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Mini-Silicon Valley in Griechenland

1. Juli 2021

IT-Firmen entdecken das krisengeplagte Griechenland. Mit Fachkräften, Infrastruktur und neuen Tech-Zentren soll ein Strukturwandel eingeleitet werden. Mit dabei sind auch deutsche Investoren.

Griechenland Ioannina | Arbeitsplätze | Christodoulos Pappas
Christodoulos Pappas an seinem Arbeitsplatz bei TeamViewer in IoanninaBild: Florian Schmitz/DW

Griechenland: Neues Silicon Valley?

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Wer denkt schon an Griechenland, wenn von globalen IT-Unternehmen die Rede ist? Den meisten Menschen käme eher das berühmte Silicon Valley in Kalifornien oder hippe Großstädte wie London, Berlin und Tokio in den Sinn. Scharenweise wandern junge Griechen aus, um dort ihr Glück zu versuchen. Auch, weil das eigene Land als Wirtschaftsstandort keinen guten Ruf hat: Ausufernde Bürokratie, hohe Lohnnebenkosten und schlechte Infrastruktur machen Investoren zu schaffen.

IT-Boom in Ioannina

Doch es gibt Grund zur Hoffnung: Langsam siedeln sich auch große IT-Firmen im krisengeplagten Hellas an. Die beschauliche Provinzhauptstadt Ioannina im Nordwesten des Landes ist ein Beispiel für diese ungewöhnliche Entwicklung. Mehrere IT-Firmen haben sich in den vergangenen Jahren dort niedergelassen und ein neues Technologiezentrum geschaffen. Gerade deutsche Unternehmen scheinen sich hier wohl zu fühlen, wie der Göppinger Tech-Riese TeamViewer beweist. Vor zwei Jahren eröffnete er seinen ersten Standort in Griechenland.

Zentrale des deutschen IT-Unternehmens TeamViewer in IoanninaBild: Florian Schmitz/DW
Ioannina im Nordwesten GriechenlandsBild: Florian Schmitz/DW

Darüber freut sich auch Christodoulos Pappas. Der Softwareentwickler ist in Ioannina geboren und aufgewachsen. Konzentriert steht der 26-Jährige an einem Schreibtisch und gibt Befehle in seinen Rechner ein. Vor ihm stehen drei Bildschirme, auf denen Codes in Programmiersprache aufblinken. Sie sind das Rückgrat von TeamViewer. Für so einen Job mussten die meisten von Pappas' Kommilitonen Griechenland verlassen oder zumindest nach Athen oder Thessaloniki ziehen. Dass Pappas in seinem Traumjob arbeiten kann, ohne seiner Familie und Freunden den Rücken kehren zu müssen, ist für den Berufsanfänger ein kaum zu fassendes Glück: "Ich konnte es erst gar nicht glauben, aber dann habe ich mich sehr gefreut, über die Herausforderung und darüber, dass viele andere wie ich hier in der Stadt bleiben können."

Gut ausgebildete Fachkräfte und moderne Infrastruktur

Auch Philipp Deutscher, Leiter von TeamViewer Griechenland, ist optimistisch. Gemeinsam mit seiner Familie ist er aus dem Schwabenland nach Ioannina gezogen und bereut es nicht. Besonders beeinflusst hat die Entscheidung von TeamViewer zur Investition in Griechenland die Qualität junger Arbeitskräfte: "Unternehmen wie TeamViewer sind immer auf der Suche nach Talenten. In Deutschland ist der Markt sehr schwierig. Da buhlen zig Unternehmen um einen Entwickler." In Ioannina gebe es hingegen einen Pool an Fachkräfte, dessen sich die Tech-Branche bedienen kann. Das Konzept scheint aufzugehen. Mit 18 Mitarbeitern war TeamViewer in Griechenland gestartet, ist mittlerweile auf 50 angewachsen und will in den kommenden Jahren bis zu 150 weitere nach Ioannina locken.

Philipp Deutscher, Leiter von TeamViewer GriechenlandBild: Teamviewer

Für das deutsche Unternehmen bedeutet das auch, Pionierarbeit zu leisten. Gerade die griechische Bürokratie war anfangs gewöhnungsbedürftig: "Es hat uns Monate gekostet, um überhaupt ein Bankkonto zu eröffnen. Das darf natürlich nicht sein, so etwas muss ausländischen Unternehmen einfacher gemacht werden." Doch auch für Deutscher überwiegen die Vorteile in Ioannina: Mehrere Universitäten befinden sich im Einzugsgebiet, dazu gibt es einen modernisierten Flughafen und Autobahnen zu den Großstädten Thessaloniki und Athen. "Die Infrastrukturvoraussetzungen sind hier gegeben und wir haben ein großes Potenzial gesehen," so Deutscher im Gespräch mit der DW.

Große Hoffnungen und kleine Schritte

Yorgos Goletsis, Professor für Wirtschaft an der Universität Ioannina, kann sich ein Lachen nicht verkneifen, wenn er Vergleiche mit dem kalifornischen Silicon Valley hört. Natürlich freut auch er sich, dass internationale Unternehmen das kleine Ioannina für sich entdecken. Doch auf dem Niveau von San Francisco oder London sei man noch lange nicht: "Griechenland hat noch einen langen Weg vor sich, egal, ob in Ioannina, Athen oder Thessaloniki." Wichtig sei aber, dass man die ersten Schritte getan habe. "Eine Firma lockt die Zweite, die zweite dann die dritte, und die dritte motiviert die Gründung neuer Unternehmen. So kommt Entwicklung zustande." Und diese Modernisierung der griechischen Wirtschaft sei ebenso nötig wie ein Wandel der Unternehmenskultur. Die Hoffnungen, die mit Unternehmen wie TeamViewer verbunden werden, sind also groß.

Yorgos Goletsis, Wirtschaftsprofessor der Universität IoanninaBild: Florian Schmitz/DW

Lob aus Brüssel: Mit Digitalisierung und grünen Projekten gegen die Wirtschaftskrise

Von den Entwicklungen im Land konnte sich Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis selbst ein Bild machen, als er jüngst TeamViewer in Ioannina besuchte. Arbeitsplätze schaffen und qualifizierte Arbeitskräfte durch Steuererleichterungen ins Land zu locken, ist eines der erklärten Hauptziele der konservativen Regierung. Gerade erntete Athen viel Lob aus Brüssel für seine Investitionsvorhaben: 30,5 Milliarden Euro soll Griechenland aus dem Corona-Hilfstopf erhalten - das entspricht rund 18 Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts. Vor der Ausschüttung musste die griechische Regierung - wie alle EU-Mitgliedsstaaten - einen detaillierten Plan vorlegen. 40 Prozent des Geldes soll in grüne Projekte und 25 Prozent in die Digitalisierung fließen. Damit lag Athen sogar über den Vorgaben aus Brüssel. 

Griechenland erntet Lob für seine Reformen

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Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis (links)Bild: Teamviewer

Derweil leidet Griechenlands Wirtschaft aber weiter unter den Folgen der Pandemie. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 16 Prozent, die wichtige Dienstleistungsbranche und der Tourismus sind eingebrochen. Nach den harten Sparmaßnahmen des vergangenen Jahrzehnts und einer kurzen Erholung ließ die Pandemie die Staatsverschuldung wieder auf ca. 200 Prozent des BIP in die Höhe schnellen. Die Extramilliarden aus Brüssel kommen da zum richtigen Zeitpunkt.

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