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Mission: Russlands Opposition diskreditieren

Ilya Koval12. August 2015

Eine neue Stufe der Provokationen gegen Russlands Oppositionelle: Ein Unbekannter nimmt Anrufe für den Oppositionspolitiker Leonid Wolkow entgegen und gibt sensationelle Interviews in seinem Namen.

Eine Hand über einer Computertastatur (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Hildenbrand

Eine Person anrufen oder anschreiben, ihre Stellungnahme in einen Text einbauen oder eine Nachricht aus ihr machen. So einfach ist es im Journalismus nicht immer. Besonders, wenn es sich um russische Oppositionelle handelt.

Am Dienstag wurde ein Telefonanruf der Deutschen Welle an Leonid Wolkow, den Vertreter der russischen Oppositionspartei "Parnas" in Nowosibirsk, von einem Mann entgegengenommen, der sich als Leonid Wolkow ausgab. Im Gespräch kündigte er an, dass der Kremlkritiker Michail Chodorkowski, der sich gegenwärtig im Schweizer Exil befindet, bei der nächsten Parlamentswahl im Jahr 2016 die "Parnas"-Wahlliste anführen werde. "Parnas" vertritt die gesamte "Demokratische Koalition", eine Vereinigung der liberal-demokratischen Parteien des Landes. Dem Bündnis gehört auch die Partei des bekannten Bloggers Alexej Nawalny an, die von den russischen Behörden keine Registrierung erhalten hat. Wolkow ist einer der wichtigsten Vertreter dieses oppositionellen Bündnisses. Eine solche Ankündigung aus seinem Munde schien eine exklusive Top-Nachricht aus erster Hand zu sein.

Ein "Troll" gibt Interviews

Nachdem die DW die Nachricht am Dienstag veröffentlicht hatte, postete Wolkow bei Twitter, Anrufe an seinen Telefonanschluss seien wiederholt irgendwohin umgeleitet worden. Ein Unbekannter gebe Interviews in seinem Namen. Zum ersten Mal sei dies am vergangenen Samstagabend passiert. Da habe sich ein Mann als Leonid Wolkow ausgegeben und einen Betrunkenen gespielt. Der echte Wolkow postete daraufhin gemeinsam mit einem Parteikollegen ein Video auf YouTube. Darin ist Wolkow persönlich zu sehen, während sein Kollege den betroffenen Telefonanschluss anruft und mit dem "betrunkenen Wolkow" spricht.

Zwei Tage später, am Montag, teilte Leonid Wolkow mit, er habe seinen Telefonanschluss wieder unter Kontrolle. Am Dienstag wählte die DW Wolkows Nummer und führte jenes Gespräch. Doch nach Wolkows Mitteilung bei Twitter kontaktierte ihn die DW per E-Mail und schickte ihm einen Ausschnitt aus dem aufgezeichneten Interview. Wolkow bestätigte, dass es sich bei der Aufnahme nicht um sein gesprochenes Wort handele, sondern wieder um das eines "Trolls".

Leonid Wolkows Telefonanschluss wurde von Hackern gekapertBild: privat

Gehackte E-Mail-Konten

Das, was Leonid Wolkow widerfuhr, ist etwas Neues. Aber Handy- oder E-Mail-Accounts Oppositioneller wurden in den vergangenen Jahren schon häufiger gehackt. Gespräche oder Briefe werden auch gefälscht ins Netz gestellt, um die Betroffenen zu diskreditieren. Im Dezember 2011, als die Massenproteste gegen Wahlfälschungen in Moskau begannen, stellte das kremlfreundliche Nachrichtenportal "LifeNews" Telefonate des inzwischen ermordeten Kritikers von Präsident Wladimir Putin, Boris Nemzow, ins Netz. Nemzow äußert sich darin sehr kritisch über seine Mitstreiter. Ein Teil der Aussagen sei jedoch gefälscht gewesen, sagte damals Nemzow. Der Oppositionspolitiker erstattete Anzeige. Doch die Behörden gingen der Sache nicht weiter nach. Mit der Veröffentlichung sollte offenbar Streit innerhalb der Protestbewegung gesät werden.

Auch Alexej Nawalny hatte bereits mehrmals unter solchen Provokationen zu leiden. Sein E-Mail-Konto wurde schon zweimal, im Jahr 2011 und 2012, geknackt. Zahlreiche private sowie dienstliche E-Mails wurden teilweise gefälscht ebenfalls im Internet veröffentlicht. Einige dieser E-Mails nahmen die Behörden zum Anlass, Strafverfahren gegen den Oppositionspolitiker einzuleiten. Auch viele Anhänger von Nawalnys "Stiftung gegen Korruption", deren Namen in den E-Mails auftauchten, gerieten so unter Druck der Behörden.

Spuren führten nach Bonn

Geknackt wurde Nawalnys E-Mail-Account vom sogenannten "Hacker Hell". Nawalny sammelte zahlreiche Indizien, mit denen es schließlich gelang, den Täter zu enttarnen. Die Spuren führten nach Bonn zum 41-jährigen Russen Sergej Maximov, der seit 1997 in Deutschland lebt. Er wurde vom Amtsgericht Bonn schuldig gesprochen und zu 17 Monaten Haft auf Bewährung und 400 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

Die Oppositionellen in Russland vermuten, dass hinter den Provokationen der Kreml steckt. Das zu beweisen, ist aber kaum möglich. Dennoch kündigte Iwan Schdanow, Jurist der Partei "Parnas", an, man werde Anzeige gegen den unbekannten Provokateur erstatten, der sich über den gehackten Telefonanschluss als Leonid Wolkow ausgab.

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