Von "Rain Man" über "Gilbert Grape" bis zu "Ben X": In diesen Filmen sind Autisten die Hauptpersonen. Einfühlsam werden sie darin porträtiert. Am Welt-Autismus-Tag werfen wir einen Blick auf einige großartige Werke.
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Neun Filme über Autismus
Immer wieder macht das Kino Autismus zum Thema und hilft damit, das allgemeine Bewusstsein für die Entwicklungsstörung zu schärfen. Zum Welt-Autismus-Tag würdigen wir einige der herausragendsten Werke.
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Rain Man (1988)
Es war der erste und bis heute bekannteste Film, in dem Autismus thematisiert wird. Dustin Hoffmann (l.) brilliert in seiner Rolle als Raymond Babbitt. Der Film ist an die Geschichte des Autisten Kim Peek angelehnt, einem sogenannten Inselbegabten, der alles, was er je gelesen hat, auswendig wiedergeben kann. Rain Man räumte 1989 gleich vier Oscars ab.
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Gilbert Grape - Irgendwo in Iowa (1993)
In seiner Rolle als schwer autistischer Junge Arnie wurde der damals 19-jährige Leonardo DiCaprio erstmals einem größeren Publikum bekannt. Die Beziehung zu seinem Bruder Gilbert, gespielt von Johnny Depp, ist liebevoll und aufreibend zugleich. Für seine überaus authentische Darstellung wurde DiCaprio sowohl für den Oscar als auch für den Golden Globe als bester Nebendarsteller nominiert.
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Mozart und der Wal (2005)
Wie schon bei "Rain Man" ließ sich Drehbuchautor Ronald Bass für seinen Film von einer realen Geschichte inspirieren. Donald und Izzy sind beide autistisch - und sehr verschieden. Er ist ein zurückhaltendes Zahlengenie, sie eine extrovertierte Künstlerin. Doch sie verlieben sich, auch wenn ihnen ihre verschiedenen Persönlichkeiten und Eigenarten immer wieder Steine in den Weg legen.
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Der Geschmack von Schnee (2005)
Durch einen tragischen Unfall lernt Alex die Autistin Linda kennen. Für ein paar Tage zieht er bei ihr ein und hilft ihr, den Alltag zu bewältigen. Linda liebt Musik und Schnee, aber sie hasst es, den Müll vor die Tür zu bringen. Angela Pell schrieb das bemerkenswert authentische Drehbuch. Sie hat selbst einen autistischen Sohn.
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Ben X (2008)
In der Realität ein Außenseiter, im Netz ein Held. Ben flüchtet sich vor dem alltäglichen Mobbing in die abstrakte Welt der Online-Spiele, denn hier kann er sein, wie er ist. Bens Schicksal zeigt, vor welch großen Herausforderungen Jugendliche mit Autismus stehen. Oft werden sie ausgegrenzt und öffentlich gedemütigt. Einige von ihnen sehen den einzigen Ausweg im Suizid.
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Mary & Max – oder: Schrumpfen Schafe, wenn es regnet? (2009)
Die kleine Mary und den Mitvierziger Max verbindet eine innige Brieffreundschaft. Die beiden animierten Knetfiguren teilen ihre Ängste, aber auch ihre Hoffnungen miteinander. Doch die Freundschaft zerbricht, als Mary sich entschließt, Psychologin zu werden und Max' Asperger-Syndrom zu "heilen". Daraufhin entfernt sich Max von ihr, denn er sieht seine Störung als Teil seiner Persönlichkeit.
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Im Weltraum gibt es keine Gefühle (2010)
Simon hat das Asperger-Syndrom. Der Protagonist in Andreas Öhmans schwedischem Komödien-Drama zeigt viele Stereotypen von Menschen mit Autismus. Gefühle kennt er nicht, er braucht einen strikt routinierten Alltag, lebt nach festen Mustern und Ritualen. Körperkontakt kann er nicht ausstehen. Schließlich ist es ein Mädchen, das ihm zum ersten Mal in seinem Leben ein Lächeln abringen kann.
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Extrem laut & unglaublich nah (2011)
Bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 verliert Oskar seinen Vater. Der Junge mit Asperger-Syndrom vermutet, dass dieser ihm ein Rätsel hinterlassen hat und begibt sich auf eine Schnitzeljagd durch New York. Die Kritik an dem mit Tom Hanks, Sandra Bullock und Max von Sydow hochkarätig besetzten Film fiel gemischt aus. Bei den Oscar-Verleihungen 2012 war er als bester Film nominiert.
