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Mit dem High-Tech-Fahrrad zur CeBIT

8. März 2012

Bremsen per Funk - damit wollen Saarbrücker Informatik-Studenten den Verkehr in Europa revolutionieren. Nun haben sie ihre Erfindung an einem Fahrrad demonstriert. Der Clou: Das Rad hat scheinbar keine Bremsen.

Holger Hermanns, Informatik-Professor an der Universität des Saarlandes, hat die Sicherheit seiner drahtlosen Fahrradbremse mathematisch bewiesen (Foto: Angelika Klein)
Bild: Angelika Klein/Universität des Saarlandes

Ein Fahrrad auf der Computermesse Cebit - so mancher Besucher blickt erstaunt, wenn er das Rad zwischen all den Laptops, Handys und Robotern sieht. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass dieses Fahrrad drahtlos funktioniert. Es fehlen Bremskabel und Bremsgriffe. Statt dessen sorgen Drucksensor, Sender und Empfänger dafür, dass sich die Räder nicht unaufhaltsam weiterdrehen.

Es wirkt zunächst unspektakulär, was der Saarbrücker Informatikprofessor Holger Hermanns mit fünf Studenten auf der Cebit präsentiert. Doch mit ihrer Erfindung will die Forschergruppe Europas Zugverkehr revolutionieren. Denn die neuartigen Funkbremsen sollen künftig auch Züge über die Gleise lotsen.

Grundlagenforschung für den Zugverkehr

"Der Bremsweg von einem Zug liegt ungefähr bei 800 Metern", erklärt Hermanns. Der Professor leitet an der Universität des Saarlandes den Lehrstuhl für Verlässliche Systeme und Software. Er untersucht also, ob Programme fehlerfrei und reibungslos funktionieren. "Mit unseren Funkbremsen könnte man die Züge in einem Abstand von einem Kilometer fahren lassen."

Die Saarbrücker Studenten forschen für den ZugverkehrBild: Siemens AG

Hält der erste Zug an, werden die anderen automatisch abgebremst. Dadurch könnten auf einem Abschnitt mehrere Züge gleichzeitig unterwegs sein, weil der Abstand dann nur noch etwa einen Kilometer betragen müsste. Mehr Züge auf den Gleisen - das könnte laut Hermanns auch heißen, dass die einzelne Zugfahrt günstiger wird.

Viele Stunden Arbeit fürs High-Tech-Fahrrad

Noch aber ist all das Zukunftmusik. Anderthalb Jahre hat das Team gebraucht, um seine Idee der funkgesteuerten Bremse an einem einfachen Fahrrad in die Praxis umzusetzen. Stunden haben die Informatiker gerechnet und Drucksensoren für den Fahrradlenker sowie Sender und Empfänger gebaut. Die Sender, zwei blaue Kästchen, die etwa so groß sind wie eine Zigarettenschachtel, sind am Steuerrohr angebracht.

Drückt der Radfahrer am Lenkergriff, erkennt der Sensor die Druckstärke und gibt das Signal an den Empfänger an der Radachse weiter. Dort wird dann ein kleiner Elektromotor in Kraft gesetzt – das Fahrrad wird abgebremst.

Kein Rad zum Kaufen

Als einziger Mechatroniker unter Informatikern war Student Jens Peter gefordert, den Motorteil zu entwickeln. "Das ist eigentlich eine dumme Idee, diese Bremsenergie, die man normalerweise am Bremshebel erzeugt, wegzuwerfen und unten neu zu erzeugen", sagt er. Doch Versuche und Testreihen an einem Zug wären viel zu teuer und zu gefährlich gewesen. Deshalb hat sich das Team um Professor Hermanns das Fahrrad als Prototyp ausgesucht.

Prof. Hermanns mit seinem TeamBild: Universität des Saarlandes

Auch der Saarbrücker Professor findet eine funkgesteuerte Bremse am Fahrrad eigentlich unsinnig. "Wenn mir das jemand anbieten würde, würde ich es nicht kaufen", sagt er. Trotzdem macht er auf der Cebit Werbung für seine drahtlose Fahrradbremse, denn: "Die Innovation steckt ja nicht in der Tatsache, dass kein Bremskabel da ist, sondern dass dieses durch eine drahtlose Kommunikation ersetzt wird."


Autorin: Carina Dewes
Redaktion: Sabine Damaschke