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Mit Diversität erfolgreich

2. März 2021

Vielfalt ist gut und notwendig für Unternehmen, mehrere Studien sehen sie als Grundlage für größeren wirtschaftlichen Erfolg. Doch Vielfalt kann auch zu neuen Konflikten führen.

Deutschland Migranten Integration Deutsch-Kurse
Bild: picture-alliance/dpa/W. Grubitzsch

Es ist nicht wirklich neu, dass Diversität gut für Unternehmen ist. "Deutschland ist insgesamt ein vielfältiges Land, und wir beziehen einen großen Teil unserer Leistungsfähigkeit aus dieser Vielfalt", sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Wir müssen sie als Chance begreifen, um ihre Potenziale zu nutzen."

Potenziale scheint es viele zu geben. So haben Unternehmen mit hoher Gender-Diversität eine um 25 Prozent größere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein. Das ergab 2020 eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey. Ist der Vorstand eines Unternehmens auch in ethnischer Hinsicht vielfältig besetzt, ist die Firma sogar zu 36 Prozent überdurchschnittlich profitabel. Für diese Studie wurden Daten von mehr als 1.000 Unternehmen in 15 Ländern analysiert.

In Zukunft dürfte es für Unternehmen noch wichtiger werden, sich vielfältig aufzustellen - allein aufgrund der demografischen Entwicklung. Bis 2060 werden nur noch 65 Millionen Menschen in Deutschland leben - vorausgesetzt, es wandern jährlich 100.000 Menschen ein. Und bereits in 25 Jahren wird rund ein Drittel der Bevölkerung 65 Jahre oder älter sein, so die Prognose des Statistischen Bundesamts.

Thomas dominiert

Trotzdem ändert sich die Gesellschaft nur sehr langsam. Vor mehr als drei Jahren hat die Allbright Stiftung untersucht, wie es an der Spitze der 30 größten deutschen börsennotierten Firmen aussieht, aus denen sich der Deutsche Aktienindex (DAX) zusammensetzt. Das Ergebnis: Thomas dominiert. Im März 2017 bestanden die Vorstände zu 93 Prozent aus Männern, die sich in Alter, Herkunft und Ausbildung stark gleichen. Fünf Prozent der CEOs heißen sogar Thomas, und es gab mehr Vorstandsmitglieder, die Thomas oder Michael hießen (49), als es insgesamt Frauen gab (46).

Dabei hatten sich deutsche Unternehmen schon 2001 selbst verpflichtet, einen höheren Frauenanteil in Führungspositionen anzustreben.

Und heute? Derzeit sind noch nicht einmal zwölf Prozent aller 681 Vorstandsmitglieder von Unternehmen in den Börsensegmenten Dax (große Aktiengesellschaften), MDax (mittelgroße) und SDax (kleine) weiblich, so das Beratungsunternehmen EY Anfang dieses Jahres. Erst Anfang Mai wird voraussichtlich erstmals eine Frau alleinige Vorstandschefin eines DAX-Konzerns.

Das Argument, es gebe nicht genügend Frauen, die für solche Führungsrollen in Frage kämen, ziehe inzwischen nicht mehr, sagt Ana-Christina Grohnert von der Charta für Vielfalt, einem Verein unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin, zur DW. 

Auch auf politischer Ebene sind Frauen in vielen Ländern nicht gleichberechtigt

Das Thema Diversität ist breiter gefasst und reicht weit über die Gleichberechtigung der Frauen hinaus. Es geht auch darum, Menschen beispielsweise nicht aufgrund ihrer körperlichen und geistigen Fähigkeiten, ihres Alters, ihrer Hautfarbe, ihrer Sexualität, ihrer Religion, ihrer sozialen und ethnischen Herkunft oder ihrer Nationalität zu diskriminieren.

Lippenbekenntnisse?

Dass Vielfalt gefördert werden sollte, scheint langsam ins Bewusstsein der Wirtschaft zu rücken. So haben inzwischen rund 3.800 Organisationen mit insgesamt rund 14 Millionen Beschäftigten die Selbstverpflichtung "Charta der Vielfalt" unterzeichnet. Darunter befinden sich 25 der 30 DAX-Konzerne, aber auch kleinere Unternehmen und Behörden. Ursprünglich wurde die Charta der Vielfalt 2006 von vier Unternehmen ins Leben gerufen. Seit 2010 gibt es den gleichnamigen gemeinnützigen Verein.

Menschen mit Behinderung haben es im Berufsleben oft besonders schwer. Der Kinderfahrradhersteller Puky hat sie gut integriertBild: DW/I. Wrede

Das hört sich nach einer breiten Zustimmung an. Insgesamt haben aber 2020 immer noch zwei Drittel der Unternehmen keine Maßnahmen im Diversity-Management umgesetzt, und auch für die Zukunft planen nur 19 Prozent konkrete Maßnahmen, heißt es in einer Studie des Vereins "Charta für Vielfalt".

Tischsitten und Kuchen

Durch mehr Vielfalt können auch Konflikte entstehen, sagt der Soziologe Aladin El-Mafaalani, Professor an der Universität Osnabrück. War unsere Gesellschaft vor einigen Jahrzehnten noch wie ein Raum mit einem Tisch, an dem wenige ältere, weiße Männer Platz genommen hatten, so würden sich inzwischen zunehmend einst Benachteiligte mit an den Tisch setzen - Frauen, Menschen mit Behinderung, Nicht-Heterosexuelle, Menschen mit Migrations- und nichtchristlichem Hintergrund.

All diese neuen Gruppen wollen aber nicht nur ein Stück vom Kuchen, sondern sie hinterfragen unter Umständen auch die Tischsitten und ob der Kuchen überhaupt der richtige ist. "Menschen, die gut integriert sind und am Tisch sitzen, fordern gleichberechtigte Teilhabe ein", so El-Mafaalani in einem Artikel für die Bundeszentrale für Politische Bildung. Ein vielfältigerer Input könne also nicht nur zu einem vielfältigerem Output führen, sondern auch zu Konflikten. Allerdings seien Konflikte nicht unbedingt etwas negatives. 

"Diversität schafft keine Harmonie, sondern erfordert Energie," sagt auch Julia Sperling von McKinsey. "Es ist deutlich einfacher, Entscheidungen in einer homogenen Gruppe zu treffen, in der ohnehin alle einer Meinung sind. Aber unsere Studie beweist eindeutig: Die Mühe lohnt sich."

Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion
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