Die 18-jährige Leipzigerin Soraya Kohlmann ist am Samstag zur "Miss Germany" gewählt worden. In Deutschland hat die Wahl zur Schönheitskönigin eine lange Tradition. Eine Zeitreise zu den Anfängen der "Miss"-Wahlen.
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Wahl "Miss Germany": Mehr als ein Schönheits-Wettbewerb
Seit fast 100 Jahren wird in Deutschland die "Miss Germany" gewählt. Wie sich das Schönheitsideal über die Jahre gewandelt hat, zeigt ein kleiner Rückblick.
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2022: Aktivistin Domitila Barros
Schönheitsideale unterliegen einem Wandel, das zeigt auch die Wahl zur "Miss Germany". Seit einigen Jahren zieht nicht mehr allein ein 'sexy' Auftritt in Bademode; gesucht sind Missanwärterinnen mit Mission. Domitila Barros ist eine von der UN ausgezeichnete Aktivistin, die für ihre eigene Modemarke in Brasilien Mütter beschäftigt. Der "Greenfluencerin" geht es auch um Nachhaltigkeit.
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1927: Erste "Miss Germany"
Der Wettbewerb um die glitzernde Krone findet bereits seit 1927 statt. Die 21-jährige Hildegard Kwandt wurde im Berliner Sportpalast zur ersten "Miss Germany" überhaupt gekürt. Stolz trug sie einen Pelzmantel für das Siegerfoto. Badeanzug gehörte damals zum Standard. Die Jury bestand aus angesehenen Männern der Stadt, unter anderem dem Filmregisseur Fritz Lang und dem Bildhauer Ernesto de Fiori.
Bild: Bundesarchiv Bild 146-1977-062-16
1931: Daisy d'Ora
Daisy d'Ora, so der Künstlername der adligen Baronesse von Freyberg, gewann 1931 die Wahl zur "Miss Germany". Als Schauspielerin hatte sie 1929 unter der Regie von Georg Wilhelm Pabst in dem Stummfilm "Die Büchse der Pandora" mitgewirkt - einem Welterfolg.
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1950: "Fräuleinwunder" Susanne Erichsen
Susanne Erichsen wurde 1950 in der jungen Bundesrepublik zur zweiten "Miss Germany" nach dem Zweiten Weltkrieg gewählt. Das Berliner Fotomodell ging später in die USA und wurde zum Inbegriff des "Fräuleinwunders", also einer jungen, attraktiven, modernen, selbstbewussten und begehrenswerten Frau aus dem Nachkriegsdeutschland.
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1956: Petra Schürmanns Traumkarriere
1956 gewann Petra Schürmann als erste Deutsche die Wahl zur "Miss World" in London. Dabei hatte sie zuvor bei der Wahl zur "Miss Germany" nur Platz 3 erreicht. Es folgte eine Karriere als Fernsehmoderatorin, Model und Schauspielerin. 2001 starb ihre Tochter bei einem tragischen Verkehrsunfall. Petra Schürmann zog sich danach weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück.
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1957: Gerti Daub - die deutsche Grace Kelly
1957 wurde Gerti Daub in Baden-Baden zur "Miss Germany" gekürt. In der Nachkriegszeit galten 85-54-95 noch als Traummaße. Zu magere Körper wurden nicht gern gesehen. Bei der Wahl zur "Miss Europe" wurde sie Dritte und bei der "Miss Universe"-Wahl in Kalifornien belegte sie den 5. Platz. Die Hamburgerin wurde zum Schönheitsideal der späten 1950er Jahre und galt als "deutsche Grace Kelly".
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1991: "Miss Germany" mit Kurzhaarschnitt
Ines Kuba wurde 1991 die erste "Miss Germany", die kurze Haare trug. Auf dem Foto gibt sie dem damaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher einen Kuss beim alljährlichen Presseball in Berlin.1998 unterstützte sie Helmut Kohl im Wahlkampf. Die ehemalige DDR-Bürgerin wollte eigentlich Kindergärtnerin oder Aerobic-Lehrerin werden, stieg dann aber beruflich ins "Miss"-Wahlen-Geschäft ein.
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1993: Verona startet durch
Verona Pooth, die seinerzeit noch Verona Feldbusch hieß, legte 1993 mit der Wahl zur "Miss Germany" den Grundstein für ihre TV-Karriere. Im gleichen Jahr gewann sie auch die Wahl zur "Miss Intercontinental World". Zwei Jahre später legte sie sich den Titel "Miss American Dream" zu. Die Schärpe legte ihr damals übrigens der spätere US-Präsident Donald Trump um.
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2016: Schön katholisch
Die 27-jährige Lena Bröder vereinte, was auf den ersten Blick vielleicht gegensätzlich wirkt: Sie war angehende Religionslehrerin und nahm gleichzeitig an diversen Schönheitswettbewerben teil. In ihrer Amtszeit als "Miss Germany 2016" traf sie unter anderem Papst Franziskus und veröffentlichte sogar ein eigenes Buch "Das Schöne in mir - Mit Glaube zum Erfolg". Ihr hat das geholfen.
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2018: Spieglein, Spieglein an der Wand...
