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Ministerin Schulze zu Syrien: Aufbau ist unser Kerngeschäft

11. Dezember 2024

Entwicklungsministerin Svenja Schulze sieht neue Chancen für Deutschland, sich in Syrien zu engagieren - und verteidigt ihre Projekte gegen Kritik.

Bürgerkireg in Syrien
Jugendliche feiern das Ende des Assad-Regimes in der der Stadt Hama. Deutschlands Entwicklungsministerin Schulze hofft auf größeres Engagement in SyrienBild: IMAGO/ZUMA Press Wire

Eigentlich ist Svenja Schulze in Berlin vor die Presse getreten, um über drei extrem schwierige Jahre für ihr Ministerium zu berichten: Ständig waren ihre Projekte in den armen Ländern der Welt in dieser Zeit heftigen Angriffen ausgesetzt. Der auch in Deutschland immer stärker werdende Rechts-Populismus hatte für die Unterstützung der Menschen im globalen Süden oft nur Hass und Hohn übrig. Aber die SPD-Politikerin widmet sich am Anfang dann doch erst einmal dem ganz aktuellen Thema der Situation in Syrien. In den Jahren seit Beginn des Bürgerkrieges 2011 ist die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit dem Land auf ein Minimum zurückgegangen und betrug zuletzt nur magere 125 Millionen Euro.

Schulze sieht ein Zeitfenster für positiven Einfluss

Mit dem Geld wurden Projekte der Vereinten Nationen wie etwa die Trinkwasserversorgung in Aleppo unterstützt. Das Basisgeschäft auf kleinster Ebene also, mehr war aufgrund der ständigen Kämpfe in dem Land nicht möglich. Jetzt aber will Schulze wieder mehr tun. Sie sagt: "Wie es in Syrien nach dem Sturz des widerwärtigen Mörder- und Folterregimes von Assad weitergeht, das ist noch nicht absehbar. Hoffnung ist im Bezug auf Syrien erlaubt, aber Gewissheit gibt es jetzt noch nicht. Aber es gibt ein Zeitfenster, in dem wir die Entwicklung zum Positiven beeinflussen können. Das Entwicklungsministerium hat sich 13 Jahre lang auf diesen Moment vorbereitet. Der Aufbau staatlicher Strukturen ist unser Kerngeschäft."

Ministerin Svenja Schulze bei der Vorstellung ihres Entwicklungsberichts in BerlinBild: Sebastian Rau/BMZ/photothek.de/picture alliance

Schmerzhafte Kürzungen im Bundeshauhalt

Aber dieses Kerngeschäft stand in den knapp drei Jahren der Koalition von Sozialdemokraten, Grünen und FDP immer wieder in der Kritik. Bei den Verhandlungen über einen Haushalt für das Jahr 2025 konnte Schulze gerade noch 10,3 Milliarden Euro für ihr Haus herausschlagen, fast eine Milliarde Euro weniger als noch in diesem Jahr zur Verfügung stand. Immer wieder hieß es, Deutschland könne sich keine kostspieligen Projekte mehr leisten, wenn im Land selbst Wohnungen knapp würden und die Infrastruktur bröckele. Nach dem Bruch der Regierungskoalition ist der Haushalt noch nicht beschlossen, aber dass das Entwicklungsministerium in Zukunft mehr Geld erhält, ist unwahrscheinlich. Schulze ist noch immer sichtlich aufgebracht: "Neu waren die Schärfe der Angriffe, das bewusste in Umlauf-Bringen von Unwahrheiten. Bei den mittlerweile ja berühmt gewordenen Radwegen in Peru haben wir das ja geradezu lehrbuchmäßig erlebt."

Die Radwege in Peru und der Dauerstreit darüber

Die in Teilen rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) hatte behauptet, Schulze gebe für neue Radwege in dem lateinamerikanischen Land satte 315 Millionen Euro aus. Tatsächlich waren es nur rund 20 Millionen Euro an Zuschüssen und weitere 40 Millionen Euro an Krediten, Gelder, die also zurückgezahlt werden müssen. Und die Zuschüsse stammen noch aus dem Jahr 2021 - von der Vorgängerregierung aus CDU, CSU und SPD. Schulze fügt jetzt hinzu: Die Radwege seien auch mit Hilfe deutscher Unternehmer erbaut worden und dienten als Zubringer zum U-Bahnbau. Auch davon profitiere Deutschland, weil deutsche Firmen daran mitwirkten. Wochenlang waren Mitarbeiter des Ministeriums im Frühjahr und Sommer dennoch damit beschäftigt, Zahlen und Fakten klarzustellen.

Der Stein des Anstoßes: Von Deutschland mit ermöglichte Radwege in Perus Hauptstadt Lima Bild: Stefan Zeitz/Geisler-Fotopress/picture alliance

Länder im Süden werden immer selbstbewusster

Dabei, so Schulze, seien gerade die Projekte in Peru ein gutes Beispiel dafür, auf welchen Grundlagen sie Entwicklungszusammenarbeit betreibe: In einer immer stärker multipolar werdenden Welt müsse die Unterstützung der ärmeren Länder auf Augenhöhe erfolgen, weil sich viele Länder ansonsten eher an Russland oder China wendeten, die die Zusammenarbeit aber oft unter geopolitischen Erwägungen betrieben: "Die Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas werden zu Recht immer selbstbewusster. Sie suchen sich ihre Partner aus. Und unsere Aufgabe ist es, in dieser neuen, multipolaren Welt ein starker Partner zu bleiben." Und weiter: "Wir sind keine Besserwisser, die glauben, sie könnten die Probleme auf anderen Kontinenten besser lösen als die Expertinnen und Experten vor Ort. Wir sind ein Land, das zusammenarbeiten will, weil wir wissen, dass das beiden Seiten hilft."

Mehr Projekte, die Frauen helfen

Einen weiteren Schwerpunkt bildete in den vergangenen drei Jahren nach Angaben der Ministerin der Versuch, die Projekte immer stärker unter feministischen Gesichtspunkten zu entwickeln. Ein weiteres Feld, bei dem das Ministerium ebenfalls immer wieder unter Druck geriet. Schulze gab das Ziel aus, dass ab 2025 93 Prozent aller Projekte auch unter dem Aspekt bewilligt werden sollten, dass sie der Gleichstellung der Geschlechter helfen. 2022 war das nur bei 66 Prozent der Projekte der Fall, in diesem Jahr schon bei rund 91 Prozent.

Schulzes politische Zukunft: ungewiss

Der Entwicklungspolitische Bericht wird einmal pro Legislaturperiode veröffentlicht und dient in erster Linie dazu, dem Bundestag einen Überblick über die Entwicklungspolitik zu geben. Ob die SPD-Politikerin Schulze aber bei allem Elan ihre Arbeit fortsetzen kann, steht in den Sternen. Nachdem die FDP die Regierung verlassen hat, regieren Sozialdemokraten und Grünen das Land in einer Minderheitsregierung. Und am 23. Februar nächsten Jahres wird voraussichtlich ein neuer Bundestag gewählt. Zur Zeit  liegt die Partei von Svenja Schulze, die SPD, weit hinter den Konservativen von CDU und CSU in den Umfragen. 

 

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