Erst das Virus, dann der Sturm: Inmitten der Corona-Pandemie müssen die Küstenbewohner in Ostindien und Bangladesch ihre Wohnorte verlassen - auch das größte Flüchtlingslager der Welt ist bedroht.
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Es ist ein Wettlauf gegen die Uhr: An diesem Mittwoch soll Superzyklon "Amphan" auf Land treffen. Der tropische Wirbelsturm, der mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von mehr als 260 Kilometer pro Stunde über dem Golf von Bengalen tobt, entspricht damit einem Hurrikan der Kategorie fünf - Meteorologen bezeichnen diese Stufe als "verheerend". Damit dürfte "Amphan" der stärkste Zyklon seit Jahrzehnten werden. Im November 2007 waren durch Wirbelsturm "Sidr" mehr als 3000 Menschen ums Leben gekommen. 1999 starben infolge eines Superzyklons sogar rund 10.000 Menschen.
Zehntausende Notunterkünfte würden vorbereitet, teilten die Behörden mit. In Bangladesch sollen mehr als zwei Millionen Menschen aus tiefer gelegenen Gebieten in Sicherheit gebracht werden. Im indischen Bundesstaat Westbengalen müssen mindestens 200.000 Bewohner ihre Häuser verlassen, im benachbarten Bundesstaat Odisha dürfte die Zahl deutlich über einer Million liegen.
Evakuierung mit Abstandsregeln
Bei der Evakuierung auf genügend Abstand zu achten, sei eine Herausforderung, erklärte die indische Katastrophenhilfe. Wegen der Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus müssen die Menschen in den Sammelunterkünften Mundschutz tragen.
Besondere Gefahren drohen mehr als 850.000 Rohingya in Cox's Bazar in Bangladesch: Sie leben in Kutupalong, dem größten Flüchtlingslager der Welt. Dort besteht nach Einschätzung von Experten die Gefahr, dass heftige Regenfälle und dadurch ausgelöste Schlammlawinen die Behausungen wegspülen. Denn diese bestünden aus Bambus mit einfachen Abdeckungen und seien vielfach an steile Hänge gebaut, so die Hilfsorganisation Malteser International. In dem Lager waren vor wenigen Tagen die ersten COVID-19-Fälle aufgetreten.
Indiens Premierminister Narendra Modi sicherte auf Twitter alle erforderliche Unterstützung der Regierung zu. "Ich bete für jedermanns Sicherheit", schrieb er zu einem Foto, das ihn mit Mundschutz und in weitem Abstand von mehreren Beratern zeigt.
Im Golf von Bengalen bilden sich vor allem zwischen April und November heftige Wirbelstürme, die im Indischen Ozean - wie auch im Südpazifik - als Zyklone bezeichnet werden. Besonders betroffen sind die Menschen in Bangladesch, einem tief gelegenen Land im größten Flussdeltasystem der Welt, und im westlich angrenzenden Indien.
jj/gri (dpa, afp, rtr, epd, kna)
Wirbelstürme - Gewalten der Verwüstung
Wirbelstürme wie Zyklon Freddy haben eine verheerende Kraft. Wo sie durchziehen, hinterlassen sie eine Schneise der Verwüstung. Wie sie entstehen und was Taifune, Hurrikans und Tornados unterscheidet, sehen Sie hier.
Bild: NASA VIA REUTERS
Freddy - ein Ausnahmesturm
Zyklon Freddy ist Anfang Februar vor Australien entstanden. Er fegte über den Indischen Ozean hinweg, über Madagaskar bis zu Mosambik an der afrikanischen Ostküste. Wo der Wirbelsturm auf Land traf, richtete er große Schäden an. Nachdem Freddy einige Tage über Mosambik und Zimbabwe auf dem Festland zirkulierte und etwas abschwächte, zog er ostwärts Richtung Meer. Dort kam er wieder zu Kräften.