Anahita Rehbein gewann 2018 die Wahl zur "Miss Germany". Die 23-jährige Studentin aus Stuttgart wollte danach ihr Studium der Bildungswissenschaften für ein Jahr unterbrechen, um sich ganz auf ihre Aufgaben als amtierende Schönheitskönigin zu konzentrieren. "Ich könnte die ganze Welt umarmen", jubelte Anahita Rehbein nach der Wahl, die traditionsgemäß im Europapark Rust stattfand.
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2020: Leonie Charlotte von Hase
Längst geht es bei der Wahl zur "Miss Germany" nicht mehr allein um Schönheit und eine gute Bikini-Figur. Persönlichkeit und "innere Werte" sind gefragt. Davon hatte Leonie von Hase einiges zu bieten: Sie ist Mutter und erfolgreiche Unternehmerin.
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2021: Anja Kallenbach
2021 legte die Jury viel Wert auf "Diversity": In die Endauswahl schafften es etwa eine Doktorandin mit künstlichem Darmausgang, eine Zeugen-Jehovas-Aussteigerin und ein Opfer von sexueller Gewalt. Am Ende machte die 33-jährige Anja Kallenbach das Rennen. Ihre Botschaft: Frauen sollen alles machen, was sich gut anfühlt: "Egal wie alt man ist, wie man aussieht, egal was andere sagen".
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Die erste Schönheitskönigin wurde in Deutschland bereits 1909, also noch im Kaiserreich gekürt. Seinerzeit ging es um den Titel der "Miss Universum". Auch damals gab es schon Skandale und Zickereien, wie wir sie heute aus der TV-Casting-Show "Germany's Next Topmodel" kennen. Die Teilnehmerinnen kamen aus mehr als 30 Ländern nach Hamburg, wo der Wettbewerb stattfand. Einige von ihnen wollten ihre deutsche Konkurrentin, die Zigarettenverkäuferin Gertrud Dopieralski, mit unlauteren Mitteln aus dem Weg schaffen. Sie sollen unter anderem Spiritus in die Schminke der 20-Jährigen gegossen haben. Doch das nutzte ihnen nicht. Gertrud Dopieralski gewann den Wettbewerb und nannte sich fortan Gertrud Sieg.
Die erste offizielle "Miss Germany" wurde erst Jahre später in Berlin gewählt. 1927 gewann die damals 21-jährige Hildegard Kwandt aus Ostpreußen den Titel. Sie erhielt eine Blumenkrone und durch ihr plötzliche Bekanntheit zahlreiche Aufträge als Model. Die Jury bestand damals aus prominenten Männern. Der Boxer Max Schmelig war dabei, der Schriftsteller Heinrich Mann, aber auch der Filmregisseur Fritz Lang.
Verbot der "Miss"-Wahlen im Dritten Reich
Bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten fand der Wettbewerb jährlich statt. Hinzu kamen lokale und regionale Schönheitswettbewerbe. Die Siegerinnen wurden in der Regel von den Veranstaltern an internationale Wettbewerbe weiter vermittelt und durften sich dort mit ihren Konkurrentinnen aus aller Welt messen.
Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten waren die "Miss"-Wahlen ab 1933 verboten. Erst 1949 wurden in die "Miss"-Wahlen im Westen Deutschlands wieder ins Leben gerufen. In der DDR sogar noch später. Denn im sozialistischen Osten galten derartige Wettbewerbe als kapitalistisches Teufelszeug. Sie würden Frauen erniedrigen, waren sich die Machthaber einig. Ein offizielles Verbot gab es jedoch nicht. Dennoch fand erst im Jahr 1986 die erste ostdeutsche "Miss Wahl" statt. 26 Frauen wetteiferten in Berlin um den Titel "Miss Frühling". Es folgte "Miss Sommer", "Miss Berlin" und 1990 schließlich die erste und letzte Wahl zur "Miss DDR".
Zurück in die 1950er Jahre nach West-Deutschland: Die "Miss"-Wahlen waren populär wie nie. Die Siegerinnen galten als Vorbilder: Nicht nur elegant und schön, auch intelligent und wortgewandt sollten sie sein. Schließlich mussten sie das ganze Land repräsentieren. Erst die Frauenbewegung, die sich Ende der 1960er bildete, protestierte lautstark gegen die "Fleischbeschau". Langsam verlor die breite Öffentlichkeit das Interesse an den jungen Frauen, die die "Miss"-Wahl vor allem als Sprungbrett sahen und von einer Model-, Schauspiel- oder Gesangskarriere träumten.
Viele "Miss"-Wahlen machen sich gegenseitig den Rang streitig
Dass sich ab den 1980ern verschiedene Veranstalter den Titel "Miss Germany" streitig machten, kratzte schwer an der Relevanz der deutschen "Miss"-Wahlen. Kaum eine "Miss" der vergangenen Jahrzehnte ist heute noch bekannt. Eine Ausnahme bildet die Moderatorin Verona Pooth, damals Feldbusch, die 1993 den Titel "Miss Germany" errang und anschließend im Privat-Fernsehen Karriere machte.
Seit 2000 ist die "Miss Germany Cooperation" in Oldenburg alleiniger Veranstalter des Wettbewerbs. Sie schaffte es zudem, die Marke des "Mister Germany" zu etablieren und kürt mittlerweile auch die "Miss 50plus". Den Siegerinnen und Siegern winkt neben einem Dienstwagen für die einjährige Amtszeit, unter anderem ein Fotoshooting, eine Reise, ein Jahresvertrag mit dem Veranstalter und eine Weile erhöhte mediale Aufmerksamkeit.