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Mit dem Rad durch das herbstliche Altmühltal

Tankred Gugisch22. Oktober 2015

Die Altmühl ist eine echte Bayerin. Gemütlich fließt sie der Donau entgegen. Rund 250 Kilometer sind es von der Quelle bis zur Mündung. Eine Flusslandschaft für Genießer.

Altmühltal
Bild: picture alliance/Bildagentur Huber

Vorbei an Klöstern und Burgen, Felsen, Wiesen und Wacholderheiden bahnt sich die Altmühl ihren Weg Richtung Osten. Ihre bayerische Heimat verlässt die Altmühl dabei nie. Aber wie es hier so Brauch ist, lässt sie sich auf ihrem kurvigen Weg gerne von Wanderern und Radfahrern begleiten. Denn Gastfreundschaft ist in dieser Region so sicher wie der Morgennebel im Herbst.

Wer sich früh genug auf den Weg macht, sieht das Wasser dampfend aus den Wiesen steigen. Krähenschwärme sammeln sich im Geäst der Buchen, die ihr Laub in diesem Jahr schon früh verloren haben. Selbst die Störche fühlen sich am Morgen ungestört. Sie stolzieren über die Wege, die eigentlich den Radwanderern zugedacht sind. Doch Radtouristen gibt es nur wenige zu dieser Jahreszeit. Der große Tross hat dem Sommer den Vorrang gegeben.

Immer der Mündung entgegen

Für die Gäste des Altmühltals reiht der Herbst einen perfekten Tag an den anderen. Noch sind Restaurants, Hotels und Pensionen geöffnet, doch es geht jetzt ruhiger zu. Der Wirt kommt gern auf einen Schwatz an den Tisch, die Herbergsmutter freut sich über Besuch. Niemand drängelt am Tresen. Die Saison ist gelaufen, und sie war gut. Der Naturpark Altmühltal ist beliebt, rund 700.000 Gäste kommen Jahr für Jahr.

Das Radfahren entlang der Altmühl beglückt die Genießer ebenso wie die Sportbegeisterten, denn alles ist letztlich eine Frage der Richtung. Wer den landschaftlichen Reiz dem Pedal-Sport vorzieht, radelt mit der Strömung, immer der Mündung entgegen. Das Muskeltraining gibt es in der Gegenrichtung, denn da geht es bergan, sanft aber stetig.

Der Altmühltal-Radweg führt von Rothenburg ob der Tauber bis nach Kelheim, wo die Altmühl in die Donau mündet.Bild: FrankenTourismus/ROM/Hub

Um sich mit dem Rad auf den Weg zu machen, braucht es nicht viel. Gute Radwanderkarten für das Altmühltal gibt es gleich mehrere. Besonders praktisch ist das Leporello-Format im Maßstab 1:50.000, da hier das umständliche Entfalten einer großen Karte entfällt. Ganz nebenbei feiert man beim Leporello schon nach jeweils zehn Kilometern den kleinen Erfolg, dass wieder eine Seite "durchfahren" ist.

Die Liste der fahrradfreundlichen Gastgeber, schönsten Einkehrmöglichkeiten und lohnenden Streckenabschnitte lässt man sich am besten zuschicken, kostenlos vom Tourismusverband Franken.

Ausgangspunkt unserer Tour ist das mittelfränkische Städtchen Gunzenhausen am Altmühlsee. Ein geschichtsträchtiger Ort, hier verlief einst die Außengrenze des Römischen Reiches. Die rund 500 Kilometer lange Befestigung mit ihren Grenztürmen ist teilweise noch erhalten. Der Limes gilt heute als längstes Bodendenkmal nach der Chinesischen Mauer und wurde vor zehn Jahren als UNESCO-Weltkulturerbe geadelt.

Die Lenker unserer Räder zeigen gen Osten, zu den Fitness-Reisenden zählen wir damit nicht. Das Landschaftsprofil unserer Radwanderkarte sieht aus wie ein Tür-Keil, auf dessen abschüssiger Gerade wir direkt nach Kelheim rutschen könnten. Dort liegt unser Ziel, 165 Kilometer flussabwärts. 73 Meter Höhenunterschied reichen zum Rutschen wohl nicht, zum Radeln sind sie ideal. Ohnehin wollen wir die Strecke nicht "in einem Rutsch" erledigen, fast eine Woche Zeit ist eingeplant. In die Schublade des "Genussradlers" lassen wir uns gerne pressen.

