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Mit dem Fahrrad auf dem Rheinauenweg

Andreas Kirchhoff2. August 2013

Ein Fahrrad, zwei Länder, viel Lebensart und Natur. DW-Reporter Andreas Kirchhoff entdeckt den Oberrhein - 60 Kilometer auf dem Rheinauenweg, links und rechts entlang der deutsch-französischen Grenze.

Sonnenstuhl am Rheinauenweg am Oberrhein
Radtour am RheinBild: DW/A. Kirchhoff

"Das sieht nach einem sonnigen, heißen Tag aus", meint der Vermieter, als er mir auf dem Hof seines Ladens im rheinland-pfälzischen Maximiliansau das Fahrrad zeigt. Zahlen solle ich später, Handynummer reicht. Kurz vor elf Uhr verabschiedet er mich: "Fahren sie rechts, links und wieder rechts unter der Brücke durch, dann sind sie am Rhein." Präzise Navigation. Keine fünf Minuten später befinde ich mich am Fluss.

Auf dem über 130 Kilometer langen Rheinauenweg habe ich mir eine Tagesetappe von etwa 60 Kilometern herausgesucht. Ich will von Maximiliansau über die Grenze nach Frankreich ins Elsass. Und dann zurück auf der deutschen Rheinseite in Baden-Württemberg bis in die Pfalz. Zunächst passiere ich noch eines der unzähligen Kieswerke am Rhein. Dann bin ich endlich da, wo ich hin wollte. Auf einem schmalen Weg flussaufwärts durch die Pfalz. Keine Autos, kein Lärm, kaum Menschen. Dafür der Geruch von frischem Heu, leichter Rückenwind und das Geräusch der Fahrradreifen auf dem Asphalt.

Im "Pamina Rheinpark"

Der Rheinauenweg ist Teil des "Pamina Rheinparks" am Oberrhein, ein grenzüberschreitendes Tourismus-Projekt der Europäischen Union. Der Name Pamina verweist auf die drei beteiligten Regionen: Palatinat (Rheinland-Pfalz), Mittlerer Oberrhein (Baden-Württemberg) und Nord Alsace (Elsass). Die Kulturlandschaft entlang der deutsch-französischen Grenze soll erlebbar gemacht werden. Natur und Geschichte stehen dabei ganz vorne, erläutert durch zweisprachige Schautafeln am Weg und kleine Museen in den Dörfern.

Der Rheinauenweg bei Mothern im ElsassBild: DW/A. Kirchhoff

In Neuburg, der ersten Station auf meinem Weg, ist das Schifffahrtsmuseum leider geschlossen. Am Ufer eines Altrheinarms ist ein heruntergekommener Kahn zu sehen, davor eine kleine Raststätte mit Radlern und Bikern. Kurz vor der französischen Grenze treffe ich ein Ehepaar aus Freiburg. Mit voll bepackten Rädern. "Wir fahren an den Grenzen von Deutschland entlang", erzählen sie. Und dass sie keine Eile haben: "Reisen statt rasen. Wir haben 14 Tage Urlaub und schauen mal, wie weit wir kommen."

Drei Tage haben sie bis hierher gebraucht. Und schon einiges erlebt. "Radler sind gesprächig", meint Dietmar. Seine Frau Helga erzählt begeistert von einer zufälligen Begegnung zwei Tage zuvor. In Nonnenweiher hatten sie am Wegesrand Schwestern mit dunklem Kleid und weißer Haube getroffen. Die eigentümliche Kleidung der Nonnen erinnerte Helga an eine ihrer Kindergärtnerinnen vor einem halben Jahrhundert. Tatsächlich wohnt die mittlerweile 90-jährige Schwester Karolin hier im Pflegeheim der Schwesternschaft, empfing die Radler und freute sich, Erinnerungen auszutauschen.

Helga und Dietmar aus Freiburg wollen Deutschland mit dem Rad umrundenBild: DW/A. Kirchhoff

Auf Umwegen zu den Silberweiden

"Ich bin schon gespannt auf Dänemark", sagt Helga zum Abschied. Und ich freue mich auf Frankreich, denke ich, als ich Berg, das südlichste Dorf in der Pfalz verlasse. Der direkte Weg entlang des Rheins ist wegen Bauarbeiten gesperrt. "Detour" - Umleitung. Fast hätte ich gar nicht bemerkt, dass ich schon die Grenze passiert habe. Lauterbourg im Elsass, wieder ein kleines Dorf, wirkt wie ausgestorben in der Mittagshitze. Das Thermometer am ehemaligen Zollhaus zeigt 30 Grad.

