Die Firma Nanoscribe in Karlsruhe stellt die feinsten 3D-Drucker her, die es gibt: Sie drucken Strukturen - 250 mal feiner als ein Haar. Damit bauen Forscher Minibots, die eines Tages durch den Körper kurven sollen.
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So funktioniert der Spermbot
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Man mag es sich kaum vorstellen: Eine winzige Spirale, ein Miniminiroboter, schnappt sich ein einzelnes Spermium, führt es zielsicher zu einer Eizelle und liefert es dort ab.
Bisher funktioniert dieser Spermbot nur in der Petrischale und mit Rinderspermien. Aber vielleicht könnte er eines Tages Frauen mit Kinderwunsch helfen, sagt Oliver Schmidt vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung in Dresden.
"Bei manchen Männern sind die Spermien zwar nicht mehr beweglich, aber gesund. Die würden wir gerne künstlich antreiben, damit sie ihr finales Ziel auch erreichen." Doch der Weg dahin sei noch weit, fügt der Physiker hinzu.
Die größte Hürde für den Einsatz solcher Mikroroboter im Körper ist die Bildgebung: "In der Petrischale können wir alles mit hochauflösender Mikroskopie machen", sagt Schmidt im Interview mit der Deutschen Welle. "Sobald man aber tief ins Gewebe hineingeht, verliert sich die Auflösung". Auch der modernste Computertomograph reiche bisher nicht aus, um einen so winzigen Roboter sicher an sein Ziel steuern zu können. Zudem muss man den Roboter in Echtzeit verfolgen können.
Die Dresdner Forscher steuern ihren Mikroroboter über ein Magnetfeld, das außen um den Versuchsaufbau rotiert. "Es darf kein permantentes Magnetfeld sein und es reicht aus, wenn das Feld recht schwach ist." Für den menschlichen Körper sei es nicht gesundheitsschädlich, versichert Schmidt.
Herstellung durch Laserlicht in einer Flüssigkeit
Die Mikroroboter-Spirale wurde mit einem 3D-Drucker der Karlsruher Firma Nanoscribe hergestellt. Diese Drucker sind in der Lage, einzelne Punkte mit einem Durchmesser von 200 Nanometern zu drucken. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von 50.000 Nanometern.
Das Drucken geschieht mit einem speziellen Laserlicht in einem Fotolack. "Dort, wo der Laser besonders stark fokussiert ist, wird das Material hart", erklärt Andreas Frölich, Physiker bei Nanoscribe. "So kann man wie mit der Spitze eines Stiftes dreidimensional zeichnen". Die ausgehärteten Strukturen sind aus einem Kunststoff - einem Polymer.
Vom Prinzip her ähnelt das Verfahren einem üblichen fotochemischen Prozess. Bei normalem Fotolack löst ein Lichtteilchen (Photon) ebenfalls eine Polymerisation aus.
Für den Nano-3D-Druck reicht das aber nicht aus: Zum Aushärten des Lackes müssen immer zwei Lichtteilchen gleichzeitig auf ein Molekül treffen, um eine Wirkung zu erzielen. Deshalb nennt es sich auch 2-Photonen-Polymerisation.
Extrem kurze Lichtimpulse bilden einen Kunststoff
Unter normalen Umständen kommt es praktisch nie dazu, dass zwei Photonen gleichzeitig wirken. Um diese zu erzeugen, kommt ein Femtosekundenlaser zum Einsatz. Er erzeugt Pulse, die nur eine hunderttausendmilliardste Sekunde dauern. Sie sind extrem energiereich, werden aber nicht gefährlich heiß.
Weil die Strukturen so winzig sind, geschieht das ganze nicht in einem mit Flüssigkeit gefüllten Behälter, sondern auf einem Chip. Darauf lassen sich hunderttausende derartiger Mikroroboter herstellen.
"Anschließend beschichtet man sie mit magnetischen Materialien", sagt der Dresdner Physikprofessor Schmidt. "In einem weiteren Verfahren lösen wir die Roboter komplett ab und sie gelangen in eine Flüssigkeit". Dann können sie für medizinische oder Laborzwecke verwendet werden.
Mit Spermien gegen Krebs?
Noch bevor es zur Befruchtung einer Eizelle mit Hilfe eines solchen Mikroroboters kommen könnte, lässt sich vielleicht eine andere Anwendung realisieren, hofft Schmidt. Gemeinsam mit seinem Team möchte er mit Hilfe von Spermien Krebs bekämpfen. Wie das gehen soll? Spermien haben eine ganz besondere Fähigkeit: Sie sind in der Lage, Zellwände zu durchdringen.