Die Holzbrücke bei Essing ist fast 190 Meter lang, eine der längsten Holzbrücken Europas.Bild: FrankenTourismus/ALT/Hub

Bayern ganz unaufgeregt

Das Altmühltal ist Bayern in seiner lieblichsten Form. Keine hohen Gipfel und tiefen Täler, sondern eine sanfte, fruchtbare Flusslandschaft, die schon in der Urzeit besiedelt wurde.

Burgen, Burgruinen und die Überreste römischer Bauten zeugen von vergangenen Tagen. Viele lohnen die Besichtigung: das Stadtschloss in Treuchtlingen, Burg Prunn bei Riedenburg, die Willibaldsburg bei Eichstätt. Diese Liste ließe sich lange fortsetzen. Ungeachtet der historischen Kleinode liegt der Reiz der Tour im sanften Dahingleiten entlang und mit der Altmühl. Es ist ein bisschen wie mit den berühmten Red Rocks im Westen der USA: Als Fotomotiv sind sie beeindruckend, doch ihren wahren Reiz kann man nur vor Ort empfinden. Denn dieser liegt in der Weite der Landschaft, die sich von der Kamera nicht einfangen lässt.

Burg Pappenheim wurde im 12 Jh. erbaut und diente einst als Residenz der Reichserbmarschälle des Heiligen Römischen Reiches.Bild: picture-alliance/Christine Koenig

Geschichte am Wegesrand

Auf Burg Pappenheim gönnen wir uns einen ausführlichen Stopp. Da sind schon mehr als 30 Kilometer geschafft, die allerdings in den Beinen stecken. Geht es sonst immer flach am Ufer entlang, setzt die Besichtigung der Burgruine das Erklimmen des Hügels voraus.

Eine lohnende Anstrengung, nicht nur wegen der historischen Bedeutung des Ortes. Der Blick über Pappenheim und das Flusstal ist weit und weckt die Vorfreude auf das Kommende. "Ich kenne meine Pappenheimer", heißt ein vielzitierter Spruch, nach dessen Ursprüngen wir uns im Museumsshop erkundigen. Die Erklärungen sind wortreich, ganz offensichtlich gibt es mehrere davon. Beim Verlassen der Burg kennen wir diese Pappenheimer zumindest besser als zuvor.

Als wir an der Weidenkirche von Pappenheim vorbeiradeln, bricht schon der Nachmittag an. Eine ausführliche Einkehr liegt hinter uns, Kraft zum Radeln gibt es also wieder genug. Aber eine Kirche, die "lebt und wächst", das haben wir noch nie gesehen. So wird erneut abgestiegen, um das ungewöhnliche Gotteshaus in Augenschein zu nehmen. Wer aus der Mitte des Chorraums in den Himmel blickt, vergisst die Zeit und angeblich auch seine Sorgen.

Die Weidenkirche ist 30 Meter lang und bietet rund 150 Menschen Platz. sie ist einzigartig in Bayern.Bild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Eine Woche ist schnell vorbei

Die Herzogstadt Kelheim erreichen wir wie geplant nach fünf Tagen. Und nie ist es uns anders ergangen, als am allerersten Tag: Immer war es spannend, immer wurden wir freundlich aufgenommen. Wenn man nur lange genug in die Pedale tritt, gewinnen die Dinge in unserer Aufmerksamkeit eine gewisse Gleichberechtigung: das barocke Häuserensemble der Bischofsstadt Eichstätt und der gigantische Rübenhaufen am Wegesrand. Die Schleuse bei Dietfurt und die Schafherde, die uns zum Absteigen zwingt, die geschwungene Holzbrücke bei Essing und die Bushaltestelle in Pfalzpaint, die ein Künstler den Simpsons gewidmet hat. Alle diese Orte bleiben uns in guter Erinnerung.