Auch für Radler gilt: Umleitungen führen zu Um- und Abwegen. Nach einem unfreiwilligen Ausflug ins Industriegebiet - der Rhein ist eben auch ein Verkehrsweg - kommt der Fluss endlich wieder in Sichtweite. In der Nähe von Munchhausen führt der Weg durch ein Naturschutzgebiet, das wegen seiner vielen Silberweiden bemerkenswert ist. Ihre schmalen, an der Unterseite behaarten Blätter glänzen bei Sonnenlicht und Wind wie edles Metall. Nicht zuletzt dank der Reflektionen: Die Silberweiden stehen bis weit über die Wurzeln im Wasser.

Bei Munchhausen: das Naturschutzgebiet SauerdeltaBild: DW/A. Kirchhoff

Von Zockern und Sternzeichen

Kurz vor zwei Uhr - Wasservorräte und Pausensnacks sind aufgebraucht - erreiche ich Selz. Leider ist auch hier immer noch Siesta, vielleicht weil Montag ist und kaum jemand unterwegs ist. Die kleinen Restaurants locken mit "Tarte flambée", sind aber allesamt geschlossen. Gut, dann muss es halt die Brasserie an der Ecke sein. Draußen vier kleine Tische, an einem sitzt ein bärtiger Mann mit freiem Oberkörper. "Terrasse Self Service", lese ich. Drinnen ein Dutzend älterer Männer bei Bier oder dem französischen Anisschnaps Ricard. An den Wänden zwei Bildschirme, auf denen Pferderennen gezeigt werden. Die Küche will ich lieber nicht bemühen, ein französischer Café und ein Wasser gegen den Durst reichen auch.

Wieder draußen komme ich mit Alfons ins Gespräch. Offensichtlich ist es wirklich so, Radler reden gern. Er ist aus Deutschland, kommt regelmäßig vom anderen Rheinufer aus Plittersdorf mit seinem Fahrrad hierher. Zum Einkaufen, wegen der Pferdewetten und weil die Franzosen viel gesprächiger sind. "Die geben auch mal Tipps, sind nicht so zugeknöpft", sagt er. Nicht, dass er das unbedingt brauche, er kenne sich aus mit den Pferden. Hat selber welche gehabt, ist viel in der Welt herumgekommen. Jetzt zockt er.

Alfons pendelt zwischen Deutschland und Frankreich. Im Winter wird er 70Bild: DW/A. Kirchhoff

Wenn ich mal wieder in der Gegend sei, solle ich ihn in seinem Haus am Rhein besuchen, sagt er zum Abschied. Und dass ich auf die Sternzeichen achten solle, was meine Beziehungen zu anderen Menschen angeht, das habe er gelernt und wolle er unbedingt weitergeben.

Gegen den Wind

Von Selz aus nehme ich die Fähre nach Plittersdorf. Mit mir ist eine Radlergruppe auf dem Rückweg. Das Eis in Plittersdorf solle ich unbedingt kosten, sagen sie, das sei wirklich hervorragend. Gut, ein paar Kalorien können nicht schaden, es ist immer noch heiß.

Auf ortskundige Radler ist Verlass, das Eis gut. Zeit für den Rückweg. Zuerst verfahre ich mich mal wieder und fast bereue ich den Besuch in der Eisdiele. Doch dann finde ich wieder auf den Rheinauenweg. Meine Begleiter: Silberweiden und Schwäne, leider auch Gegenwind. Jetzt heißt es strampeln. Das Mietfahrrad soll bis 18 Uhr wieder zurück sein. Mehr schnaufend als staunend - bei Hitze und Gegenwind kann die Idylle zur Tortur werden - quäle ich mich heimwärts. Niemand auf dem Weg, um zu fragen, wie weit es noch ist. Doch dann bin ich schneller als gedacht in Neuburgweier an der Fähre, die mich zurückbringt. Beinahe schon wieder euphorisch, weil noch Zeit ist für ein erfrischendes Getränk am Anleger.

Auf der Fähre nach PlittersdorfBild: DW/A. Kirchhoff

Der letzte Eindruck zählt, denke ich. Die Natur, der Fluss und die Menschen am Oberrhein. Schön hier auf dem Rheinauenradweg.

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