"Es ist möglich, Spermien mit chemotherapeutischen Medikamenten zu befüllen", sagt Schmidt. "Diese transportieren das Medikament zu Krebszellen und geben es dort ab."
Das Problem mit der unzureichenden Bildgebung, ließe sich bei einer solchen Anwendung möglicherweise einfacher lösen. Die Forscher würden nicht mehr einen einzelnen Mikroroboter steuern, sondern gleich einen riesigen Spermbot-Schwarm. Und der wäre auch mit vorhandenen Möglichkeiten leichter sichtbar zu machen.
So könnten Mediziner vielleicht einmal Medikamente präzise dorthin bringen, wo sie gebraucht werden. Eine Chemotherapie wäre dann für den Patienten viel schonender.
Viele weitere Anwendungen in der Medizin
Für Mikrostrukturen aus dem Nanoscribe 3D-Drucker gibt es eine Fülle weiterer Anwendungen. Einige davon wurden auch schon erfolgreich erprobt. So gelang es italienischen Medizinern, die feine Oberflächenstruktur eines Knochens zuerst mit einem Mikro-CT abzuscannen und dann detailgetreu auf eine Oberfläche zu übertragen. Anschließend versetzten die Forscher diese Oberfläche im Labor mit lebenden Knochenzellen. Und siehe da: "Sie wurden viel besser angenommen als es von einer glatten Oberfläche zu erwarten gewesen wäre", erzählt Andreas Frölich von Nanoscribe.
Auch am Karlsruhe Institut für Technologie (KIT) haben Forscher Strukturen so ausgedruckt, damit sich Zellen wohlfühlen und ansiedeln. "Es geht darum, Zellen vorzugaukeln, dass sie in ihrer natürlichen Umgebung sind".
Die Mikro-Drucker kommen auch bei der Herstellung feinster Instrumente für minimalinvasive Operationen zum Einsatz: "Wir haben Kunden, die auf neuartige Endoskope Linsensysteme oder Mini-Greifer auf Drähte drucken", sagt der Physiker. "So lässt sich der Operationsort im Körper beobachten, gleichzeitig kann man mit dem daneben liegenden Greifer zum Beispiel in der Blutbahn ein Pfropfen entfernen". Noch ist die Technik nicht in den Krankenhäusern angekommen, aber erprobt wird sie schon.
3-D-Druck hilft Mensch und Tier
Bauteile aus dem 3-D-Drucker sind längst auch in der Medizin angekommen. Einiges wird schneller in der Tiermedizin umgesetzt als am Menschen - weil hier die Genehmigungsverfahren nicht so kompliziert sind.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Schulze
Mit dem zweiten Bein steht es sich besser
Im Weltvogelpark im niedersächsischen Walsrode hat Sekretär Söckchen einen neuen Unterschenkel bekommen. Die Vogeldame hatte sich ein Bein gebrochen. Weil die Nervenbahnen durchtrennt waren, musste das Bein amputiert werden, meldete der Vogelpark. Mit einem Ersatzbein aus dem 3-D-Drucker kann Söckchen jetzt wieder laufen. Söckchen ist knapp drei Jahre alt und rund 120 Zentimeter groß.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Schulze
Operation geglückt
Die Welt für den Tukan Grecia ist fast wieder in Ordnung. Nach knapp einem Jahr intensiver Bemühungen haben Veterinärmediziner des Tierparks Zoo Ave bei San José in Costa Rica dem Vogel einen neuen Schnabel verpasst. Das Besondere daran: Der Schnabel stammt aus dem 3-D-Drucker und wurde passgenau für Grecia gefertigt.
Bild: picture-alliance/dpa/Rescate Animal Zoo Ave/H. A. Rivera
Schnabelprothese
Der Tukan war Ende 2014 von Jugendlichen schwer misshandelt worden. Um den neuen Schnabel zu entwerfen, wurde zunächst der Schädel des Tieres in einem Computertomographen eingescannt. Danach entwickelten die Ärzte am Computer ein passgenaues Modell, dass später angebracht wurde.
