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Das Pfund verliert

9. Juni 2017

Nach den Wahlen in Großbritannien zeichnet sich eine Hängepartie im Parlament ab, das britische Pfund geht auf Talfahrt. Die Börsen in London und Frankfurt ziehen allerdings munter ins Plus. Ökonomen mahnen.

Großbritannien - Britisches Pfund - Symbolbild
Bild: Reuters/P. Noble

Das britische Währung fuhr am Freitag Achterbahn und verbilligte sich in der Spitze um bis zu 2,4 Prozent. Das Pfund Sterling wurde zwischenzeitlich nur noch mit 1,2635 Dollar notiert. Das war ein Zwei-Monatstief. Ähnlich tief lag das Pfund um den 18. April, als Ministerpräsidentin Theresa May überraschend zu vorgezogenen Neuwahlen aufrief. 

Die Börse in London, beflügelt von Export-Unternehmen, reagierte offenbar mehr auf das fallende Pfund als auf den Wahlausgang. Der Leitindex FTSE 100 eröffnete bereits im Plus und legte dann am Tage um bis zu 1,3 Prozent zu - noch etwa 50 Zähler von einem Rekordhoch entfernt.
 

Börsen im Hoch

An den asiatischen Aktienmärkten hatte die Wahl in Großbritannien kaum eine Rolle gespielt. Die meisten Indizes dort legten zu. In Frankfurt überwand der Deutsche Aktienindex Dax erstmals in der laufenden Woche die Marke von 12.800 Punkten, nachdem in den Tagen vor der britischen Wahl Zurückhaltung geherrscht hatte.

Das Rekordhoch des deutschen Leitindex bei 12 878 Punkten aus der Vorwoche rückt nun wieder näher. Offenbar setzen die Anleger am deutschen Aktienmarkt am Freitag nach der Schlappe der britischen Konservativen bei der Wahl auf eine gütliche Einigung im Brexit-Streit.

Ähnlich urteilen Ökonomen in Deutschland. Eine Einigung der Europäischen Union mit Großbritannien bei den Brexit-Verhandlungen sei nun wahrscheinlicher geworden, findet etwa Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Zwar sei völlig offen, wie die nächste britische Regierung aussehen werde, auch Neuwahlen seien möglich, so Krämer am Freitag. "Aber eines ist sicher: Der harte Brexit wurde abgewählt." Die EU habe schließlich starke wirtschaftliche Interessen, sich mit London am Ende zumindest auf eine Freihandelszone, möglicherweise auch auf eine Zollunion zu einigen.

"Der Schuss ging für Frau May kräftig nach hinten los“, urteilt Anton Börner, der Präsident des deutschen Aussenhandelsverbands BGA, und äußert sich sehr viel skeptischer. Der Wahlausgang sei eine schlechte Nachricht für Brüssel. "Der Verlust der absoluten Mehrheit vergrößert und verlängert die Unsicherheit über die Modalitäten des Brexit und verkompliziert die ohnehin schwierigen Verhandlungen.“ Es sei nun gut möglich, dass die  Schwächung der Position von May in Brüssel zu einer noch härteren Gangart in den Verhandlungen führe.

Keine Gewinnerin: Theresa May, britische RegierungschefinBild: Reuters/T. Melville

"Atemberaubend gescheitert"

Jedenfalls hätten die Wähler dem bisherigen Brexit-Kurs von May "ganz klar eine Absage erteilt", findet auch Lutz Karpowitz, Analyst bei der Commerzbank: "Der Plan von Premierministerin Theresa May ist atemberaubend gescheitert." Nichts könnten die Briten nun weniger gebrauchen als eine lange Regierungsbildung. "Immerhin läuft die Frist für den Austritt aus der EU schon."

Die Wahrscheinlichkeit erneuter Wahlen mache Theresa May von Anfang an zu einer 'lame duck', prognostiziert Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung DIW. Das schade der Glaubwürdigkeit der britischen Regierung in den Verhandlungen mit der EU. "Die Verluste für Theresa May sind auch eine Absage an ihre harte Haltung in den Brexit-Verhandlungen. Die Wahlen haben das Land weiter gespalten und bedeuten viel verlorene Zeit in den Brexit-Verhandlungen", so Fratzscher. "Großbritannien wird einen hohen wirtschaftlichen Preis für die Brexit-Entscheidung zahlen, welcher sich durch die Wahlen weiter vergrößern wird."

Kategorisch in seiner Einschätzung der Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank, Ulrich Stephan: "Theresa Mays Plan ist nicht aufgegangen: Bei hoher Beteiligung versagten ihr die britischen Wähler eine stärkere Rückendeckung für ihren harten Brexit-Kurs."  

ar/hb (dpa, rtr) 

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