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Mit Microdots gegen Metalldiebe

15. Juli 2011

Metalldiebe freuen sich über die hohen Rohstoffpreise: Sie können ihre Beute so teuer verkaufen wie nie. So stehlen sie, was nicht niet- und nagelfest ist. Besonders die Bahn leidet darunter und will sich jetzt schützen.

Kupferbündel an Krankralle (Foto: DW-TV)
Bild: DW-TV

Im Juni rückte die Polizei im Duisburger Stadtteil Meiderich zu einem großen Einsatz aus. Mehrere Streifenwagenbesatzungen umstellten ein leerstehendes Gebäude, aus dem, wie es im Polizeibericht hieß, "handwerkliche Geräusche" zu hören waren. Die drei Männer, die da an einem Sonntagnachmittag fleissig "handwerkelten", wurden auf frischer Tat ertappt und festgenommen. Denn sie wollten offenbar Metall stehlen.

In Duisburg ist die Bronzeskulptur "Pandora" des Künstlers Edwin Scharff gestohlen worden, vermutlich von Metalldieben

Die hohen Rohstoffpreise führen dazu, dass der Diebstahl von Metall zu einem lohnenden Geschäft geworden ist. Da lassen kriminelle Langfinger nicht lange auf sich warten, die Branche boomt. Inzwischen suchen sie auch immer häufiger Friedhöfe heim, im Raum Aachen wurden innerhalb weniger Tage über 100 Gräber geschändet. Dabei stahlen die Ganoven Grabkreuze und kleine Figuren oder sie brachen metallene Grabinschriften heraus. Auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg wurde sogar eine 600 Kilogramm schwere Bronzestatue gestohlen. Doch nicht nur auf Friedhöfen, in Kirchen und bei Denkmälern machen die zum Teil mit Profitechnik angereisten Metalldiebe reiche Beute.

Die Bahn leidet unter dem kriminellen Konjunkturhoch besonders. Auf ihrem Streckennetz, das sich über mehrere zehntausend Kilometer durch Deutschland zieht, sind riesige Mengen Metall verbaut worden, die jetzt verstärkt die Begehrlichkeiten der Gauner wecken. In den ersten vier Monaten dieses Jahres sei es zu rund 1500 Buntmetalldiebstählen gekommen, sagte ein Bahnsprecher und verglich das mit den Zahlen von 2009: Damals habe es 1800 Straftaten im ganzen Jahr gegeben. Der Schaden für die Bahn sei enorm und liege von Januar bis April 2011 schon bei rund 10 Millionen Euro.

Microdot statt Roter Faden

Weil es nicht möglich ist, das ganze Streckennetz zu überwachen, geht die Bahn neue Wege: Sie markiert alle von ihr verbauten Buntmetalle und Kabel mit einer "künstlichen DNA". Schon vor rund dreihundert Jahren hatte die englische Marine eine Idee, die für die damalige Zeit mindestens ebenso revolutionär war und sich als extrem tauglich in der Praxis erwies: Weil der Diebstahl von Tauwerk in den englischen Häfen überhand genommen hatte, wirkte die Royal Navy in jedes Tau, das ihr gehörte, einen roten Faden ein – mit durchschlagendem Erfolg:

Die Industrie bezahlt Rekordpreise für KupferBild: picture-alliance/ dpa

Gestohlenes Tauwerk ließ sich nicht mehr verkaufen, die Diebstähle gingen spürbar zurück. Auf einen solchen Effekt hoffen nun auch die Eisenbahner bei ihren Bemühungen, den Dieben das Geschäft unmöglich zu machen: Die Bahn besprüht alle Metalle mit einer Legierung, die weder zu sehen noch zu ertasten ist. In dieser Legierung sind kleine Kunststoffteilchen enthalten, sogenannte Microdots. Und auf denen ist ein Code gespeichert. Mit einem Mikroskop können diese Microdots erkannt und die darauf gespeicherten Informationen ausgelesen werden. Damit ist der Eigentümer des Metalls zweifelsfrei identifizierbar, was es den Dieben erschweren oder sogar unmöglich machen soll, ihre Beute zu verkaufen.

Abschreckung

Im norddeutschen Bundesland Bremen wird die "künstliche DNA" bereits eingesetzt. Jeder Bürger kann dort ein Fläschchen erwerben, das eine identifizierbare Flüssigkeit enthält. Beim Kauf der Substanz muß sich der Käufer ausweisen, seine Daten und die Daten der "künstlichen DNA" werden dann gespeichert. Mit der klaren Flüssigkeit kann man jedes Metall markieren: Fahrräder, Stereoanlagen, Schmuck, Bilder und Mobiltelefone. So gekennzeichnete Gegenstände sind für Diebe nicht mehr interessant – es wäre zu riskant, mit ihnen erwischt zu werden. Außerdem würde der Wert ihres Diebesguts deutlich sinken, denn auch auch dubiose Zwischenhändler und professionelle Hehler würden ein höheres Risiko eingehen.

Im Visier der Metalldiebe: Schienen und OberleitungenBild: AP

Werden Metalle, die mit der "künstlichen DNA" markiert wurden, mit UV-Licht bestrahlt, beginnen sie zu leuchten. Dann kann man unter einem Mikroskop, mit denen die Polizeiwachen in Bremen bereits ausgestattet sind, die eingelassenen Microdots auslesen und den Eigentümer identifizieren. Ob das so auch mit den Metallen funktioniert, die die Bahn nun markieren will, wird sich erst in Zukunft erweisen müssen. Es gibt noch keine Erfahrungen mit der Witterungsbeständigkeit, schließlich sind Schienen und Oberleitungen extremen Temperaturen und Wetterbedingungen ausgesetzt. Darüber, wie die Markierung sich verhält, wenn das Trägermetall eingeschmolzen wird, ist auch noch nichts bekannt.

Der Bahn kann zunächst nur darauf hoffen, daß ein gewisser "Abschreckungseffekt" eintritt. Die Bremer Polizei sieht diesen Effekt allerdings schon und profitiert davon: In den Gebieten der Hansestadt, in denen Schilder darauf hinweisen, dass hier Wertgegenstände markiert worden sind, sind die Einbruchs- und Diebstahlzahlen deutlich zurückgegangen.

Autor: Dirk Kaufmann
Redaktion: Hartmut Lüning

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