Bild: Getty Images/AFP/Ezequiel Becerra
Ein Rollstuhl für Luisa
Medizinische Ersatzteile aus dem 3-D-Drucker sind längst keine Ausnahme mehr. Auch Tiere können davon profitieren. Diese ehemalige Straßenhündin aus Italien verlor bei einem Unfall ihre Vorderbeine. Damit sie nicht immer auf die Schnauze plumpst, hat ihre neue Familie bei Ravensburg ihr einen Spezialrollstuhl mit 3-D-Prothese gebaut.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Kästle
Brustschale aus dem Drucker
Luisa lebt bei Manuel Tosché und seiner Partnerin Petra Rapp. Die beiden betreiben eine Entwicklungsfirma für 3-D-Drucker. Die mit weichem Plüsch überzogene Brustschale ist eine Entwicklung des Sohnes und seiner Freundin. Sollte Luisa noch wachsen, kann eine größere Brustschale ausgedruckt werden.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Kästle
Neue Hand dank 3-D-Drucker
Auch Menschen hilft die Drucktechnik: Der sechsjährige Maxence aus Frankreich hat eine Handprothese aus einem 3-D-Drucker bekommen. Er kam ohne rechte Hand zur Welt. Die orange-gelb-blaue Prothese kostete unter 50 Euro in der Herstellung.
Bild: J. Pachoud/AFP/Getty Images
Ersatz für die Schädelplatte
Hier sind sowohl der Kunststoffschädel als auch die Titan-Schädelplatte durch den 3-D-Druck entstanden. Vorlage war eine CT-Aufnahme - also eine dreidimensionale Röntgenaufnahme - des Patienten. So konnte die Schädelplatte feiner als auf einen Zehntelmillimeter genau angepasst werden.
Bild: DW/F. Schmidt
Knochen, der nachwächst
Dieses Implantat wurde in einem ähnlichen Verfahren aus Hydroxylapatit-Pulver hergestellt. Der Ersatzknochen - entwickelt am Foschungszentrum Caesar - verwächst mit der Zeit mit dem wirklichen Knochen. Nach und nach bildet sich echtes Knochenmaterial, während das Implantat langsam verschwindet.
Bild: caesar/3mat
Individualisierte Medizin für jedermann
Längst hat der 3D-Druck in der Zahnmedizin Einzug gehalten. Die Zeiten, als Zahnärzte aufwendig und kompliziert Abdrücke direkt vom Gebiss des Patienten nehmen mussten, sind längst vorbei. Heute wird das Gebiss im CT dreidimensional vermessen, die elektronischen Daten gehen ans Labor und der passende Zahnersatz kommt wenige Tage später von einem Spezialhersteller.
Bild: DW/F. Schmidt
Knochenkrebs durch Modell erkennen
Hier wurde das Modell eines von Krebs zersetzten Knochens an der Universität Duisburg ausgedruckt und aufgeschnitten. Solche Modelle können einerseits in der medizinischen Aus- und Fortbildung zum Einsatz kommen, andererseits können sie auch Ärzten helfen, Operationen vorzubereiten.
Bild: DW/F.Schmidt
Schwieriger bei weichen Organen
Bisher fällt es Medizinern jedoch schwer, den 3-D-Druck bei beweglichen Körperteilen zu nutzen, wie bei diesem Herz. Zwar ist es möglich, eine computertomographische Aufnahme des Herzens mit all seinen Verästelungen anzufertigen und dann auch das Ergebnis auszudrucken, aber das taugt höchstens als Präsentation im Unterricht .
Bild: DW/F.Schmidt
Gedrucktes Zellmaterial
Am Inserm-Institut bei Bordeaux wird seit 2005 mit gedruckten Zellstrukturen geforscht. Das Ganze nennt sich "Bioprinting". 10.000 Tröpfchen pro Sekunde kann ein solcher Zell-Drucker liefern. Bisher kann der Drucker menschliche Zellen reproduzieren, etwa als Probenmaterial - um Tierversuche zu vermeiden.
Bild: Reuters/R. Duvignau
Zellen für bestimmte Patienten
Als nächstes Ziel hat sich Inserm die Entwicklung individualisierter Zellstrukturen gesetzt. Damit könnten also für einen einzelnen Patienten genau die Zellen geliefert werden, die er braucht und die der Körper auch nicht abstößt. Später hoffen die Erfinder, implantierbare Zellstrukturen - etwa Organe oder zumindest Teile davon - herstellen zu können.
Bild: Reuters/R. Duvignau
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Filigrane Natur als Vorbild für den Flugzeugbau
Der 3D-Druck ermöglicht Ingenieuren und Designern ganz anders an die Konstruktion von Bauteilen heranzugehen. Inspirieren lassen sie sich von der Natur.