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Lachsfischen im Jemen (2012)
Am Beispiel von Fred Jones zeigt sich, dass Autismus viele Gesichter hat. Rein äußerlich ist ihm nichts anzumerken. Doch Fred hat Probleme damit, Gefühle anderer einzuordnen und seine eigenen zu äußern. Oft ist er ruppig, humorlos und gefühlskalt. Anfangs fällt es schwer, ihn zu mögen, sich mit ihm zu identifizieren. Doch das ändert sich, je näher man ihm kommt.
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Wir alle nehmen die Welt unterschiedlich wahr, und das ist auch gut so. Doch einige Menschen nehmen extremer wahr als andere. Sie reagieren auf Hintergrundgeräusche, die den meisten gar nicht auffallen würden. Eine monoton schleudernde Waschmaschinentrommel kann sie stundenlang in ihren Bann ziehen, eine leichte Berührung ihnen höllische Schmerzen zufügen. Sie haben Schwierigkeiten sich mitzuteilen, die Gefühle von anderen zu erkennen oder sich auf ein Gespräch zu konzentrieren.
Diese Menschen haben eine sogenannte "Autismus-Spektrum-Störung", im Volksmund schlicht Autismus genannt. Doch den Autismus gibt es nicht. Er tritt in den unterschiedlichsten Formen und Ausprägungen auf. Viele Autisten führen ein augenscheinlich ganz "normales" Leben. Bei anderen ist die Entwicklungsstörung so tiefgreifend, dass sie ihr Leben lang intensiv betreut werden müssen.
Asperger-Syndrom und Savants
Menschen mit Asperger-Syndrom haben im Gegensatz zu jenen mit anderen Autismus-Spektrum-Störungen oft keine Entwicklungsverzögerung in der Sprache oder der kognitiven Entwicklung. Dem Wiener Kinderarzt Hans Asperger fiel jedoch bereits in den 1940er Jahren auf, dass einige seiner jungen Patientinnen und Patienten ungewöhnliche Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmale aufwiesen.
Sie waren unfähig, sich in Gruppen zu integrieren und konnten nur schwerlich Gefühle anderer Menschen nachvollziehen. Asperger beobachtete zudem eine starke Ich-Bezogenheit, weshalb die betroffenen Kinder oft Schwierigkeiten hatten, Freundschaften zu knüpfen. Doch vielen Menschen mit Asperger-Syndrom ist ihre Störung auf den ersten Blick keineswegs anzusehen. Das ist wohl der Grund dafür, dass man diese Form des Autismus landläufig als "leichte" Form des Autismus interpretiert.
Die Lebensgeschichte des Savants Kim Peek diente als Vorlage für den Welterfolg "Rain Man"Bild: cc-by-Dmadeo
Autisten wird ebenfalls nachgesagt, besonders intelligent zu sein. Einige von ihnen sind tatsächlich überdurchschnittlich intelligent und besitzen außergewöhnliche kognitive Fähigkeiten. Experten sprechen hier von sogenannten Inselbegabungen, also außergewöhnliche Begabungen in einem bestimmten Bereich. Menschen, die diese besitzen werden als Savants, also Wissende, bezeichnet. Rund die Hälfte aller Savants sind Autisten.
Der wohl bekannteste dieser Wissenden ist der US-Amerikaner Kim Peek, an dessen Geschichte Regisseur Barry Levinston seinen berühmten Film "Rain Man" anlehnte. Peek konnte bis zu seinem Tod 2009 rund 12.000 Bücher fehlerfrei Wort für Wort rezitieren. Keines davon hatte er mehr als einmal gelesen. Auch Melodien, Jahreszahlen, Kalender, das komplette Fernsehprogramm und diverse Telefonbücher waren in seinem Gehirn wie auf einer gigantischen Festplatte gespeichert. Doch Peek konnte sich weder alleine anziehen noch selbstständig in die Bibliothek gehen.
Nach dem herausragenden Erfolg von "Rain Man" wurde das Thema Autismus vielfach in Film- und Fernsehproduktionen aufgegriffen. Einige zeigen die Welt aus der Sicht des Autisten selbst, andere konzentrieren sich auf dessen Umfeld. So schafften es Drehbuchautoren, Filmemacher und Schauspieler, eine breite Masse für die Entwicklungsstörung zu sensibilisieren. Unsere Bildergalerie gibt einen Überblick.