Bild: Luciano da Conceição/DW
Neuer Ausdauerrekord
Freddy hat über seine gesamte Lebensdauer bisher so viel Energie aufgenommen wie noch kein anderer Sturm auf der Südhalbkugel. Und er hat sogar noch einen weiteren Rekord gebrochen: Freddy gilt nun als langlebigster tropischer Zyklon. Bisher hielt Hurrikan John diesen Rekord. Er wirbelte 31 Tage lang vom 11. August 1994 bis zum 13. September 1994 über dem Pazifik, bis er vor Alaska endete.
Bild: NASA/ZUMA Press/picture alliance
Drei Namen - ein Phänomen
Taifun, Hurrikan und Zyklon - drei Begriffe für das gleiche Wetterextrem: den tropischen Wirbelsturm. Vor Ost- und Südostasien heißt er Taifun, vor der Küste Nordamerikas Hurrikan, vor Indien und Australien Zyklon. Trotz unterschiedlicher Namen entsteht er auf die gleiche Art.
Bild: Reuters
Ein Wirbelsturm entsteht
Tropenstürme entstehen über dem Meer, wenn mindestens 26° Celsius warmes Wasser verdunstet. Der Wasserdampf kondensiert, die Luft heizt sich auf und reißt kühlere Luft mit nach oben. Es entstehen Windgeschwindigkeiten von bis zu 350 Stundenkilometern.
Das Auge des Sturms
Durch die Erddrehung beginnt sich der Luftstrom um das bis zu 50 Kilometer große Auge des Sturms zu drehen. Hier ist es fast völlig wolkenlos und windstill.
Bild: picture-alliance/dpa
Wirbelsturm trifft Festland
Wenn der Wirbelsturm auf eine Küste trifft, geht ihm der Antrieb aus, da kein warmes Wasser mehr nachfolgt. Die schwersten Schäden richten oft die Wassermassen an, die der Sturm vom Meer mitbringt. Hier trifft Vongfong 2020 auf die Küstenstadt Catbalogan im besonders gebeutelten östlichen Teil der Philippinen.
Bild: picture-alliance/AP Photo/S. Sayat
Angekündigtes Chaos
Sandy traf 2012 auf die US-Ostküste. Es war von der Fläche her einer der größten Wirbelstürme, die jemals über dem Atlantik gemessen wurden. Flutwellen von vier Metern Höhe, Brände, Stromausfälle, gebrochene Deiche - Sandy tobte sich mit mehr als 145 Kilometern in der Stunde über Nordamerika aus. Besonders betroffen: New Jersey und New York.
Bild: Reuters
Verheerende Folgen
Schlimmer war aber Hurrikan Katrina, der 2005 New Orleans verwüstete. Dämme brachen. Weite Landstriche versanken im Wasser. Die Hilfskräfte waren durch die Naturgewalten völlig überfordert. Etwa 1800 Menschen starben. Zehn Jahre nach der Katastrophe am selben Ort: Einige Häuser sind wieder aufgebaut. Aber viele Betroffene sind nie zurückgekehrt.
Bild: Reuters/C. Barria
Zerstörerischer Wirbel
Tornados dagegen sind nicht-tropische Wirbelstürme. Sie können sich überall entwickeln, wo es Gewitter gibt. Durch lokale Temperaturunterschiede strebt warme Luft nach oben, kalte stürzt herab, und eine Warmluft-Säule schraubt sich immer schneller empor. Tornados haben meist nur einen Durchmesser von maximal einem Kilometer.
Geschwindigkeitsmeister unter den Stürmen
Durch die warme Luft, die schnell nach oben steigt, entsteht ein Rüssel - ganz charakteristisch für einen Tornado. Dort sind die Luftgeschwindigkeiten enorm: Bis zu 500 km/h schnell kann die Luft werden. Damit ist der Tornado der Geschwindigkeitsweltmeister unter den Wirbelstürmen.
Bild: Fotolia/Daniel Loretto
Straße der Verwüstung
Ein Tornado hinterlässt eine mehrere Kilometer lange Schneise der Zerstörung. Im mittleren Westen der USA treten Tornados bis zu einige hundert Mal pro Jahr auf: Dort trifft trocken-kalte Luft aus dem Norden auf feucht-warme Luft vom Golf von Mexiko. In Deutschland wüten Tornados meist an den Küsten.