Bild: picture-alliance/dpa/R.Neder
Hauchdünn aber tragfähig
Die Victoria-Seerose ist eine zierliche aber auch starke Pflanze: Dieses Baby trägt sie mit Leichtigkeit. Große Exemplare können sogar einen Erwachsenen tragen. Aber wie schaffen die grazilen Pflanzen das?
Bild: picture-alliance/dpa/R.Nederstigt
Mit dem 3D-Scanner dem Rätsel auf der Spur
Wie das möglich ist, versucht hier ein Luftfahrt-Ingenieur von Airbus herauszufinden. Zunächst scannt er die filigrane Struktur der Victoria-Seerose mit einem 3D-Scanner ab. Anschließend gibt er die Daten in einen Computer ein.
Bild: Airbus
Optimale Lastenverteilung via Computer
Am Computer lassen sich Modelle aus der Natur gut darstellen. Das Nachahmen solcher Vorbilder in Design und Konstruktion nennt sich Bionik. Dieses Beispiel stammt vom Alfred-Wegener-Institut für Polar und Meeresforschung. Hier errechnet der Computer, wie eine tragende Netzstruktur am besten gebaut sein muss, um Lasten an zwei festgelegten Punkten zu tragen.
Tragende Stege
So ähnlich macht es auch die Seerose. Die Stege sind dort dicker und dichter angeordnet, wo große Belastungen auftreten. Dort, wo weniger Druck oder Masse auf die Oberfläche der Seerose wirkt, werden die Abstände größer und die Stege schmaler und niedriger.
Bild: Airbus
Der Seerosen-Spoiler
Und das kommt dabei heraus: Ein Flugzeug-Spoiler, den Airbus unter Anwendung des Seerosen-Modells entworfen und dann durch selektives Laserschmelzen ausgedruckt hat. Es ist eine ultraleichte - aber hochstabile - Metallkonstruktion, die so mit anderen Herstellungsverfahren gar nicht möglich gewesen wäre.
Bild: DZP/Ansgar Pudenz
Innovator bei Airbus
Peter Sander hat den 3D-Druck bei Airbus in Hamburg vorangetrieben. Der Seerosen-Spoiler ist nur eins von vielen Projekten, die er dort mit dem Laserzentrum Nord - einer universitätsnahen Produktionsgesellschaft - umgesetzt hat. Seit 2016 betreibt Airbus die Serienfertigung mit eigenen 3D-Druckern.
Bild: Airbus
Vorbilder gibt es auch im Kleinen
Auch dieses Vorbild für bionischen Leichtbau stammt vom Alfred-Wegener-Institut. Es ist die mikroskopische Aufnahme einer Kieselalge. Die Skelette der Kleinstorganismen müssen extrem hohen Belastungen standhalten. Daher schützen sie sich seit Beginn der Evolution durch die Nutzung von Konstruktionsprinzipien, die gewaltige Lasten tragen können.
Bild: Alfred-Wegener-Institut für Polar und Meeresforschung
Tragplatten nach Kieselalgenvorbild
Forscher des Instituts haben nach dem Vorbild solche Wabenstrukturen geschaffen, die sich in der Praxis für viele Bereiche des Leichtbaus eignen, etwa für Flugzeuge oder Automobile. Auch diese Trägerplatten wurden mit 3D-Druckern ausgedruckt, allerdings nicht aus Metall, sondern aus Kunststoff.
Bild: DW/Fabian Schmidt
Zurück im Flugzeug
Hier wurde ein ganzes Flugzeug nach bionischen Prinzipien entworfen. Das Gehäuse sieht aus als sei es wie ein Baum gewachsen. Diese Studie von Airbus ist noch weit von der Umsetzung entfernt. Es wird also sicher noch einige Jahrzehnte dauern, bis wir diesen Ausblick genießen können.
Bild: AIRBUS S.A.S.
Das Flugzeug der Zukunft
Die Metalldrucker, die bei Airbus in Betrieb sind, können nur verhältnismäßig kleine Teile ausdrucken - bis zu etwa einem Meter Kantenlänge. Ganze Flugzeuge, so wie hier, wird es so schnell nicht aus dem Drucker geben. Aber auch kleine Teile bringen erhebliche Gewichtseinsparungen - und damit verbrauchen die Flieger der Zukunft deutlich weniger Sprit.