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Mit Mercedes geht es bergab

Ralf Jäckel 29. März 2004

Taxifahren, das heißt in Deutschland meist auch: Mercedes fahren. Doch die Beschwerden über die Fahrzeuge häufen sich. Nicht nur die Taxifahrer sind enttäuscht und wollen der Marke mit dem Stern den Rücken kehren.

Es muss nicht immer der eine seinBild: AP

Am Taxistand am Hauptbahnhof in Köln herrscht jeden Tag Hochbetrieb: Rund zwei Dutzend beige lackierte Taxis drängeln sich dicht an dicht hinter- und nebeneinander. Fast alle tragen den typischen Mercedes-Stern auf der Motorhaube. Aber auch zwei japanische Autos haben sich darunter "verirrt". "Mein Chef hat die gekauft, weil die billiger sind", erklärt einer der Toyota-Fahrer. "Weil DaimlerBenz zu teuer ist: Die Werkstätten sind zu teuer, die Anschaffung ist zu teuer."

Auch die Taxifahrer, die einen Mercedes fahren, sparen nicht mit Kritik. Vor allem die neue E-Klasse bereitet ihnen Bauchschmerzen. "Der hat zu viel Elektronik, da geht zu viel kaputt", bemängelt ein Fahrer. "Früher hatte man das Ding drei Jahre gefahren und es ist nix passiert. Heute hängt man die ganze Zeit in der Werkstatt."

Immer weniger Taxis mit dem "Stern"

Nicht nur bei den Taxifahrern, in der gesamten Branche hat der Ruf des Unternehmens DaimlerChrysler gelitten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage bei Taxiunternehmen, die das Magazin "Stern" in Auftrag gegeben hat. Bemängelt werden vor allem Qualität und Zuverlässigkeit der Mercedes-Fahrzeuge. Aber auch die hohen Preise. Die Studie zeigt: Fast zwei Drittel, nämlich 62 Prozent, der befragten Firmen findet die Marke Mercedes zu teuer.

Bild: BilderBox

Boris Wintzenburg vom "Stern", der die Umfrage ausgewertet hat, weiß, dass bei Kaufentscheidungen auch längerfristige Faktoren eine Rolle spielen - weil man sich zum Beispiel an einen Wagen gewöhnt hat oder den besonderen Service in der Werkstatt nicht missen will. Aber die Haltung "Einmal Mercedes - immer Mercedes" bröckelt. "Es hat uns überrascht, dass von den Unternehmen, die ausschließlich Mercedes-Fahrzeuge fahren, 34 Prozent gesagt haben, sie wollten die Marke wechseln", berichtet Wintzenburg.

Schlechter Eindruck erzeugt schlechtes Image

Für die Autokonzerne sind Taxifahrer eine wichtige Zielgruppe. Denn sie fahren jedes Jahr Tausende Leute hin und her - und prägen dabei das Image der Automobilbranche über ihre Fahrzeuge. "Über was redet man denn, wenn man in ein Taxi steigt", fragt Wintzenburg und gibt die Antworten gleich selbst: Ist das das neueste Modell? Wie fährt sich der Wagen denn? "Und wenn es dann heißt 'Tja, nicht so gut', dann ist das keine gute Werbung", fasst Wintzenburg zusammen.

Gute Werbung könnte Mercedes-Bauer DaimlerChrysler derzeit dringend gebrauchen. Denn Probleme gibt es bereits genug. In den USA schreibt die Sparte Chrysler trotz jahrelanger Sanierungsversuche noch immer rote Zahlen. Und in Japan fährt die Beteiligung an Mitsubishi unerwartet hohe Verluste ein. Für DaimlerChrysler heißt es, die beiden Sorgenkinder wieder flott machen zu müssen. Doch das kostet Geld. Geld, das bei den gewinnträchtigen Konzernteilen eingespart wird. Vor allem bei Mercedes, dem Ertragsbringer Nummer eins.

Bild: BilderBox

Die Spar-Falle

Den Zwang zu sparen bekommen besonders die Zulieferer zu spüren. Sie erhalten jetzt weniger Geld - sogar rückwirkend, für Autoteile, die bereits an Mercedes ausgeliefert waren. "Wenn Zulieferer geknechtet werden, wirkt sich das längerfristig auf die Qualität aus", erklärt Wintzenburg. "Die müssen dann zwangsweise die eigenen Qualitätsansprüche herunterschrauben." Die Sparmaßnahmen im Konzern könnten also nach hinten losgehen. Denn wenn die Qualität sinkt, sorgt das nicht nur für Unmut bei den Kunden, sondern bringt auch die Verkaufszahlen in Gefahr.

Schon jetzt kaufen immer weniger Kunden einen Mercedes. Bereits im Jahr 2003 hatte DaimlerChrysler deshalb Marktanteile verloren, jetzt brachen die Verkäufe noch kräftiger ein: Im Januar und Februar 2004 lag das Absatz-Minus bei acht Prozent. Konkurrenten wie BMW und Audi konnten dagegen zulegen. Besonders groß sind die Absatzprobleme in Deutschland. Hier hat der Konzern sogar elf Prozent weniger Autos verkauft. Die Taxifahrer mit ihrer Mundpropaganda haben sicherlich ihren Teil dazu beigetragen.

Bild: AP
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