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Mit sieben Euro 50 in ein anderes Leben - Sozialhilfe in Malawi

10. August 2009

Malawi gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. HIV/AIDS verstärkt die Armut, Kinder wachsen ohne Eltern auf, müssen Aufgaben der Erwachsenen übernehmen. Ein Programm staatlicher Sozialhilfe soll jetzt den Ärmsten helfen.

Junge aus Malawi; ca. 4 Jahre; P0rtrait, *** DW/ Nina Haase CMS: 06.2009
Armut trifft besonders die JüngstenBild: DW

Auf den Straßen von Malawis wirtschaftlichem Zentrum Blantyre herrscht emsiges Treiben: Fußgänger, Radfahrer und Autos drängen sich hier neben LKW und Minibussen durch den dichten Verkehr. Entlang der Straße haben Kleinunternehmer ihre Stände aufgebaut. Einige polieren Schuhe, andere bieten frisch gepflückte Erdnüsse oder Bananen an. Viele sitzen unter Sonnenschirmen und verkaufen Telefonkarten für Handys. Sie alle leben von der Hand in den Mund - von dem bisschen Geld, das sie abends nach Hause bringen, können sie nichts sparen.

Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel

Jeden Tag brät Charles Manyenje Kartoffelstücke in einer rostigen Eisenpfanne. Er verkauft sie an der Einfahrt zu Blantyres größtem Krankenhaus an Patienten, Besucher und Passanten. Mehr als etwa fünf Euro verdient Charles am Tag damit nicht - zu wenig für ihn und seine Familie. Zukunftspläne kann er nicht machen. Neben der weit verbreiteten Armut verhindert besonders HIV/AIDS, dass die Bevölkerung sich sozial absichern kann. Das lähme die malawische Gesellschaft, sagt Dieter Köcher von der GTZ. „Etwa eine Million Menschen leben hier mit dem HIV-Virus leben. Das bedeutet, dass die Arbeitsfähigkeit dieser Menschen nachlässt und sie ihre sozialen Verpflichtungen nicht mehr wahrnehmen können.“ Mit den bekannten Auswirkungen: AIDS-Waisen müssen von den Großeltern aufgezogen werden oder von Nachbarn, die aber auch nicht über genug Kapazitäten verfügen, diese zusätzliche Bürde auf sich zu nehmen.

AIDS-Waisen: Wenn die Eltern fehlen, helfen Großeltern oder NachbarnBild: DW

Großfamilie als soziales Netz bekommt Löcher

Besonders schwierig ist dies auf dem Land, wo 80 Prozent der 13 Millionen Einwohner in Malawi leben. Dort sind öffentliche Einrichtungen oft weit weg, die Hilfebedürftige unterstützen könnten. Im Sozialamt von Phalombe arbeitet Victor Kachoka als Sozialarbeiter und Verwalter. Der Bezirk im Osten Malawis liegt etwa zwei Stunden Autofahrt von Blantyre entfernt. Die meisten Menschen hier leben vom Anbau von Produkten wie Sonnenblumen oder Mais. Oft helfen die Kinder auf dem Feld, hier muss jeder mit anpacken, damit es abends etwas zu essen gibt. Familien teilen sich manchmal zu zwölft zwei Schlafzimmer. Das wichtigste soziale Netz ist hier die Großfamilie.

Auf sich selbst gestellt: Chrissie und John leben von SozialhilfeBild: DW

Vor einer gräulichen Einzimmer-Steinhütte mit Schilfdach sitzen der 13jährigen John und seine 10jährige Schwester Chrissie. Eltern und Großeltern sind tot, der vierzehnjährige Bruder ist in Mosambik auf Arbeitssuche, klärt Victor Kachoka die Situation der Kinder auf. „Die Eltern sind am HI-Virus gestorben. John und Chrissie konnten gerade so überleben. Sie hatten kein Essen und gingen meistens zum Betteln auf die Straße.“

Sozialhilfe gegen Betteln und Stehlen

Damit die Kinder nicht mehr betteln müssen, hilft der Staat seit kurzem mit Bargeldzahlungen. Dadurch versucht die Regierung, die schwächsten Glieder der Gesellschaft zu unterstützen. 1400 Kwacha - das sind umgerechnet etwa sieben Euro 50, erhalten John und seine Schwester jeden Monat vom malawischen Staat. Die Geschwister sind Empfänger einer Art Sozialhilfe, die bar ausgezahlt wird. Das Programm wurde 2006 vom Ministerium für die Entwicklung von Frauen und Kindern eingeführt. Und zeigt jetzt zufriedenstellende Wirkungen, sagt Ministeriumssprecher Silas Jeke – auch wenn nicht alle vom Programm profitieren können. „Unsere Leistungen gehen an diejenigen, die extrem arm und arbeitsunfähig sind. Arbeitsunfähig sind sie entweder, weil sie zu alt, behindert und junge Waisenkinder sind.“

Alt und arbeitsunfähig - auch hier hilft der StaatBild: DW

Erfolge mit 7.50 Euro im Monat

Maximal sieben Euro 50 im Monat pro Haushalt gibt es – für viele in Malawi ist das eine große Summe. Zunächst sei er skeptisch gewesen, erzählt Dieter Köcher, dass die Empfänger das Geld richtig einsetzen würden. Man hätte ja erwarten können, dass das Geld für rauschende Feste ausgegeben. „Dies war nicht der Fall. Das hat mich schon überrascht und freut mich natürlich.“ Manche Sozialhilfeempfänger kaufen sich von dem Geld Dünger für ihre Felder oder Hühner und Ziegen. Auch Kinder machen langfristige Investitionen und gehen wieder in die Schule. John und Chrissie zum Beispiel geben ihr Geld für Lebensmittel, Medikamente und Schuluniformen aus. Für sie haben sieben Euro 50 im Monat das ganze Leben verändert, so Chrissie. „Wir haben jetzt ordentliche Kleidung an, wenn wir zur Schule gehen. Und wie werden satt, weil wir uns etwas zu essen kaufen können.“

Autorin: Nina Haase

Redaktion: Peter Koppen

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