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Insekten gegen gefährliche Keime

Judith Hartl16. Januar 2014

Das Pharmaunternehmen Sanofi und Fraunhofer gründen ein Forschungszentrum. Dort wollen Wissenschaftler herausfinden, welche Naturstoffe sich zur Entwicklung von Antibiotika eignen.

Marienkäfer (Foto: Khondalkhan).
Bild: Khondalkhan

Die Entwicklung neuer Antibiotika sei überfällig, sagt Andreas Vilcinskas. Deswegen leitete der Biologe vom Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME) in Gießen eine enge Kooperation mit dem französischen Pharmariesen Sanofi in die Wege.

Antibiotika gelten als wichtige Medikamente, um Infektionserkrankungen, wie Tuberkulose, erfolgreich zu bekämpfen. Doch mittlerweile gibt es immer weniger wirksame Mittel. Viele Bakterien werden zunehmend resistent und sprechen so gut wie überhaupt nicht mehr auf die gängigen Antibiotika an. Weltweit ein Riesenproblem, sagt Vilcinskas.

Von der Natur lernen

Die Forschung müsse sich in Zukunft andere Strategien überlegen, um neue effiziente Medikamente zu entwickeln. In den vergangenen Jahren wurde "immer mehr Geld in die Forschung gesteckt aber immer weniger Wirkstoffe wurden gefunden". Jetzt sei die Devise, wieder "mehr von der Natur zu lernen" und erfolgreiche Organismen daraufhin zu untersuchen, "wie sie sich gegen gefährliche Krankheitserreger verteidigen".

Zusammen mit dem weltweit viertgrößten Pharmakonzern Sanofi wollen die Fraunhofer Forscher in Zukunft Antibiotika entwickeln, die auf Naturstoffen basieren wie der aus einem Schimmelpilz entwickelte Klassiker Penicillin.

Bei der gemeinsamen Arbeit gehe es aber ausschließlich um Wirkstoffe aus Insekten, sagt Vilcinskas. Mit über einer Million Arten seien Insekten die erfolgreichste Tiergruppe auf der Erde. "Ein riesiger Wirkstoffschrank", schwärmt der Fraunhofer-Forscher. Als Beispiel nennt er die sogenannten Wundmaden, die weltweit schon als Medikament zugelassen und sogar im Internet erhältlich sind. "Die Tiere können die Wundheilung beschleunigen. Man weiß nicht genau wie, aber wenn man den Madenspeichel auf die Wunde packt, heilt sie bis zu 18 Mal schneller."

Insekten im Dreck sind besonders interessant

Vor allem Insekten, die sich an Lebensräume anpassen mussten, welche extrem mit Krankheitserregern - also Bakterien oder Pilzen - belastet sind, seien für die Wirkstoffsuche interessant, sagt Vilcinskas. Zum Beispiel Rattenschwanzlarven. "Es sind die einzigen Tiere, die in Gülle und Jauche leben können" und deswegen ein Top-Immunsystem besitzen, um nicht krank zu werden. "Wir haben sie untersucht und sind fündig geworden."

Ziel sei es, solche Wirkstoffe in großem Maßstab herzustellen und möglichst auch auf den Markt zu bringen. Doch leider sei der Aufwand enorm, beklagt Andreas Vilcinskas: "Eine Medikamentenentwicklung dauert heute im Schnitt 15 Jahre und kostet hunderte von Millionen". Nur große Pharmaunternehmen trauen sich da ran, sagt Vilcinskas: "deswegen auch die Zusammenarbeit mit Sanofi".

Die Wissenschaftler von Fraunhofer und Sanofi werden zunächst in den Sanofi-Laboren in Frankfurt am Main arbeiten. Voraussichtlich 2017 sollen sie in ein neues Gebäude in Gießen umziehen.

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