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Mit blauer Plakette und grünem Moos gegen Feinstaub

9. März 2017

Stickoxide können Atemwege und das Herz-Kreislaufsystem extrem belasten. Feinstaub-Partikel können tief in die Lungen eindringen. Die Umweltgefahr von Abgasen lässt sich reduzieren, doch die Politik zögert.

Deutschland Mooswände gegen Feinstaub
Bild: picture alliance/dpa/Lichtgut/A. Zweygarth

"Seit Jahrzehnten gefährdet Stickstoffdioxid unsere Gesundheit," sagt Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA). Und immer wieder benennt sie die Schuldigen: Diesel-PKW. Krautzberger würde die Luftverpester am liebsten aus den Innenstädten verbannen.

Ginge es nach dem Willen des UBA und vieler Betroffener Städte und Gemeinden, dürften nur noch Autos mit blauer Umweltplakette an der Windschutzscheibe in viele Innenstädte einfahren. Berlin, Leipzig, Dresden und München erwägen, ihre bestehenden Umweltzonen für Autos ohne blaue Plakette sperren. Für die Einführung einer solchen Stickoxid (NOx)-Plakette haben sich einige Bundesländer auch schon ausgesprochen. Der Bund indes sperrt sich noch. 

Bisher nur ein Designvorschlag: Blaue Umweltplakette für schadstoffarme Autos Bild: picture-alliance/dpa/B. Weißbrod

Die blauen Plaketten sollen die bestehenden Umweltplaketten rot, gelb und grün ergänzen. Diese signalisieren den jeweiligen Grad des Feinstaubausstoßes von Fahrzeugen. 

Stuttgart wird erste Stadt in Deutschland mit Diesel-Fahrverbot

Stuttgart, die Hauptstadt des Landes Baden-Würtemberg, ist durch seine Kessellage besonders durch Abgase belastet. Dort wurden die europäischen Feinstaub-Partikel-Grenzwerte 2016 an 66 Tagen überschritten.

Und für das laufende Jahr deutet sich noch Schlimmeres an: An mehr als 30 Tagen in den  ersten zwei Monaten 2017 wurden mehr als 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft gemessen. Die EU-Kommission ahndet Überschreitungen an mehr als 35 Tagen pro Jahr durch Strafen. 

Das Verwaltungsgericht hat das Land Baden-Württemberg und die Stadt zu einer Stellungnahme aufgefordert, wie die Luft an den neuralgischen Verkehrsplätzen nachhaltig verbessert werden soll.

Autoschlangen und Abgasrekordwerte: Warnung und Appelle - verhallten bisher!Bild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Einige Einwohner hatten Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Regierungspräsident Wolfgang Reimer (beide Bündnis 90/ Die Grünen) verklagt. Am Neckartor, einem Verkehrsknotenpunkt, an dem eine Messstation steht, werden die Grenzwerte, die die Europäische Union (EU) festgelegt hat, so häufig wie an keiner anderen Messstation in Deutschland überschritten.

Appelle, freiwillig auf das eigene Fahrzeug zu verzichten oder das Angebot der Stadt, preisreduzierte Tickets für den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen, führten nicht zum gewünschten Ergebnis. Also musste die Stadt andere Wege gehen: Kamine, die nicht zu Heizzwecken befeuert werden, dürfen nicht mehr benutzt werden. All das mag helfen, die Feinstaubbelastung durch Rußpartikel in den Griff zu bekommen. Die Maßnahmen tragen jedoch nicht zur Reduzierung der Stickoxide bei.

Die grün-schwarze Landesregierung hat daher - auch ohne die Einführung einer blauen Plakette - für 2018 eine Fahrverbotszone für Dieselfahrzeuge beschlossen, die nicht der EURO 6 Norm entsprechen. Die besagt, dass Diesel-Personenkraftwagen maximal 80 Milligramm NOx pro Kilometer ausstoßen dürfen. In der Praxis erreichen aber selbst viele Fahrzeuge, die als Euro 6 zugelassen sind, die gesetzlich geforderten Zielwerte nicht.  

Graues Zackenmützenmoos als Feinstaubschlucker durch StraßenverkehrBild: picture alliance/dpa/L. Mirgeler

Pilotversuch mit Pflanzenfilter gegen Umweltschmutz

Um das Leben für die Bürger erträglicher zu machen, geht Stuttgart deshalb noch andere Wege: Ein Versuch, die Luftqualität zu verbessern, ist die Installation einer Mooswand. Moose wachsen gewöhnlich in Mooren und Bergwäldern. Sie haben keine Wurzeln, speichern Wasser und Nährstoffe aus Regen und Luft. An den klebrigen Zacken der Moose sollen auch Schadstoffe, die den Menschen krankmachen, haften bleiben.  

In Stuttgart ist die Metallfläche, die mit Matten aus Hornzahnmoos (Ceratodon purpureus) und Grauem Zackenmützenmoos (Racomitrium canescens) begrünt ist, 100 Meter lang und drei Meter hoch. Die Pflänzchen wurden eigens zu diesem Zweck gezüchtet und sollen die gesundheitsschädlichen Feinstaubpartikel aus der Atmosphäre filtern und abbauen.

Ohne Moos nix los? - Modellversuch an der vielbefahrenen Cannstatter Straße in StuttgartBild: picture alliance/dpa/Lichtgut/A. Zweygarth

Im Labor funktioniert die Naturreinigung von Feinstaub bereits. Unklar ist, ob das Moos auch in der Lage ist, Stickoxide aufzunehmen und abzubauen. Das soll der Praxistest in den nächsten Monaten zeigen. Normalerweise schädigen Stickoxide Pflanzen. Das Moos ist aber sehr robust. Die Stadt lässt sich das Pilotprojekt 388.000 Euro kosten. Baden-Württemberg steuert 170.000 Euro dazu bei.

 

 

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