren, so auch für Oliver Pocher, Jessica Schwarz und Nova Meier-Henrich.

Die Marke VIVA soll erhalten bleiben

"TV-Total"-Star Stefan Raab: ehemaliger VIVA-Moderator. Seine Sendung wird von der "Talentschmiede" Brainpool produziertBild: AP

Zu VIVA gehört außerdem die Produktionsgesellschaft Brainpool, die ebenfalls als Talentschmiede gilt und unter anderem Comedy-Formate wie TV total, Ladykracher und Anke Late Night produziert. Trotz dieser Erfolgsstory hatte die VIVA Media AG im vergangenen Jahr einen Fehlbetrag von 42 Millionen Euro zu verzeichnen. Diese Verluste entstanden vor allem durch die Krise in der Musik- und Werbebranche.

VIVA-Chef Dieter Gorny ist eine Größe in der deutschen Musikbranche. Der studierte Musiklehrer rief noch vor der Gründung von VIVA die Pokomm ins Leben, die bald nach ihrer Premiere 1989 zur weltgrößten Musikmesse aufstieg. Der Vater von vier Kindern ist Präsidiumsmitglied des Deutschen Musikrates und kann sich mit Auszeichnungen wie dem Adolf-Grimme-Preis (1997) und "Mediamann des Jahres" (1992) schmücken. Zusammen mit der MTV-Managerin Chatherine Mühlemann soll er auch künftig die Geschäftsaktivitäten leiten.

VIVA-Chef Dieter GornyBild: AP

Neupositionierung der Sender

Rund 309 Millionen Euro soll sich Viacom die Übernahme kosten lassen, wobei es sich um die größte Akquisition handelt, die der Medienriese je getätigt hat. Der Neuerwerb ist jedoch nicht ganz unproblematisch und muss noch kartell- und medienrechtlich geprüft werden. Denn mit den beiden größten Musiksendern MTV und VIVA würde Viacom den deutschen Markt fast konkurrenzlos dominieren; mit Einspruch von Musikverlagen und deutschen Fernsehsendern bei den Kartellbehörden ist somit zu rechnen.

VIVA-Moderatorinnen Miriam, Nova und MilkaBild: AP

Durch die Übernahme verfügt Viacom künftig über die vier Fernsehkanäle MTV, MTV Pop, VIVA und VIVA Plus. Diese standen bisher in direkter Konkurrenz zueinander und überschneiden sich deshalb erheblich in Inhalt und Ausrichtung. Nun ist eine grundlegende Neupositionierung geplant. "Wir werden vier komplett verschiedene Sender auf die Beine stellen", sagte Catherine Mühlemann von MTV. Jedem Sender solle ein klares unterschiedliches Profil gegeben werden.

In Deutschland Platz für zwei bis drei Musiksender

Durch die so vergrößerten Zielgruppen werde man auch für die Werbeindustrie interessanter. Mühlemann räumte allerdings ein, dass sie in Deutschland nur Platz für zwei bis drei Musiksender sehe; mit dem vierten Kanal sei deshalb etwas anderes, wenn auch noch nichts konkretes geplant. Viacom betreibt in den USA neben Musikkanälen auch einen Kinderkanal, einen Comedy-Kanal und neuerdings auch Schwulen- und Lesben-TV. Die Vermutung liegt also nahe, dass der vierte noch offene Kanal ebenfalls ein striktes Format und eine klar umrissene Zielgruppe haben wird.